Dietrich Bonhoeffer - Vorbild im Glauben und evangelischer Heiliger

Zum 60. Todestag des Theologen und Widerstandskämpfers

Dietrich Bonhoeffer war ein Vorbild im Glauben. Mit dieser Einschätzung würdigte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, den am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg bei Regensburg ermordeten Theologen und Widerstandskämpfer. Bonhoeffers Vorbildwirkung hänge mit der engen Verbindung von Lebensgeschichte und Theologie zusammen, schreibt Huber in einem Artikel für die evangelische Monatszeitschrift "Zeitzeichen" (Ausgabe 4/2005).

Schon früh bezog Bonhoeffer gegenüber dem Nationalsozialismus eine klare kritische Position: "Bonhoeffer gehörte 1933 zu den ersten, die diagnostiziert haben, was mit der Übergabe der Macht in Deutschland an die Nazis passiert ist," sagte Huber. Seine an Freiheit und Menschenwürde orientierte politische Grundhaltung, die aus seinem bildungsbürgerlichen Elternhaus stamme, habe durch die biblische Bergpredigt ihre Zuspitzung gefunden.

Noch vor Hitlers Machtergreifung, in der Zeit vorrangig akademischer Wirksamkeit, sei Bonhoeffer der Bergpredigt in einer Weise begegnet wie nie zuvor, schreibt der Ratsvorsitzende in "Zeitzeichen". Diese Begegnung habe ihn zum Christen gemacht, wie Bonhoeffer selbst in selbstkritischer Abgrenzung gegenüber vorausliegenden Phasen seines Lebens sagte. Die Verpflichtung auf Frieden und Gerechtigkeit wurde nun zum bestimmenden Grundmotiv. "Damit verband sich die Überzeugung, dass nicht die unbefleckte Reinheit des eigenen Gewissens, sondern die konkrete Verantwortung für das Leben und die Zukunft anderer Menschen der Leitgedanke christlicher Ethik sei."

Bonhoeffers Nachdenken über ein "religionsloses Christentum" sei auch heute aktuell, wenn von der Wiederkehr der Religion die Rede sei. Bereits in frühen Texten sei diese religionskritische Wendung in Bonhoeffers Theologie zu erkennen gewesen. "Der Glaube als Lebensakt wird dem partiellen Charakter der Religion gegenübergestellt. Nicht Religion schlechthin, sondern eine bestimmte Form der Religion unterliegt Bonhoeffers Kritik – diejenige nämlich, in der die menschliche Frömmigkeit sich Gottes bemächtigen will", schreibt Huber.

Mit dieser theologischen Religionskritik verbinde sich eine bestimmte Interpretation der Moderne. Sie stehe unter dem Vorzeichen des mündig gewordenen Menschen. Bonhoeffer erfasse mit diesem Begriff eine Grundhaltung, wie sie sich in Europa unter der Herrschaft des wissenschaftlichen Wahrheitsbewusstseins entwickelt habe. "Die Mündigkeit des Menschen ernst zu nehmen, ist ein Gebot intellektueller Redlichkeit. Lücken des jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstands zu nutzen, um in ihnen einem als Lückenbüßer verstandenen Gott noch eine Funktion zuzuweisen, ist demgegenüber intellektuell unredlich."

Heute könne dieser theologische Impuls dabei helfen, mit den Erfahrungen einer wiederkehrenden Religion so umzugehen, "dass die christliche Wahrheit nicht von einer neuen religiösen Welle verschlungen wird, sondern ihr gegenüber in ihrer klärenden und orientierenden Kraft wirksam wird."

Hannover, 7. April 2005

Pressestelle der EKD

Silke Fauzi

Hinweis:

Weitere Informationen zu Dietrich Bonhoeffer unter: http://www.dietrichbonhoeffer.de/