Pfingstbotschaft des Ratsvorsitzenden der EKD 2002

"Wir sind nicht mehr Gefangene unserer Bequemlichkeit oder unserer Resignation"

Das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. (Römer 8, 2)

„Pfingsten heißt: Heraus aus dem Gesetz der Sünde und des Todes. Wir sind Freie geworden, nicht mehr Sklaven der Angst – nicht mehr Gefangene unserer Bequemlichkeit oder unserer Resignation. Wir sind frei, den Mund zu öffnen, wenn Unrecht geschieht, wir sind frei zum Mitleiden und zum Dienst an der Welt.“ Diese Botschaft vermittelte Präses Manfred Kock, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in einem Gottesdienst am diesjährigen Pfingstfest in Neuss.

Kock forderte die Gläubigen auf, „den Traum von einer mitreißenden Bewegung, die die Menschen erfasst“ nicht nur zu träumen, sondern ihre Freiheit als Christenmenschen auch zu leben. „Uns müssen die Augen dafür aufgehen, dass wir nicht sinnlose Zellklumpen auf einem Staubkorn im All sind, sondern geliebte Söhne und Töchter Gottes. Leben ist mehr als ein biologischer Begriff. Leben ist mehr als nur einfach da sein.“

Aus diesem Grunde könnten Christen nicht in die allgemein verbreitete Hoffnungslosigkeit einstimmen. Wer die Unveränderlichkeit der Welt behaupte, verschaffe damit nur eigener Untätigkeit ein Alibi. „Es gibt Freunde, die sehen sich die Tagesschau nicht mehr an. Leere und Angst breiten sich aus. Kein Wunder, dass angesichts solcher Resignation viele in unserer Zeit in eine Spaßgesellschaft hineinflüchten, sie nehmen, was der Tag bringt, sie freuen sich an dem, was sie an Geld zusammensammeln und versuchen sich zu amüsieren.“

Der Ratsvorsitzende kritisierte den "verbreiteten Ungeist eines Sicherheitsdenkens", das dem Irrtum verfallen sei, man könne „die verwirrende Welt wieder ganz einfach - fundamentalistisch – eindeutig – moralistisch machen.“ „Nicht nur im Islam gibt es das, betonte Kock, "auch bei uns, in unterschiedlichen christlichen Schattierungen. Manche rühmen sich besonders erwählt zu sein. Andere suchen sich mystische Erlebnisse im Kosmos der Irrationalität: Auch das kann Flucht sein.“ Nach christlichem Verständnis mache der Geist Gottes jedoch Menschen bereit, an ihrem Platz in dieser Welt mit ihren Begabungen das zu tun, was Gottes Willen entspricht.

Hannover, 19. Mai 2002
Pressestelle der EKD