Maßnahmen konkretisieren und umsetzen

Ratsvorsitzender zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hofft, die von Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Regierungserklärung genannten Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit werden – auch in den Gesprächen mit der Opposition – weiter konkretisiert und vor allem möglichst bald umgesetzt.

Er erklärt in diesem Zusammenhang:

Die Regierungserklärung muss darauf befragt werden, was sie zum Abbau der erschreckend hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland beiträgt. Dazu braucht es eine gemeinsame Anstrengung von Wirtschaft und Politik, die über das von Gerhard Schröder Vorgeschlagene noch hinausgeht. Dabei steht auch die Wirtschaft in der „patriotischen Verpflichtung“, von der Bundespräsident Horst Köhler vor wenigen Tagen gesprochen hat.

Arbeitslosigkeit verschärft das Armutsrisiko, vor allem für Familien. Schon deshalb ist es notwendig, dass die Situation von Familien in der gegenwärtigen Phase der Reformdebatte ins Zentrum rückt. Für die EKD bleibt es unter anderem eine vorrangige Aufgabe, die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsarbeit zu fördern und dem Armutsrisiko von Familien mit Kindern entgegenzuwirken. Politik und Gesellschaft haben die gemeinsame Aufgabe, zu einer Zukunft mit Kindern zu ermutigen.

Bildung ist dabei einer der entscheidenden Produktivitätsfaktoren unserer Gesellschaft. Daher begrüße ich das Gewicht, das der Bildungspolitik in der aktuellen Diskussion beigelegt wird. Befähigungsgerechtigkeit ist dafür ein wichtiger Maßstab. Dass gegenwärtig in vielen Fällen Bildungsferne von einer Generation in die nächste weitergegeben wird, ist ein Missstand, gegen den wirksamer als bisher vorgegangen werden soll.

Forschungsförderung spielt in den Vorschlägen des Bundeskanzlers mit guten Gründen eine große Rolle. Wenn er dabei exemplarisch die Grüne Gentechnik hervorgehoben hat, muss daran erinnert werden, dass alle Forschung nicht nur auf ihre wirtschaftsfördernden, sondern auch auf ihre lebensfördernden Wirkungen zu befragen ist. Wir haben uns in Deutschland auf die „Bewahrung der Schöpfung“ als Staatszielbestimmung verständigt. Deshalb nehme ich die Forderung nach einem großflächigen Anbau gentechnisch veränderten Saatguts mit Sorge wahr.

Besonders zu begrüßen ist die Ankündigung des Bundeskanzlers, dass es noch in dieser Legislaturperiode zu einer Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung kommen soll. Hier gibt es drängenden Reformbedarf; die Evangelische Kirche in Deutschland ist zur aktiven Mitwirkung bereit.
 
Das Ziel aller Maßnahmen der Politik und der Wirtschaft muss bleiben, dass der Sozialstaat nicht abgebaut, sondern um der Menschen willen lebensfähig erhalten wird. Dafür ist die Bereitschaft zur Solidarität ebenso erforderlich wie die Verantwortung jedes einzelnen.

Die Frage muss dringlich beantwortet werden, an welchem Leitbild sich die Einzelmaßnahmen orientieren, die in der Erklärung des Bundeskanzlers beschrieben oder angekündigt wurden. Dass der Sozialstaat nicht abgebaut, sondern um der Menschen willen lebensfähig bleibt, ist für mich der Kern dieses Leitbilds. Dies erfordert die Bereitschaft zur Solidarität ebenso wie die Verantwortung jedes einzelnen; über diese Einsicht muss in unserem Land ein neuer Konsens entstehen.


Hannover, 17. März 2005
Pressestelle der EKD
Christof Vetter