Ein Theologe, der polarisierte wie kaum ein anderer

Traugott Jähnichen stellt den streitbaren Sozialreformer Adolf Stoecker vor

Das „protestantische Profil“ des evangelischen Theologen und Sozialreformers Adolf Stoecker (1835-1909) wird am kommenden Mittwoch, 14. Dezember, um 18 Uhr im Berliner Dom präsentiert. Professor Traugott Jähnichen aus Witten wird kritische Anfragen wie auch eine Würdigung des streitbaren Theologen formulieren. Jähnichens Vortrag ist der letzte der Vierten Theologischen Vortragsreihe in diesem Jahr, die dann zu Beginn des neuen Jahres fortgesetzt wird.

Adolf Stoecker habe wie kaum ein anderer Theologe seiner Zeit polarisiert, sowohl in der Kirche wie auch in der breiten Öffentlichkeit, stellt Jähnichen dar. Stoecker lebte und wirkte in einem vielfältigen Spannungsgefüge: als Hofprediger und als Gründer einer christlich-sozialen Partei, als engagierter Vorsitzender der Stadtmission und als politischer Abgeordneter der Konservativen, als Kämpfer für kirchliche Freiheiten und als antisemitischer Agitator. Jähnichen wird in seinem Vortrag deutlich machen, dass ein beträchtlicher Teil der von Stoecker vertretenen Positionen problematisch ist, und dass Stoecker dennoch durch die Art, wie er gesellschaftliche und kirchliche Themen aufgriff, in seiner Zeit stark gewirkt und den Protestantismus bis heute mit Nachdruck auf das Feld der sozialen Verantwortung hingewiesen hat.

Jähnichen ist Theologe und Wirtschaftswissenschaftler. Seit 1998 lehrt er Christliche Gesellschaftslehre an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Er ist Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung, so wie unter anderem Vorstandsmitglied der Hans Ehrenberg-Gesellschaft. Der Diplom-Ökonom gehört außerdem der Sozialkammer der EKD an sowie dem Ausschuss „Wirtschaftswissenschaften und Ethik“ des Vereins für Socialpoltik.

Auch diesmal werden die Zuhörer im Anschluss an den Vortrag Gelegenheit zur Diskussion haben. Moderiert wird das Gespräch von Ralf K. Wüstenberg.

Im kommenden Jahr wird Professor Helmuth Nürnberger die von der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK) gemeinsam mit der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin veranstaltete Vortragsreihe fortsetzen. Am Mittwoch, 11. Januar 2006, porträtiert er den Schriftsteller Theodor Fontane.

Berlin, 09. Dezember 2005

Pressestelle der UEK
Karoline Lehmann

Die Erste Theologische Vortragsreihe fand 1999 unter dem Titel „Das Wesen des Christentums in seiner evangelischen Gestalt“ statt. Im Frühjahr 2002 folgte die zweite Reihe, eine Auseinandersetzung mit der Schöpfungsgeschichte: „Die Welt als Schöpfung und als Natur. Der Christliche Glaube und die naturwissenschaftliche Weltsicht“. Auslöser für das Thema der Dritten Staffel – „Leben im Schatten des Bösen. Gespräche zu einer ungelösten Menschheitsfrage – war die Dimension des Bösen, die seit dem 11. September 2001 die Welt erschüttert. Alle bisherigen Reihen wurden im Neukirchener Verlag veröffentlicht.