Wechselseitiger Respekt als Ausdruck gemeinsamen Glaubens

Bischof Huber schreibt an Benedikt XVI. und an Kardinal Lehmann

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, gratuliert Benedikt XVI. zur Einführung ins Papstamt am kommenden Sonntag. Er schreibt, dass den neuen Papst die „herzlichen Segenswünsche“ der EKD und die persönlichen Wünsche des Ratsvorsitzenden begleiten. Wolfgang Huber bete um Kraft für Benedikt XVI., um Gesundheit und um den Beistand des Heiligen Geistes. In einem weiteren Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, gratuliert der Ratsvorsitzende den deutschen Katholiken schriftlich, nachdem er die Glückwünsche schon kurz nach der Wahl medial übermittelt hat. Er freue sich mit den katholischen Christen in Deutschland über den raschen Abschluss der Wahl. Dies zeuge von der großen Einmütigkeit des Kardinalskollegiums und dem großen Rang, den sich der neue Papst durch seine herausragenden theologischen Beiträge erworben habe. Mit Benedikt XVI. sei ein Papst gewählt worden, der die deutsche Situation mit ihrem Nebeneinander einer nahezu gleich großen Anzahl von katholischen und evangelischen Christen, das ökumenische Gespräch im Land der Reformation sowie die Sehnsucht vieler nach einer vertieften Gemeinschaft unserer Kirchen gut kennt.

Der bisherige Kardinal habe in der Vergangenheit theologische Beiträge geleistet, die weit über die katholische Kirche hinaus die Christenheit insgesamt und die säkulare Öffentlichkeit beeindruckt und vielen Menschen Orientierung gegeben haben, schreibt der Ratsvorsitzende in beiden Briefen. Wolfgang Huber erwähnt in seinem Brief an Benedikt XVI. ausdrücklich die beiden mit Peter Seewald entstandenen Interview-Bände „Salz der Erde“ und „Gott und die Welt“. In beiden Bänden sei nachzulesen, mit welcher elementaren Kraft der deutsche Theologe dem christlichen Glauben neuen Ausdruck verleihe. Daran anschließend hat der Ratsvorsitzende „große Erwartungen an die geistige und geistliche Ausgestaltung Ihres Amtes.“ Auch die Wahl des Papstnamens versteht Wolfgang Huber als Hinweis auf eine theologisch und geistlich akzentuierte Amtsführung.

Huber betont in dem Brief an Benedikt XVI., dass evangelische und katholische Christen in ihren Wurzeln auf das Engste miteinander verbunden seien. Dies verpflichte, vom Geschenk des Glaubens und der tröstlichen Kraft des Evangeliums Zeugnis zu geben. Der Ratsvorsitzende schreibt weiter: „Viele evangelische und katholische Christen erfüllt die Sehnsucht nach vertiefter Gemeinschaft der Kirchen. Das hat eine besondere persönliche und familiäre Ernsthaftigkeit überall dort, wo Menschen in konfessionsverbindenden Familien leben und die Hoffnung haben, auch gemeinsam die Eucharistie bzw. das Heilige Abendmahl empfangen zu können.“

Die reformatorischen Kirchen und die römisch-katholische Kirche vertrauen miteinander auf Christi Gebet, weiß Bischof Wolfgang Huber, „dass wir – in unserer Verschiedenheit – eins seien“. Die Anstrengungen seien darauf gerichtet, sich der Grundlagen des christlichen Glaubens und des Kirchenseins immer tiefer bewusst zu werden, damit bleibende Unterschiede in wechselseitigem Respekt als Ausdrucksformen des gemeinsamen Glaubens wahrgenommen werden können.

In seinem Schreiben an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz erinnert der Ratsvorsitzende, dass der Theologe Joseph Ratzinger beratend während des 2. Vatikanischen Konzil mitgearbeitet und so eine Neuorientierung im ökumenischen Miteinander mitgestaltet habe. In intellektueller Prägnanz habe er frühzeitig auf die Gefahren einer Relativierung von Glaubenswerten und -aussagen hingewiesen. Als Präfekt der Glaubenskongregation habe Kardinal Ratzinger sich mit diesen Gefahren verstärkt auseinandergesetzt. In der Überzeugung, dass ein Dialog nur auf der Grundlage eines klaren eigenen Profils möglich ist, wisse sich die EKD mit dem neugewählten Papst einig. Der Ratsvorsitzende hoffe, so schreibt er an Kardinal Lehmann, „dass das Miteinander der christlichen Kirchen und ihr gemeinsames Zeugnis in der Welt in guter Weise weiterentwickelt wird. Dafür werden freilich auch neue Akzente und mutige Entscheidungen notwendig sein.“

Hannover/Berlin, 21. April 2005

Pressestelle der EKD
Christof Vetter