Gemeinsam konkrete Schritte in der Mission gehen

Stellungnahme des Catholica-Beauftragten der VELKD zur „Lehrmäßigen Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung“

Der Kommentar von Landesbischof Dr. Friedrich Weber (Wolfenbüttel) zur Veröffentlichung der Kongregation für die Glaubenslehre im Wortlaut:

Mission ist – jedenfalls in Deutschland – das Lebens- und Überlebensthema der Kirche. Darum nehmen wir erfreut die jüngste „Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung“ der römisch-katholischen Kongregation für die Glaubenslehre (Vatikan) zur Kenntnis. Mission ist die Aufgabe der ganzen Kirche, anders gesagt: aller Kirchen über die Konfessionsgrenzen hinweg, und Mission nimmt die Kirche hinein in die Bewegung des liebenden Gottes auf die Menschen zu. „Gottes Liebe zu uns Menschen bringt ihn selbst in Bewegung: Der Vater sendet den Sohn, Vater und Sohn senden den Geist. Die Kirche Jesu Christi entsteht und lebt dadurch, dass der Heilige Geist, wo und wann Gott will, in denen, die das Evangelium von Jesus Christus hören, immer neu Glauben wirkt. Sie entspricht ihrem Wesen, indem sie Gottes Liebe den Menschen in ihren jeweiligen gesellschaftlichen Kontexten und in ihren konkreten Lebenssituationen glaubwürdig ausrichtet.“ So hat im vergangenen Jahr die Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) in ihrer Schrift „Evangelisch evangelisieren“ die Frage, was die Kirche zur Evangelisierung treibt, beantwortet.

Anlass des Schreibens der Glaubenskongregation ist offenbar eine innere Unklarheit in der römisch-katholischen Kirche darüber, ob Mission nicht die Freiheit des Menschen beeinträchtigt, indem sie ihm etwas nahe zu bringen sucht, was er vielleicht gar nicht hören will. Die Diskussion, ob nicht statt zu missionieren eher der Dialog mit anders Denkenden und Glaubenden gesucht werden muss, wird auch in der lutherischen Kirche geführt. Während die römisch-katholische Glaubenskongregation auf scharfe Abgrenzung zu Agnostizismus, Relativismus, indifferentem Pluralismus und geistigem Individualismus setzt und dem eine Pflicht zur religiösen Frage in Orientierung am Lehramt entgegenhält, würde die lutherische Theologie wohl eher das dialogische Prinzip und die legitime Pluralität betonen, ohne freilich den Pluralismus ideologisch überhöhen zu wollen. Die bereits genannte Evangelisationsschrift der GEKE hat jedenfalls ihre Stärke darin, dass sie die gesellschaftlichen Kontexte, in die hinein das Evangelium gepredigt wird, in ihrer Mehrdeutigkeit, ja teilweise sogar in ihrer hilfreichen Funktion für das Evangelium würdigen kann.

Die ökumenischen Implikationen des Textes sind teilweise undeutlich. Voll unterstützen können wir die Aussage, dass „Einheit das Siegel der Glaubwürdigkeit der Mission“ ist und umgekehrt „Trennung ‚ein Schaden für die heilige Sache der Verkündigung’“. Unser Zeugnis wird kräftiger, wenn wir es gemeinsam geben, und das tun wir ja auch an vielen Orten bereits in großer Selbstverständlichkeit. Und dass gegenüber nichtkatholischen Christen in Ländern mit alter christlicher Tradition Respekt für diese Tradition gefordert wird, beziehen wir als Lutheraner gerne auf uns, auch wenn es wahrscheinlich in Richtung der orthodoxen Kirchen gesagt ist.

Andererseits werden katholische Christen an ihre Pflicht erinnert, mit nichtkatholischen Christen in einen Dialog einzutreten, „damit ihnen die Fülle der Heilsmittel angeboten werden kann.“ Aber die haben wir doch schon! Und wenn im Anschluss daran vom Übertritt nichtkatholischer Christen zur römisch-katholischen Kirche die Rede ist, wird das Bekenntnis, hier handle „es sich nicht um Proselytismus“ (Christen einer Konfession zum Übertritt zu einer anderen Konfession bewegen), fragwürdig. Man wünschte sich, dass der Proselytismus ebenso scharf zurückgewiesen wird, wie der Text das Recht auf Religionsfreiheit in allen Ländern einfordert.

Trotz dieser Anfragen, die im Rahmen der gemeinsamen missionarischen Praxis zu klären sind, ist der Text eine gute Basis für die gemeinsame große Herausforderung in unserem Land. Wir sollten nicht lange zögern, sondern schon bald auf die Suche nach gemeinsamen konkreten Schritten in der Mission gehen, zum Beispiel die Praxis gemeinsamer gottesdienstlicher Feiern, die es auf Gemeindeebene ja schon vielfach gibt, vertiefen. Zweite Feiertage der großen Feste sind hierzu eine gute Gelegenheit. Ich wünsche mir jedenfalls, dass der Impuls zur Mission – auf unserer Seite unterstützt durch den schönen Text „Evangelisch evangelisieren“ – vielfältige Früchte trägt und wir uns gemeinsam hinein nehmen lassen in die Sendung der Kirche durch den dreieinigen Gott, der die Liebe ist.

Hannover, 14. Dezember 2007

Udo Hahn
Pressesprecher der VELKD