Internationale Finanzmärkte brauchen ethische Standards

Wolfgang Huber zu sozialer Verantwortung und unternehmerischem Handeln

Die Einhaltung ethischer Standards auch durch internationale Großunternehmen hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, gefordert. Die Weltgemeinschaft erlebe in diesen Wochen die Auswirkungen spekulativer Finanzinteressen, die produktives wirtschaftliches Handeln zerstörten, statt es zu fördern. Deutschland sollte stärker als bisher auf eine effiziente Regulierung der internationalen Finanzmärkte hinwirken, sagte der Ratsvorsitzende bei einem Vortrag zum Thema „Soziale Verantwortung und unternehmerisches Handeln – eine evangelische Perspektive“ am Mittwoch, 13. Februar, in Weimar. Neben einem hohen Maß an Transparenz gelte es, ethische Maßstäbe für das Verhalten an der Börse zu entwickeln und ihre Einhaltung zu kontrollieren, so Huber.

Im Zeitalter der Globalisierung stelle sich die Frage nach der Gerechtigkeit neu, sagte der Ratsvorsitzende bei der Veranstaltung des Industrieclubs Thüringen. Entscheidungen, die irgendwo auf der Welt getroffen würden, beeinflussen nachhaltig das Leben von Menschen an anderen Orten. „Darin spüren wir etwas, was der christliche Glaube immer wusste, nämlich, dass alle Menschen als Kinder Gottes zusammengehören und aufeinander angewiesen sind.“ In der deutschen Tradition seien Unternehmen nie nur den Shareholdern, sondern auch den Mitarbeitenden und dem Gemeinwohl verpflichtet. „Statt den Standort Deutschland in dieser Hinsicht schlecht zu reden, sollten wir würdigen und festhalten, dass es hier in der Sozialpolitik immer schon eine Option für die Schwächeren und Armen gegeben hat.“

Huber warnte davor, ethische Verantwortung in einem Unternehmen nur zur Image-Pflege einzusetzen. Es gebe die Tendenz, soziale Verantwortung als freiwillige Leistung zu verstehen, „die so weit erbracht wird, wie sie für das Gewinninteresse des Unternehmens als nützlich erscheint.“ Dies werde in der Öffentlichkeit sehr sensibel wahrgenommen. Langfristig sei es im wirtschaftlichen Interesse eines Unternehmens, dass es als verlässlich und vertrauenswürdig gelte.

Der Ratsvorsitzende verwies auf eine Studie von Transparency International, die den Schluss erlaube, dass protestantisch geprägte Länder die niedrigste Korruptionsrate in der Welt aufweisen. Der Glaube verleihe den Menschen nicht nur eine starke Identität, erklärte Huber, sondern zugleich auch den notwendigen Abstand zu sich selbst: „Er hilft ihm dabei, noch einmal innezuhalten, bevor auf Biegen und Brechen ein Vorgehen gewählt wird, das vermeintlich im persönlichen Interesse oder im Interesse des eigenen Unternehmens ist – auch wenn es gegebenenfalls gegen Recht und Moral verstößt.“ Bischof Huber regte eine Verbindung von Wirtschaftlichkeit und klarer Wertorientierung an: „Wir brauchen eine neue Synthese von Effizienz und Sinn.“

Hannover, 13. Februar 2008

Pressestelle der EKD
Silke Römhild