„Wandel in der evangelischen Kirche ist nicht aufzuhalten“

Ratsvorsitzender diskutiert mit Bundestagsabgeordneten

Der Prozess der Veränderung der Struktur innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist nach Ansicht des Vorsitzenden des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, nicht aufzuhalten. „Dieser Prozess kann allenfalls verzögert werden“, sagte Huber mit Blick auf die nicht zustande gekommene Fusion der Kirchenprovinz Sachsen mit der Thüringischen Landeskirche. Allerdings werden durch die Notwendigkeit der fortdauernden Beschäftigung mit strukturellen Fragen „Kräfte gebunden, die sinnvollerweise anderswo eingesetzt werden könnten“, so Huber in einem Gespräch mit dem Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, Peter Frey, am Samstag in Wittenberg. Mit rund 40 Gästen aus Politik und Kirche diskutierten Huber und Frey in der Lutherstadt über „Die Evangelische Kirche im Jahr 2030“.
 
Wesentlich für den künftigen Weg der evangelischen Kirche seien nicht Fragen der Struktur, sondern vielmehr die verstärkte Hinwendung zu denjenigen Menschen, deren Verhältnis zum christlichen Glauben abgebrochen ist, unterstrich Huber. Ein erster Schritt auf diesem Weg sei es, künftig deutlicheres Augenmerk auf die Qualität evangelischer Gottesdienste zu richten. Auch durch gezielte Initiativen innerhalb der Gemeinden seien die Personen zu erreichen, die sich nicht mehr in der Kirche beheimatet fühlten. Den Pfarrerinnen und Pfarrern kommt dabei die Schlüsselaufgabe zu, die Menschen so zu begeistern, dass das Gemeindeleben auch dann besteht, wenn sie selber einmal nicht anwesend sind“, sagte der Ratsvorsitzende.

„Wir sind nicht dazu da, der Öffentlichkeit ein Produkt zu präsentieren“, kommentierte Huber die „bisweilen schwierige Rezeption“ des kirchlichen Reformprozesses, in dessen Zusammenhang die EKD im Januar dieses Jahres einen Zukunftskongress in Wittenberg veranstaltet hatte. „Wir wollen die Menschen motivieren, den begonnenen Wandel aufzunehmen und in die Landeskirchen zu tragen, die die Subjekte der Reformen sind.“ Huber zeigte sich zuversichtlich, dass dieser Wandel gelingt: „Wir bekommen viele Rückmeldungen aus den Landeskirchen über Reformen, die in den Prozess eingestellt werden.“ Diese unterschiedlichen Aktivitäten zu bündeln, beispielsweise in einer „Zukunftswerkstatt“, sei ein weiterer, in absehbarer Zeit notwendiger Schritt.

Einen Rückgang des gesellschaftlichen Engagements der EKD werde der Reformprozess nicht mit sich bringen, betonte der Ratsvorsitzende. „Eine Kirche, die willentlich nah bei den Menschen ist, befindet sich gleichzeitig nah bei ihren Nöten und Bedürfnissen.“ Die Kirche nehme die Welt „ins Gebet“ – diese geistig geprägte Weise, mit den Fragen der Zeit umzugehen, unterscheide sie von anderen gesellschaftlichen Kräften.

Das Gespräch mit Bischof Huber fand im Rahmen eines mehrtägigen Besuchs von Abgeordneten des Deutschen Bundestages in Wittenberg statt. Auf Einladung des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Prälat Stephan Reimers, waren zahlreiche Parlamentarier am 27. und 28. April in die Lutherstadt gekommen, um Wittenberg als historisch bedeutsame Stätte des Protestantismus und als Ort der aktuellen Reformdebatte innerhalb der EKD kennenzulernen.


Hannover/Wittenberg, 29. April 2007
Pressestelle der EKD
Karoline Lehmann