"Flüchtlingsschutz nicht weiter abschwächen"

Huber hofft auf Einigung zum Zuwanderungsgesetz

Der Flüchtlingsschutz dürfe nicht weiter abgeschwächt werden. Dies erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, im Blick auf die anstehende Entscheidung zum Zuwanderungsgesetz im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat. Er ermutige die Verhandlungspartner, "sich um eine Einigung zu bemühen und den ernsthaften Versuch zu unternehmen, das für die Menschen Notwendige gemeinsam auf den Weg zu bringen."

Dabei müssten am Ende des Weges substantielle Verbesserungen für die Flüchtlinge im Vergleich zur geltenden Rechtslage stehen. "Der vom Bundestag verabschiedete Entwurf des Zuwanderungsgesetzes ist bereits ein Kompromiss, der im Bereich des Flüchtlingsschutzes nicht weiter abgeschwächt werden darf", sagte Huber. Die notwendigen Veränderungen im humanitären Ausländerrecht sollten nicht daran scheitern, dass bei Fragen der Arbeitsmigration keine Einigung erzielt wird.

Die EKD und die Deutsche Bischofskonferenz haben in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, wie nötig ein Paradigmenwechsel in der Ausländerpolitik ist und Verbesserungen im humanitären Ausländerrecht angemahnt. Er sehe keinen Anlass, von dieser Position abzurücken, erklärte der Ratsvorsitzende. Maßstab für jede Neuregelung des Zuwanderungsrechts müssten nach kirchlicher Auffassung die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention sein.

So unterscheide die Genfer Flüchtlingskonvention bei der Anerkennung des Flüchtlingsstatus nicht danach, ob eine Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure vorliege, so Huber. "Es kommt nicht darauf an, wer Verfolger ist, sondern ob jemand einer Verfolgung ausgesetzt ist und vor einer Gefährdung an Leib und Leben geschützt werden muss." Daher setze sich die EKD für die ausdrückliche gesetzliche Anerkennung auch der nichtstaatlichen Verfolgung als Asylgrund ein.

Für den Flüchtlingsschutz im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes sollte eine klare und eindeutige Formulierung gefunden werden. In sie sollten insbesondere jene Menschen einbezogen werden, die aus zerfallenden Staaten kommen, forderte der Ratsvorsitzende. Das Zuwanderungsgesetz biete Deutschland die Chance, seine Gesetzgebung in diesem Bereich in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), mit der künftigen Europäischen Richtlinie über die Flüchtlingsdefinition und mit den Regelungen in den übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu bringen.

Flüchtlingsschutz dürfe sich nicht in der bloßen Aufnahme erschöpfen: "Zu einer menschenwürdigen Behandlung bedrohter Menschen gehört auch, dass ihnen ein sicherer Aufenthaltsstatus eingeräumt wird", erklärte Huber. "Nur so kann auch ihre Integration gelingen." Deshalb müssten die kurzfristigen sogenannten „Kettenduldungen“ abgeschafft und - wo immer möglich – durch gesichertes Aufenthaltsrecht ersetzt werden.

Eine Härtefallregelung müsse die grundsätzlichen Regelungen des Gesetzes ergänzen. Dies sei kein Ersatz für ein humanitär ausgestaltetes Flüchtlingsrecht, betonte Huber. "Aber auch das beste Regelwerk kann nicht jedem Einzelfall gerecht werden." Deshalb fordern die Kirchen seit langem die Schaffung gesetzlicher Härtefallregelungen. Sie seien als Ergänzung unerlässlich, um in Fällen besonderer humanitärer Härten menschenwürdige Lösungen zu finden.

Er hoffe, dass die politischen Verhandlungspartner in den bevorstehenden Sitzungen zu einem Konsens finden, der den skizzierten Anliegen Rechnung trägt, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Es sei aus Sicht der EKD zu befürchten, dass ein im humanitären Bereich noch weiter abgeschwächter Entwurf für verfolgte und bedrohte Menschen keine ausreichende Schutzstandards bieten könne.


Hannover, 4. März 2004
Pressestelle der EKD
Silke Fauzi