Osterpredigten der Leitenden Geistlichen in der EKD

Soweit in der Pressestelle der EKD eingegangen

Präses Manfred Kock,
Vorsitzender des Rates
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Osterpredigt am 21. April 2003, 10 Uhr,
Große Kirche in Burgsteinfurt, Münsterland
Fernsehübertragung: 10 - 11 Uhr, ARD

Ein schwieriges Fest sei Ostern für viele Menschen, so der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Manfred Kock, in seiner Osterpredigt. Denn an diesem Fest werde der Tod des Todes verkündet und dies widerspreche besonders angesichts des Hungers, der Folter, des Terrors und des Krieges unserer Erfahrung und Vernunft. "Doch Leid und Scheitern sind kein Widerspruch zu den großen Hoffnungen des Lebens. Sie sind Teil der Wegstrecke und der Wendepunkt.“ Dieser Weg gehe nicht mehr vom Leben zum Tod, sondern umgekehrt, vom Tod zum Leben. „Der Weg Jesu ist nicht der Weg ins Scheitern gewesen. Sein Weg ist vielmehr der Sieg, die Vollendung Gottes Ja zum Menschen.“

Die Schrecken der gegenwärtigen Zeit wie giftiger Müll, verpestete Luft, die Zerrüttung des Sozialgefüges, Folter, Ausbeutung und Krieg "sind nicht Schicksal dieser Welt, sondern können in den Sieg des Lebens geraten," betont Kock. Denn Christus habe versprochen „Siehe, ich mache alles neu.“

Sein Versprechen bleibe jedoch schwer verständlich: „Denn die Todesleiden der Menschen bleiben reale Wirklichkeit. Und wir bleiben darin verwickelt.“ Nach dem Sturz des irakischen Diktators stelle sich manchen die Frage, ob „Krieg also doch eine akzeptierte Möglichkeit verantwortlicher Politik sei.“ Doch dies sei nur ein Versuch, den Tod von Tausenden zu beschönigen.

Lebenshürden und Probleme müssten von Gottes Wort her in einen neuen Zusammenhang gestellt werden. Nicht mehr Auslöser von Verzweiflung sollten sie sein, sondern als Zeichen dafür, „dass wir auf dem Weg der Hoffnung sind“ betrachtet werden In jedem Teilen des Abendmahles sei Christus unter uns und würde uns auf diesem Weg begleiten. „Jesus lebt in den Wirkungen unseres Lebens. Gemeinschaft entsteht neu, Angst und Leid werden bestanden und Menschen sind bereit, für ihre Überzeugungen einzustehen. Da entwickelt sich eine neue Sensibilität für die Leidenden. Da gehen wir mit uns selbst ehrlicher um.“


Kirchenpräsident Helge Klassohn,
Evangelische Landeskirche Anhalts
Osterpredigt am 20. April 2003, 10 Uhr,
Georgenkirche in Dessau

„Ostern bedeutet, dass Christus anfängt, wo wir meinen, ans Ende gekommen zu sein, dass Christus lebt, wo wir ihn zu den Toten rechnen wollen, dass Hoffnung aufblüht, wo uns Enttäuschungen niederdrücken wollen, dass Zukunft sich neu eröffnet wo wir im Vergangenen und bösen Gestrigen verharren,“ erklärt Kirchenpräsident Helge Klassohn in seiner Osterpredigt. Eine wirkliche „Bekehrung“ erlebten die Frauen, die am Ostermorgen das Grab Jesu besuchten: „Sie werden durch das Wort des Engels „umgekehrt“ vom Weg zum Tode auf den Weg zum Leben, von der Traurigkeit zur Freude, von der hilflosen Einsamkeit zur Gemeinschaft der Glaubenden.“

Zum Osterfest des Jahres 2003 würden die Christen wieder daran erinnert, dass der christliche Glaube „ein einziger, tapferer Widerspruch gegen die Gewöhnung der Herzen an den Tod, an Krieg, an Lebenszerstörung, an Verzweifelung, an Hoffnungslosigkeit und Egoismus ist.“ In den drei vergangenen Wochen des gegenwärtigen Irak-Krieges seien mindestens 1200 irakische Zivilpersonen getötet, weit über 5000 verwundet und viele tausend Soldaten getötet worden. „Wir trauern um die zerstörten Leben, beklagen die Verluste, beteiligen uns an Hilfsaktionen und hören im Lichte des Osterglaubens nicht auf, den Sieg des Lebens über Tod und Krieg und über alle zerstörerische Gewalt zu erhoffen, dafür beharrlich zu beten und dafür persönlich einzustehen.“


Kirchenpräsident Eberhard Cherdron,
Evangelische Kirche der Pfalz
Osterpredigt am 20. April 2003, 10Uhr,
Gedächtniskirche in Speyer

„Gerade weil wir diesen Krieg nicht gewollt haben, sollten wir den Menschen im Irak helfen, die Opfer dieses Krieges geworden sind,“ erklärt Kirchenpräsident Eberhard Cherdron in seiner Osterpredigt. Der christliche Glaube vereine auch dort, wo unterschiedliche Meinungen über politische Vorgänge existierten. Christen seien nicht an politische Vorgaben gebunden und ihre Hilfe müsse unabhängig von religiösen oder nationalen Grenzen bleiben. Der Glaube an die Auferstehung Jesu mache fähig, „selbst in der Hilfe für andere Menschen tätig zu sein." In diesem Sinne ruft Cherdron zu Spenden für die Opfer des Irak-Krieges auf: "Wir müssen mit dafür sorgen, dass ein soziales und gerechtes Gemeinwesen aufgebaut werden kann und Menschen in den Krankenhäusern wieder ärztlich versorgt werden.“


Landesbischof Gerhard Maier,
Evangelische Landeskirche in Württemberg
Osterpredigt am 20. April 2003, 10 Uhr,
Stuttgarter Schlosskirche

In den vergangenen Wochen und Monaten hätten Menschen eine „Todeswelt“ erlebt, aus nächster Nähe und aus der Ferne. Doch sei der Tod nicht „das Letzte“, betont Landesbischof Gerhard Maier in seiner Osterpredigt. „Die Lebens- und Schöpferkraft Gottes ist die stärkere“, das beweise die Auferstehung Jesu zu Ostern. „Der Tod hatte nicht die Kraft, ihn zu halten“, so Maier. „Das leere Grab wird zum Symbol und Zeichen der Zukunft: Einer Zukunft in der es keine Gräber mehr gibt“. Den Satz aus dem Markusevangelium „Ihr werdet ihn sehen“ sei als eine Brücke in die Gegenwart zu verstehen, er gelte für jeden Tag.


Landesbischof Johannes Friedrich,
Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
Osterpredigt am 20. April 2003, 10 Uhr,
St. Matthäus, München

In seiner Osterpredigt hob Landesbischof Johannes Friedrich trotz aller Schrecken der Zeit die frohe Botschaft der Auferstehung hervor. Furcht und Entsetzen bestimmten unser Denken über die gegenwärtige Situation im Nahen Osten. “Zwar sieht es so aus, als sei der Irak-Krieg schon beendet, aber über der Erleichterung, können wir die Menschen nicht vergessen, die in den letzten Wochen ihr Leben lassen mussten”, so Friedrich.

Das Erschrecken bestimme auch das Osterevangelium. Und doch beinhalte die Osterbotschaft den Trost und die Freude, dass mit dem Tod nicht alles aus und vorbei sei. “Wir kennen die Bedeutung dieses leeren Grabes für unseren Glauben: Als Bild dafür, dass Jesus Christus nicht an dem Endpunkt menschlichen Lebens, wie wir ihn kennen, stehengeblieben ist, sondern diesen durchschritten und überwunden hat: den Tod”, so der Landesbischof. Gerade auch in diesen Wochen sollten Christen weitererzählen, "dass Jesus lebt, dass Gott stärker ist als der Tod, als alle Gewalt, aller Schmerz, alles Leid."


Landesbischof Christoph Kähler,
Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen
Bischof Axel Noack,
Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen
Gemeinsamer Osterbrief an die Gemeinden

"Während wir Ostern feiern, haben die Menschen im Irak den Alltag des Krieges und seine Folgen auszuhalten." Daran erinnern der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, Christoph Kähler, und der Bischof der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack, in den Tagen vor dem Osterfest. Mit dem Krieg im Irak ebenso wie mit dem Attentat am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt und mit der Flutkatastrophe im Sommer seien Leid und Tod schmerzlich in das Bewusstsein der Menschen gerückt.
"Wir vermögen vieles, aber Leid und Ohnmacht werden Teil dieses Lebens bleiben." Viele Menschen ahnten dies und würden Gottes Nähe und Halt suchen. "Überall in der Welt, wo Resignation herrscht, wollen wir davon reden. Unser Glaube hilft zum Helfen. Wir bitten Sie, suchen Sie jede Gelegenheit dazu. Gott will das Leben! Jetzt und für die bedrängten Menschen." Ostern sei der "Protest gegen die Todesverfallenheit der Welt und gegen alle Resignation".


Kirchenpräsident Peter Steinacker,
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Osterbrief für die Gemeinden

In einer von Gewalt bestimmten Zeit würden die Christen dieses Osterfest feiern, so Kirchenpräsident Peter Steinacker in seinem Osterbrief an die Gemeinden. Während die Auferstehung, der Sieg des Lebens über den Tod gefeiert würde, gäbe es die Realität von Gewalt und ihre tödlichen Folgen. Zusammen mit politischen Institutionen und Organisationen hätten sich die Kirchen in aller Welt immer wieder gegen den Irak-Krieg ausgesprochen. „Nach der Entmachtung des Diktators Saddam hoffen wir auf ein möglichst rasches Ende aller Kampfhandlungen ohne weiteres Blutvergießen.“

Es zeige sich jedoch gegenwärtig, dass es keine klare Vorstellung über die neue Friedensordnung im Irak geben würde. „Ein Versäumnis, das als Folge neue Gewalt nach sich ziehen kann“, befürchtet Kirchenpräsident Steinacker. Die Rolle der Vereinten Nationen bei einer Neuordnung des Irak sei unklar, das Vertrauen vieler Europäer in die traditionellen Prinzipien der freiheitlichen Demokratie der Weltmacht USA schwer erschüttert.

Die österliche Botschaft lasse Christen hoffen, „dass auch aus ungerechtfertigter Gewalt neue Lebensmöglichkeiten entstehen können. Jesu Auferweckung begründet und eröffnet Leben mitten in der vom Tod zerrissenen Welt.“ Es müsse für den Frieden gebetet werden und der kommende Friedensprozess mit kritischer Aufmerksamkeit begleitet werden. „Als Zeichen unserer österlichen Hoffnung können wir uns für die humanitäre Hilfe im Irak einsetzen sowie für die Durchbrechung der Gewaltspirale und die Wiederaufrichtung ziviler und lebensdienlicher Ordnung eintreten.“

Hannover, 17. April 2003
Pressestelle der EKD
Zusammenstellung: Anita Hartmann