Glück des Lebens setzt Gratisgeschenk Gottes voraus

Prof. Dr. Wilfried Härle zur Aktualität der Rechtfertigungslehre Martin Luthers

Ohne die Erfahrungen der Anerkennung und des Angenommenseins werden Menschen seelisch krank. Darauf hat Prof. Dr. Wilfried Härle (Heidelberg) in seinem Festvortrag unter dem Thema „Rechtfertigung heute“ zum 60-jährigen Bestehen der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) am 2. März in Wittenberg hingewiesen. Dabei bekräftigte er die zeitlose Bedeutung der Rechtfertigungslehre Martin Luthers, wonach der Mensch allein aus Gottes Gnade gerecht ist. Dieses Thema sei keineswegs überholt oder altmodisch, so Härle. Es gehe um die Frage, wer denn eigentlich letztgültig darüber entscheide, ob ich als Mensch akzeptabel bin – meine Mitmenschen, ich selbst oder Gott. Die lutherische Rechtfertigungslehre besage, „dass wir uns unsere Anerkennung und unser Lebensrecht, unseren Wert und unsere Würde nicht erst verdienen müssen, weil uns dies alles immer schon von Gott gratis mit unserem Dasein gegeben ist“, hob Prof. Härle hervor, der in Heidelberg Systematische Theologie lehrt. „Und darauf vertrauen und aus diesem Vertrauen leben zu können, das ist das Glück des Lebens.“ Kein Mensch müsse sich seinen Wert und seine Würde erst erringen und verdienen. Vielmehr seien sie ihm mit seinem Dasein von Anfang an gegeben. Diese Botschaft gelte nicht nur für Erwachsene oder für Jugendliche, die ihren Platz in der Gesellschaft suchen, erkämpfen und behaupten wollten, sondern auch schon in einem bisher nie gekanntem Ausmaß für Kinder. Wer nicht mithalten könne bei der Kleidung, in der schulischen oder beruflichen Leistung, im Sport, beim Freizeitvergnügen, bei der Wahl der Urlaubsziele, der werde schnell abgeschrieben. Härle rief dazu auf, die Maßstäbe wieder zurecht zu rücken und den Menschen diese befreiende Botschaft zu verkündigen.

Wittenberg / Hannover, 02. März 2008

Udo Hahn
Pressesprecher