„Wo wohnt Gott in einer ausgeleuchteten Welt?“

Symposium des Gemeindekollegs Neudietendorf thematisiert Gottesfrage

Auf einem Symposium des Gemeindekollegs der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Neudietendorf hat Bodo Ramelow, Fraktionsvorsitzender der Linken im Thüringer Landtag und evangelischer Christ, über Gott und seinen Glauben gesprochen. „Ich habe schon heftige Diskussionen darüber mitgemacht, ob Linke über Gott reden dürfen.“ Aber für ihn sei das keine Frage und er habe überfüllte Kirchen und Synagogen erlebt, in denen genau dies geschah. Für sich selbst habe er ein in sich ruhendes Gottesbild. „Ich habe mir im Herzen den Kindergottesdienst behalten und ich glaube, dass man Gott immer bei sich haben muss.“

In späteren Jahren habe er erlebt, wie Pastoren sein Vertrauen in die Kirche gestärkt hätten. „Dazu gehörten die ökumenischen Gottesdienste gegen die Schließung des Kaliwerks in Bischofferode im Eichsfeld.“ Kirchliche Unterstützung habe er auch beim Aufbau des Denkmals für Deserteure 1989 in Erfurt erlebt. Er selbst gehe regelmäßig in den Gottesdienst.

Auf dem Symposium zum Thema „Wo wohnt Gott in einer ausgeleuchteten Welt?“ kamen zudem ein Journalist, ein Theologe sowie ein Kreativkünstler zu Wort. Micky Remann, Begründer der Liquid Sound-Thermen mit Unterwassermusik und Lichtinstallationen, wies auf die einzige Bedingung beim Betreten der Thermen hin: Bitte schweigen. Erst dann könne man den Klang im Wasser erleben, der mehr sei „als was das hautumschlossene Ego“ ausmache. „Über das Klangerlebnis im Wasser zu reden, ist vergleichbar schwierig, wie über Gott zu reden.“ Es gehe dabei um ein Raumerlebnis, wie es auch Kirchen vermitteln würden. Dieser „Raum der Leere“ sei für eine Meditation unerlässlich.

Dietrich Bauer, Oberlandeskirchenrat aus Dresden, sprach sich dafür aus, in der Kirche mehr Raum für eigene Erfahrungen zu lassen. „Wir sollten nicht alles, was den Glauben angeht, ausdeuten oder überinterpretieren.“ Es gebe vieles, was sich dem theologischen Verstehen entziehe. „Bitte schweigen“ könne auch eine Bedingung für die Begegnung mit Gott sein. „Der Glaube ist wie ein Musikinstrument. Die Musik erklingt nur, wenn ich es spiele.“

Der Journalist Axel Eger von der Thüringer Allgemeinen Zeitung betonte, dass bei vielen Menschen im Osten das Interesse an Religion ausgeprägt sei. „Religiöse Themen in der Zeitung sind von Interesse.“ Für sich persönlich habe er „einen Glauben an den Glauben“, allerdings ohne einen Bezug auf Gott.

Der Leiter des Gemeindekollegs, Reiner Knieling, plädierte für ein Gottesbild, bei dem Gott dem Menschen Raum bei sich gebe. Gott selbst wohne „in den offenen Wunden dieser Welt, in den Schmerzen, in der Sehnsucht.“ Umgekehrt sei zu fragen, wo der Mensch Gott Raum gebe. Es sei an der Zeit, „Gott neu zu denken, und zwar als Freiraum für neues Handeln“, so Knieling.

Das 1986 gegründete Gemeindekolleg hat die Aufgabe, bundesweit Projekte für Gemeindearbeit zu entwickeln und zu vermitteln, Ideen und Impulse zur Gemeindeentwicklung zu vernetzen sowie Veränderungsprozesse in Gemeinden zu begleiten. Es soll die 1983 von der VELKD verabschiedete „Missionarische Doppelstrategie“ von „Öffnen und Verdichten“ in Projekte für die Gemeindearbeit umsetzen.

Hannover, 16. Mai 2012

Dr. Eberhard Blanke
Pressesprecher der VELKD