„Kirchen können mit einer Stimme für den Frieden eintreten!“

EKD-Botschafterin Margot Käßmann erinnert in Schweden an das Erbe der Reformation

Angesichts der Ukraine-Krise könnten Europas Kirchen weltweit mit einer Stimme zum Frieden rufen. Dazu ermutigte die Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017, Margot Käßmann.

Die Reformationsgeschichte zeige: Christen können aus der Geschichte lernen, sagte sie am heutigen Dienstag in einer Rede vor 500 Pastorinnen und Pastoren in Lund, einer Diözese der evangelisch-lutherischen Schwedischen Kirche. Käßmann erinnerte an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor knapp 100 Jahren, den „Beginn eines europäischen Albtraums“. In diesem Zusammenhang zitierte sie aus dem Friedensaufruf, den der schwedische Erzbischof Nathan Söderblom im September 1914 von Uppsala aus an die Kirchenverantwortlichen Europas gerichtet hatte. Deren Reaktionen erfüllen sie mit Scham, sagte Käßmann: Deutsche, französische und britische Kirchenleiter hatten den Friedensaufruf abgelehnt – ihnen war die Verbundenheit zu ihrer jeweiligen Nation wichtiger als die christliche Friedensbotschaft. Heute sei die Situation anders. In der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) etwa würden seit über 50 Jahren enge Kontakte untereinander gepflegt, auch mit der russisch-orthodoxen Kirche.

Die Einheit der verschiedenen evangelischen Kirchen sei letztlich ein Erbe der Reformation, sagte Käßmann. Heute wie damals lebten Christen an den verschiedenen Orten ihren Glauben, wüssten aber, dass sie mehr verbindet als sie trennt. Christliches Leben in jeder Region Europas habe eine je eigene Ausprägung. „Die verschiedenen Plätze haben ihre eigene besondere Bedeutung für die Reformation, in Straßburg ist sie anders als in Budapest, in Marburg anders als in Lund.“

Die vielen Formen der evangelischen Christenheit bekannt zu machen, sei eines der Ziele des Reformationsjubiläums. Im Sommer 2017 solle nicht nur der deutsche, sondern auch der internationale Charakter der Reformation betont werden – unter anderem mit einer „Weltausstellung der Reformation“, einem internationalen Jugendcamp und einem „Stationenweg“, der durch die Städte der Reformation Europas führe und jeweils frage: „Was bedeutet es heute, reformatorisch zu sein? Was sind eure spezifischen Zugänge in Prag und in Amsterdam, in Genf und in Zürich, in Rom und in Potsdam?“

Die Reformation sei ein europäisches Ereignis gewesen, das bald internationale Ausmaße annahm, erklärte Käßmann. Die große Chance der heutigen Kirchen bestehe darin, dass sie nationale, ethnische und kulturelle Grenzen überschreite. „Wir teilen dieselbe Bibel, wir respektieren uns untereinander als Brüder und Schwestern in Christus, wir glauben, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist.“ Diese Glaubensgemeinsamkeit habe enorme ethische Auswirkungen, betonte Käßmann: „Wir können in dieser einen globalen Welt gegen Diskriminierung, Ungerechtigkeit und Krieg eintreten.“

Der Vortrag vor dem Konvent stand im Mittelpunkt eines zweitägigen Besuchs der EKD-Reformationsbotschafterin in Schweden. Am Montag hatte sich Käßmann mit der aus Deutschland stammenden designierten Erzbischöfin Anne Jackelén (Lund) ausgetauscht. Am heutigen Dienstag hielt Käßmann einen der beiden Hauptvorträge des Theologentreffens. Danach wirkte sie an einem Abendmahlsgottesdienst im Dom zu Lund mit.

Die Schwedische Kirche (Svenska kyrkan) vertritt knapp 6,5 Millionen evangelisch-lutherische Christen des skandinavischen Landes; im Jahr 1531 hatte Schweden mit der römischen Kirche gebrochen und die Reformation durchgeführt.


Hannover, den 13. Mai 2014

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der EKD
Michael Brinkmann