Politiker und Theologen diskutierten Verhältnis von Kirche und Zivilgesellschaft in Serbien

Vierte Serbien-Tagung in Berlin beendet

Gemeinsame Pressemitteilung

„Die Zivilgesellschaft wird noch immer von Vielen als Bedrohung des Staates oder der Kirche angesehen, umgekehrt gibt es Gruppen der Zivilgesellschaft, die Kirchen und Staat als feindliches Gegenüber wahrnehmen und jegliche Religion ins Private verdrängen wollen“, beschrieb der Dekan der Theologischen Fakultät in Belgrad, Prof. Dr. Radovan Bigovic, die Herausforderungen im Verhältnis von Kirche, Staat und Zivilgesellschaft in Serbien. 

Das Verhältnis von Kirche und Zivilgesellschaft stand im Mittelpunkt der vierten Serbien-Tagung der Serbischen Orthodoxen Diözese für Mitteleuropa in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz, die unter der Überschrift „Der Beitrag der Kirchen zum Aufbau der Gesellschaft im Serbien des 21. Jahrhunderts“ am 2. und 3. Juli im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Berlin stattfand und durch Mittel des Stabilitätspakts für den Balkan unterstützt wurde.

Von Seiten der deutschen Bischöfe Dr. Franz Kamphaus (Bistum Limburg) und Dr. Wolfgang Huber (Ev. Kirche in Berlin-Brandenburg) wurde der lange Weg der Kirchen in Deutschland hin zu einem aktiven Wahrnehmen ihrer Rolle in der Zivilgesellschaft nachgezeichnet. Ob Kirchen hier kompetente Akteure seien, hänge weniger von häufigen öffentlichen Stellungnahmen ihrer Leitungen ab, sondern davon, ob sich Christinnen und Christen kompetent in der Gesellschaft engagierten. Der katholische Erzbischof Stanislav Hocevar (Belgrad) forderte, die Rolle der Laien in den Kirchen zu stärken und die Blockaden zwischen den Kirchen zu überwinden.

In der Diskussion wurde deutlich, dass das Konzept der Zivilgesellschaft auch missbraucht werden kann, um den Abbau der staatlichen Verpflichtung zur Fürsorge für das Gemeinwohl zu legitimieren. Die Kirchen sollten sich nicht vereinnahmen lassen, sondern ihre Unabhängigkeit bewahren und das unterscheidend Christliche in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen. 

Die Vertreter der serbischen und der jugoslawischen Regierung berichteten über die intensiven Gespräche mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie über den Prozess, der unter internationaler Beratung zum Zustandekommen eines Religionsgesetzes geführt habe. Ein Bestandteil des noch zu verabschiedenden Gesetzes seien die Bestimmungen zum Religionsunterricht, die sich zur Zeit in der Erprobungsphase befänden.

Angesichts der Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union wurden von allen Teilnehmenden die Notwendigkeit und die Chancen der Zusammenarbeit der Kirchen auf nationaler wie europäischer Ebene unterstrichen. Auf der Basis der von den europäischen Kirchen gemeinsam formulierten „Charta Oecumenica – Leitlinien zur vertieften Zusammenarbeit der Kirchen in Europa“ bringen sich die Kirchen in den Ländern inner- wie außerhalb der EU in die Diskussion um den Konvent zur Zukunft Europas ein.

In Diskussionsforen vertieft wurden die Themen Menschenrechte, Rolle der Frau sowie Kultur und Medien. Dabei wurden unter anderem Überlegungen über ein gemeinsames Symposium in Serbien über Menschenrechte angestellt. Eine Stärkung der Kompetenz der Frauen im kirchlichen Leben wirke sich direkt auf ihre Rolle in der Gesellschaft aus, hieß es. Weiter erwogen wurde auch die Entwicklung von Angeboten zur Professionalisierung von Journalistinnen und Journalisten in Serbien.

Die Teilnehmenden bestätigten im Rückblick, dass die vier zurückliegenden Serbien-Tagungen in Deutschland dazu geführt hätten, dass eine Vertrauensbasis für einen offenen und konstruktiven Dialog zwischen den verschiedenen kirchlichen und gesellschaftlichen Partnern Serbiens entstanden sei. Die Zeit sei nun reif, diese Erfahrung miteinander im serbischen Kontext zu machen und deshalb zu einer nächsten Konferenz nach Serbien einzuladen.

Neben den schon genannten Referenten nahmen u.a. an der Tagung teil: der serbische orthodoxe Bischof Konstantin Djokic (Hildesheim), der Auslandsbischof der EKD Dr. Rolf Koppe (Hannover), der stellv. serbische Minister für Angelegenheiten der Kirchen und Religionsgemeinschaften Zivojin Stjepic, für die Bundesrepublik Jugoslawien der stellv. Staatssekretär Boris Milosavljevic (beide Belgrad) und der Botschafter Jugoslawiens in Deutschland Milovan Bozinovic. Aus dem Bundestag waren die Abgeordneten Markus Meckel (SPD) und Peter Weiß (CDU) vertreten, aus dem Auswärtigen Amt der Beauftragte für Südosteuropa, Botschafter Dr. Michael Schaefer.


Hannover/Bonn, den 04. Juli 2002


Serbische Orthodoxe Diözese für Mitteleuropa
Evangelische Kirche in Deutschland
Deutsche Bischofskonferenz