Den Sonntag als den „anderen Tag“ neu entdecken

EKD und Deutscher Kulturrat plädieren für neue Sonntagskultur

Für die kreative Ausgestaltung einer neuen Sonntagskultur haben sich die Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, und der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, ausgesprochen. „Der arbeitsfreie Sonntag ist eine kulturelle Errungenschaft, die wir nicht leichtfertig aufgeben dürfen. Wir brauchen einen Tag, der uns daran erinnert, dass Leben mehr ist als das, was wir leisten“, betonte Petra Bahr bei einem gemeinsamen Pressegespräch am Freitag, 28. November, in Berlin. „Es müsse deutlich werden, dass der Einsatz für den Sonntagsschutz nichts ‚Lustfeindliches’ hat, sondern die Menschen vor der vollständigen Ökonomisierung ihres Daseins bewahren will“, so Olaf Zimmermann. Neben der Forderung, dass die Läden am Sonntag geschlossen sein sollten, gelte es, in Kirchen und Kultureinrichtungen besondere Angebote für Familien und Singles zu gestalten. Kultureinrichtungen sollten am Sonntag kostenlos sein und Kirchen geöffnet haben.

„Das Ideal der heilen Familie, die erst in den Gottesdienst geht, dann den Sonntagsbraten genießt und sich nachmittags um das Klavier versammelt, trägt nicht mehr überall“, so Petra Bahr. „Deswegen muss es heute darum gehen, den Sonntag jenseits von Kommerz und Konsum neu als befreiendes Angebot zu gestalten, als Zeit der Gemeinsamkeit und der Orte, wo Fragen nach dem Sinn und Ziel des eigenen Lebens Platz haben.“ Dazu zählten auch alternative Gottesdienstzeiten und –formen. „Wenn man zum Beispiel einen Kindergottesdienst im Zoo anbietet, finden auch Kinder einen Zugang zur Geschichte der Arche Noah, die vielleicht noch nie eine Kirchenschwelle übertreten haben.“

Der arbeitsfreie Sonntag sei eine notwendige Unterbrechung der Woche, die den Menschen die Chance gebe zu erkennen, dass sie nicht nur für den Konsum da seien, sagte Olaf Zimmermann. Die Gestaltung einer neuen Sonntagskultur sei in besonderer Weise eine Herausforderung an die Kirchen und Kultureinrichtungen. „Wenn wir fordern, dass die Leute am Sonntag nicht einkaufen gehen sollen, müssen wir ein ansprechendes Alternativangebot machen. Dazu gehört auch, dass öffentliche Bibliotheken, die bislang sonntags nicht öffnen dürfen, die Gelegenheit erhalten, sonntags zu öffnen.“ Angesichts der Finanzmarktkrise nehme er wahr, dass vermehrt nach Sinn und Werten gefragt werde. „Jetzt ist genau die richtige Zeit, darüber zu reden, was uns ein Gut wie der arbeitsfreie Sonntag eigentlich bedeutet.“

Hannover / Berlin, 28. November 2008

Pressestelle der EKD
Silke Römhild