„Sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern in der deutsch-tschechischen Grenzregion“

Kundgebung der EKD-Synode

Die 7. Tagung der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat als Kundgebung eine Erklärung zum Thema „Sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern in der deutsch-tschechischen Grenzregion“ verabschiedet, die schon im Mai 2008 von der Synode der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in Tschechien angenommen wurde:

Mitten im sich vereinigenden Europa von heute gibt es ein Elend, das nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Kirchen gerne übersehen. Es ist das Elend der Frauen und Kinder, die vom organisierten Verbrechen in die Sex-Industrie geschleust werden. Sie leben erniedrigt, missbraucht und versklavt, illegal und anonym, meist ohne eigene Schuld und ohne Hoffnung auf ein Entkommen.

Diese Probleme haben sich besonders auf die Gegend entlang der tschechisch-deutschen Grenze konzentriert, was die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) veranlasste, auf der EKD-Synode 2003 die Aufmerksamkeit auf diese abscheuliche Verletzung der Menschenrechte zu lenken. Auf Entschluss beider Kirchen entstand eine gemeinsame tschechisch-deutsche Kommission, die eine Beschreibung und Analyse der gegenwärtigen Situation erarbeitete sowie Empfehlungen vortrug, wie die Kirchen auf der Grundlage christlicher ethischer Prinzipien in dieser Sache helfen könnten. Der Abschlussbericht dieser Kommission wurde beiden Kirchen vorgelegt.

Die Synoden der EKD und der EKBB rufen Christen und Christinnen in unseren Kirchen und Gemeinden dazu auf, ihre Aufmerksamkeit auf diese Probleme zu richten, die im tschechisch-deutschen Grenzgebiet fortbestehen.

Wir wünschen uns, dass die gemeinsame Arbeit von EKBB und EKD auf Grundlage einer vertieften theologischen Diskussion in unseren Kirchen zu einer schärferen Wahrnehmung dieser Probleme und zu intensiverer Zusammenarbeit – insbesondere der grenznahen Gemeinden führt. Wir hoffen, dass dies zu einem wirksameren Vorgehen gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Frauen beiträgt.

Wir danken allen, die sich in diesem schwierigen Problemgebiet engagieren, seien es staatliche Organe oder nichtstaatliche Organisationen. Wir verpflichten uns, die Arbeit in diesem Bereich zu unterstützen. Wir appellieren ebenso an alle, die in Kirche, Diakonie und in der Gesellschaft Verantwortung tragen, diese Arbeit finanziell und anderweitig angemessen zu unterstützen. Wir halten eine bessere tschechisch-deutsche Koordinierung dieser Aktivitäten für wichtig, damit den betroffenen Personen wirksamere Hilfe und nachhaltige Fürsorge zuteil wird.

Wir weisen darauf hin, dass Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung auch an anderen Orten in der Nähe der Grenzen mit anderen Nachbarstaaten, namentlich mit Österreich, stattfindet. Wir fordern die verantwortlichen Institutionen auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung dieses Übels zu verstärken und gegenseitig zu koordinieren. Wir fordern die nationalen Regierungen auf, die Täter strafrechtlich zu verfolgen.

Wir fordern die Europäische Kommission und den Europarat auf, die bestehenden Mittel im Kampf gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung tatkräftig weiterzuentwickeln und anzuwenden.

Mit Blick auf die Präsidentschaft der Tschechischen Republik im Rat der EU im Jahr 2009  bekräftigen wir hiermit die gemeinsame Verantwortung unserer Kirchen für ein Europa, in dem Menschenwürde und Solidarität geachtet werden und in dem menschliches Handeln auf Gerechtigkeit und Barmherzigkeit ausgerichtet ist.

Prag, Mai 2008

Bremen, November 2008

Hannover/Bremen, 05. November 2008

Pressestelle der EKD
Christof Vetter

EKD-Synode 2008 in Bremen