Mission ist Begegnung mit dem Anderen

Schwerpunktthema der VELKD-Generalsynode thematisiert interkulturelle Aspekte

„Mission hat teil an Gottes Sendung in die Welt in seinem Sohn Jesus Christus. Es ist Gott, der die Mission initiiert und trägt“, so der norwegische Theologe Dr. Kjell Birger Nordstokke (Stavanger) in seinem Vortrag zum Schwerpunktthema „Die Begegnung mit dem Anderen – Das Wagnis der Mission“ der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Magdeburg. Kirchliche Mission zeichne sich dadurch aus, dass sie die Bewegung Gottes zum Menschen, die „göttliche Visitation der Welt“, nachvollziehe und die Begegnung mit dem Fremden wage. Anknüpfend an das Missionsdokument des Lutherischen Weltbundes sei die missionarische Aufgabe der Kirche darin zu sehen, „Weggenosse“ zu werden und „mitzuwandern in dem Kontext, in dem Menschen sich bewegen, ihre Erfahrungen, Erwartungen und auch Frustrationen mitzuempfinden“. In diesem Sinne sei die Begegnung mit dem Anderen eine „grundsätzliche Bedingung menschlicher Existenz und Quelle zur Erneuerung unseres Glaubens, Hoffens und Liebens.“

Eine auf diese Weise ausgerichtete Mission könne nur ganzheitlich vorgehen, so Nordstokke weiter. „Das Wagnis der Mission heißt, Verwandlung zu verkündigen, Initiativen für Versöhnung zu unterstützen und die Menschen zu eigenständigen Subjekten ihres Lebens zu bevollmächtigen.“ Dies habe konkrete Folgen für den Einzelnen, wie für die Gesellschaft. So würden beispielsweise die Erfahrungen der Kirchen in Südafrika und Liberia zeigen, „dass gerade die Kirchen durch die Mission, die ihnen anvertraut ist, imstande sind, einen Raum für Verwandlung, Versöhnung und Bevollmächtigung anzubieten.“

Mission als Begegnung mit dem Anderen biete die Chance zu neuen Perspektiven auf den eigenen Glauben, so der Ökumeniker. Missionarische Arbeit eröffne daher Lernprozesse von beiden Seiten, in denen kulturelle und geographische Grenzen überschritten würden, neue Gemeinschaft wachsen könne, aber auch bleibende Fremdheit auszuhalten sei. Gegenseitige Besuche zwischen den Kirchen auf allen Ebenen seien „Zeichen für unsere gemeinsame Sendung in die Welt“.

Kritisch fragte Nordstokke an, ob die Kirche wirklich bereit sei, sich von Gott senden zu lassen, das Gewohnte zu verlassen und Neues zu wagen. „In vielen Kirchen sind die Strukturen mehr auf Erhaltung des Bestehenden als auf Bewegung und Mission eingestellt“. Deshalb sei nach den Bedingungen missionarischer Erneuerung zu fragen. Man dürfe nicht nostalgisch an frühere, scheinbar glanzvolle Missionszeiten anknüpfen, sondern müsse im Kontext der Moderne auf die Fragen und Nöte der Menschen eingehen. Gerade wenn heutzutage „das Ende der Geschichte“ annonciert werde, sei es die „Gabe und Aufgabe der missionarischen Kirche, Gott als Herrn der Geschichte zu verkünden“. Die Kirche könne dann so handeln, „dass die christliche Hoffnung durch Taten der Liebe und Gerechtigkeit“ sichtbar werde, ermutigte Nordstokke die Synodalen. 

Prof. Dr. Kjell Birger Nordstokke ist Lehrstuhlinhaber für Diakoniewissenschaften in Oslo und ehemaliger Direktor der Abteilung für Mission und Entwicklung des Lutherischen Weltbundes (LWB).

Dem Hauptvortrag auf der Generalsynode waren Interviews mit jungen Erwachsenen vorausgegangen, die im Rahmen ökumenischer Förderprogramme längere Zeit im Ausland verbracht haben. Die Gespräche mit Simone Böhm-Gonzalez, Anneke Butt, Jacob Kriegel und Susanne Küster führten Pfarrer Harald Welge (Braunschweig), Mitglied der Kirchenleitung der VELKD, und der Direktor des Nordelbischen Zentrums für Weltmission und Kirchlichen Weltdienst (NMZ), Pfarrer Dr. Klaus Schäfer (Hamburg).

Magdeburg/Hannover, 04. November 2011

Dr. Eberhard Blanke
Pressesprecher der VELKD