Predigten und Botschaften der Leitenden Geistlichen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Karfreitag

- soweit in der Pressestelle der EKD eingegangen -

Bischof Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

Karfreitagspredigt

Der Blick auf den Gekreuzigten regt an zum Handeln

Gleichgültigkeit habe unter dem Kreuz von Golgatha keinen Bestand, erklärte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in seiner Predigt an Karfreitag in der St. Marienkirche in Berlin. Wenn man die Schilderung von Jesu Kreuzigung und Tod beim Evangelisten Matthäus lese oder die Lieder zur Passion von Paul Gerhardt singe, werde klar: „Distanz ist unmöglich.“ Denn am Kreuz sterbe „das Leben der Welt, ihre Hoffnung, ihre Lebensverheißung.“ An Karfreitag gerieten felsenfeste Sicherheiten ins Wanken.

Der Kreuzestod Jesu hat in dieser Unbedingtheit weltumspannende Bedeutung: „Ein Entkommen gibt es nicht.“ Heute werde wieder neu nach der Welt im Ganzen gefragt. „Denn unser Bild von der Welt ist großen Erschütterungen und erheblichen Umbrüchen ausgesetzt.“ Schon Kinder entwickelten heute zum Beispiel ein Bewusstsein für den dramatischen Klimawandel. „Sie lernen, dass sich in der Zeitspanne ihres Lebens in der Energieerzeugung wie im Energieverbrauch Grundlegendes ändern muss.“ Die welterschütternden und weltumspannenden Bilder der Bibel seien uns heute näher als noch vor wenigen Jahren, so der Ratsvorsitzende.

Wer den Ursachen des Kreuzestodes Jesu nachdenke, könne nicht untätig daneben stehen, fuhr Bischof Huber fort. „Der Blick des Glaubens auf den Gekreuzigten regt an zum eigenen Tun.“ Das sei auch aus dem Alltag der Seelsorge bekannt: „Das nahe Wissen von dem Leiden anderer Menschen macht sensibel für die Verletzungen in der Welt.“ Eine solche Anteilnahme am Kreuz Jesu wirke befreiend. „Indem der Mensch Jesus Christus in den Tod geht, durchbricht Gott selbst die Grenzen und Gräben der Welt. Er gibt dem Heil der Welt Raum.“ Und mit Paul Gerhardt unter das Kreuz zu treten, heiße „entschlossen das Mögliche zu ergreifen, mutig zu hoffen und dem neuen Morgen entgegen zu gehen.“

 


Landesbischof Ulrich Fischer, Evangelische Landeskirche in Baden, Vorsitzender der Vollkonferenz der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK)

Karfreitagspredigt

Eine Adresse für unsere Warum-Fragen - Auch im Leid sind wir nicht gottverlassen

Karlsruhe (6.4.07). „Wir dürfen mit unserem Zweifel, mit unserer Verzweiflung zu Gott selbst kommen“, sagte Landesbischof Ulrich Fischer in der Predigt am Karfreitag in der Karlsruher Stadtkirche. In seinem Tod am Kreuz habe in Jesus Christus Gott selbst Leiden durchlitten. Darum sei der Mensch auch im Leiden und Sterben nicht gottverlassen und nicht zur Trostlosigkeit verdammt.

Landesbischof Ulrich Fischer: „Das ist das Tröstliche am Karfreitag: Unser Leid hört nicht auf, auch nicht unsere Warum-Fragen und der Zweifel. Nein: Der Zweifel gehört zum Glauben wie seine kleine Schwester. Aber wir brauchen unsere Warum-Fragen nicht anklagend in die Welt hinauszuschreien, vielleicht in der Hoffnung, dass Gott von oben herab in diese Welt eingreift; sondern wir dürfen mit unseren Warum-Fragen mit unseren Zweifel, mit unserer Verzweiflung zu Gott selbst kommen. Jesus hat uns mit seiner Warum-Frage am Kreuz einen neuen Zugang zu Gott eröffnet. Den Zugang zu Gott, der im Leiden uns beisteht. Zu Gott, der uns in der Tiefe unseres Lebens begegnet.“

Dadurch könnten Tod und Sterben, Begrenztheit und Leiden ausgehalten werden, „nicht als etwas Gottloses, Gottfernes, sondern als etwas, in dem Gott stärkend und helfend bei uns ist“, so Fischer. Mit dem Tod am Kreuz „durchkreuze“ Jesus Christus das Bild von einem fernen Gott, der mit unserem Leben nichts zu tun habe. „Jesus starb am Kreuz einsam, damit wir in aller Einsamkeit wissen: Gott ist bei uns.“


 

Landesbischof Johannes Friedrich, Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Karfreitagsbotschaft

Kreuz als Provokation zur Nächstenliebe

In einem Wort zum Karfreitag betonte der Landesbischof der Evangelisch Lutherischen Kirche in Bayern und Leitende Bischof der Vereinten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Dr. Johannes Friedrich, dass das Leiden und Sterben Jesu kein vermeidbares tragisches Ende eines guten Menschen gewesen sei, sondern Ausdruck der konsequenten Liebe Gottes zu den Menschen. „Weil Gott den Weg des Menschen ganz gehen wollte und weil zum Weg des Menschen Leiden und Sterben, Krankheit und Schmerzen gehören“, nahm Christus Schmerzen und Tod auf sich, um den Menschen auch in Not und Leid ganz nahe sein zu können, so Friedrich.

Das Kreuz Christi sei für Christen eine Provokation zur Nächsten- und Fernstenliebe. Friedrich rief dazu auf, sich liebevoll zuzuwenden „allen, die in unserer Gesellschaft keine Kraft mehr haben, die schwer erkrankt sind, die niedergedrückt leben ohne Hoffnung.“ Gerade alte und demente Menschen sehnten sich nach Nähe und Wärme. Gleichzeitig gelte es den Horizont zu öffnen für die globale Dimension der Nächstenliebe, so Friedrich, denn „seit wir global kommunizieren und wirtschaften, sind auch Menschen in fernen Ländern unsere Nächsten geworden.“              

Doch das Sterben Jesu am Karfreitag könne man nur in Verbindung mit der Auferstehung Jesu von den Toten an Ostern richtig deuten.  „Weil der Gekreuzigte der Auferstandene ist, darf ich auf Leben hoffen. Denn in meiner Todesstunde blickt Gott nicht auf meine Sünden, sondern auf Christus, der sie am Kreuz getragen hat.“ Damit verwies Friedrich auf die entlastende Funktion des Kreuzes Christi: „Das Kreuz ist nicht grausem, es ist Ausdruck der Seelsorge und Liebe Gottes. Ich weiß mich in meinen Schmerzen und meinem Leiden, in meiner Todesangst und in meiner Schuld bei Jesus Christus gut aufgehoben, der aus der Liebe Gottes heraus alles getragen hat.“


 

Bischof Hans Christian Knuth, Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche

Karfreitagspredigt

Schleswig. Der Schleswiger Bischof Dr. Hans Christian Knuth hält am 6. April 2007 um 10 Uhr den Karfreitagsgottesdienst im St. Petri-Dom zu Schleswig. Im Mittelpunkt seiner Predigt werden die Gedanken der Gewaltlosigkeit und der Solidarität Gottes mit leidenden Menschen stehen. „Am Kreuz stirbt nicht nur ein vorbildlicher Mensch, was an sich schon Anlass genug wäre daran zu denken, dass nur Gewaltlosigkeit Zukunft hat. Hier stirbt Gott selbst, was bedeutet, dass in keinem Leiden und Sterben dieser Welt Gott abwesend ist.“


 

Bischof Axel Noack, Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen

Botschaft zu Karfreitag und Ostern 2007

Mit Blick auf Karfreitag und das diesjährige Osterfest hat sich der Bischof der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack, zur Debatte um eine gesetzliche Neuregelung von Patientenverfügungen geäußert.

"Derzeit wird viel über würdevolles Sterben diskutiert. In der vergangenen Woche fand die erste Debatte im Bundestag zu einem neuen Gesetz über Patientenverfügungen statt. Es ist für unsere Gesellschaft wichtig, dass es eine breite und ausführliche Diskussion gibt. Allerdings darf man sich keinen Illusionen hingeben. Es lässt sich nicht alles vorausahnen. Mancher wird vermutlich trotz einer solchen Willenserklärung einen Sterbeprozess durchleben, den sie oder er sich nicht gewünscht hat", sagt Axel Noack. "Von Jesus wissen wir, dass er selbst einen Tod gestorben ist, der in den Augen seiner Zeitgenossen in keinster Weise als würdevoll galt. Die Kreuzigung zählte zu den grausamsten Hinrichtungsmethoden der Antike. Dennoch, davon bin ich fest überzeugt, hat Jesus Christus seine menschliche Würde behalten. Die kann durch Menschen zwar verletzt, aber niemals genommen werden. Gott spricht diese Würde jedem Lebewesen dauerhaft zu. Daran erinnern Karfreitag, der Todestag Jesu, und der Ostersonntag. Man darf nicht vergessen, dass beide Tage wesentliche Bestandteile des Osterfest-Kreises sind und nicht isoliert betrachtet werden können. Ostern feiern wir, dass Gottes Liebe durch den Tod hindurch gehalten hat und neu ans Licht gekommen ist. Gott hat Jesus von den Toten auferweckt und sein Leiden verwandelt – in Liebe, Vertrauen und Mut zum Leben. So soll es auch allen Menschen gehen, die auf Ihn vertrauen, verspricht die Bibel. Natürlich mildert diese Osterbotschaft nicht alle Ängste, die mit dem eigenen Sterben verbunden sind. Manchen wird der Osterglaube überhaupt nichts sagen. Dennoch trägt er ein kleines Licht der Hoffnung in das Dunkel solcher Zeiten. Und darüber ist Osterfreude nun wirklich angebracht."


 

Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter, Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche

„Erkennen, wo Christus uns heute begegnet“

Lübeck – In ihrer Predigt am Karfreitag im Lübecker Dom wird die Bischöfin des Sprengels Holstein-Lübeck sich den verschiedenen Darstellungen der Kreuzigung Jesu widmen. Dabei wird sie einen Bogen schlagen von den ersten Abbildungen über die des Mittelalters bis hin zu heutigen Motiven, bei denen Jesus unter anderem auch als Lateinamerikaner, Indonesier oder auch Afrikaner zu sehen ist. Im Verlauf ihrer Predigt wird Bischöfin Wartenberg-Potter eine Antwort entwickeln ob diese moderne Art der Darstellung erlaubt ist. „Darf man das Geschehen damals aus seinem Kontext nehmen?“, so die Ausgangsfrage.

„Es geht darum, dass wir erkennen, wo uns Christus heute begegnet“, sagt Wartenberg-Potter. „Am Karfreitag erkennen wir, dass es nicht mehr nur um individuelles Leiden geht. Seit Karfreitag nehmen wir auch strukturelles Leid besser wahr. Wir sind aufgerufen, aufmerksam auf unsere Mitmenschen zu sehen und uns einzumischen, wenn es um Demütigung, Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen geht.“


Hannover, 4. April 2007

Pressestelle der EKD
Zusammenstellung: Silke Fauzi