"Der Weg Jesu durchbricht Spirale der Gewalt"

EKD-Ratsvorsitzender Manfred Kock zum Karfreitag

"In fester Gewissheit, dass das Werk vollendet, der Sieg vollbracht ist," sei Jesus am Kreuz gestorben - nicht erschöpft und verzweifelt, so der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, in seiner Karfreitagspredigt in der Auferstehungskirche in Köln-Bocklemünd. Dagegen würde der Zustand der Welt nur scheinbar Anlass zur Annahme geben, dass nichts, von dem was Jesus wollte, vollbracht sei.

Das Bild vom Kreuz sei in Wahrheit nicht das Bild des Scheiterns und der Katastrophe, sondern verheiße Befreiung und Erlösung. "Gescheitert ist allerdings der menschliche Traum von eigener Erlösung". Die Nöte und Ängste vieler Menschen würden nur scheinbar gegen das letzte Wort Jesu am Kreuz "Es ist vollbracht" sprechen. Der Weg Jesu durchbreche die Spirale der Gewalt, sein Kreuz sei der Weg der Versöhnung. "Gegengewalt schafft nicht das Ende von Gewalt, sondern neues Leiden," so laute die Botschaft des Karfreitag. Zwar könnte mit Mitteln irdischer Macht Bosheit eingedämmt werden, aber ein Ausstieg aus dem Kreislauf der Gewalt sei damit aber nicht möglich.

Durch die Kreuzigung Christi sei die Niedertracht der Menschen entlarvt worden. Nicht nur die offensichtliche Gewalt von Rassisten, Bombenwerfern und Mördern gäbe es, sondern auch unscheinbare - nicht minder schreckliche Formen der Bosheit. "Es gibt die scheinheiligen Beschäftigungspolitiker, die den Waffenhandel liberalisieren wollen. Sie sagen: Damit schaffen wir Arbeitsplätze und kurbeln die Wirtschaft an. Aber sie nehmen in Kauf, dass Tausende umkommen." Auch der rücksichtslose Konkurrenzkampf auf Kosten anderer gehöre zu den weniger augenscheinlichen Bosheiten.

Jesu Wort "Es ist vollbracht" verweise auch auf den Anfang der neuen Gemeinschaft, auf "die Urzelle der Kirche", die unter dem Kreuz ihren Ursprung gefunden habe, so Kock. In der christlichen Kirche werde das Leiden der Menschen ernst genommen: "Das Hungern nach Gerechtigkeit, die Sehnsucht nach Liebe und Frieden. In dieser Kirche haben alle ein zu Hause."

Der Kreuzestod Jesu bedeute, dass Schuld, Leid und Tod angenommen und verarbeitet werden sollten. Dies sei ein Signal auch für die Gegenwart: "Wir leben in einer Gesellschaft, die dem Leiden keinen Sinn abgewinnen kann." Ängstliche Versuche, mit dem Leid nicht in Berührung zu kommen, würden unfähig machen, das Leben zu gestalten, wenn Leid widerfahre, so der EKD-Ratsvorsitzende. "Und ganz gewiss macht es auch blind für die Leiderfahrung anderer." Zwar müsse von Menschen verursachtes Leid mit den Mitteln des Verstandes, der Politik und Medizin bekämpft werden. "Soziales Unrecht, brutale Willkür, menschenunwürdige Lebensbedingungen gehören beseitigt." Unvermeidbares Leid aber wie Abschied, Trennung und Sterben seien Bestandteile des Lebens. Sie anzunehmen bedeute zu wachsen, zu reifen und empfindsam zu werden für andere Menschen.

Hannover, 18. April 2003

Pressestelle der EKD
Anita Hartmann

Karfreitagsbotschaft des EKD-Ratsvorsitzenden

Karfreitagspredigt des EKD-Ratsvorsitzenden