IV. Dresdner Symposium zum Staatsrecht „20 Jahre Staatskirchenverträge in Sachsen“

Hans Ulrich Anke

„Praktizierbar im Alltag, einklagbar im Konfliktfall“ - die in den Sächsischen Staatskirchenverträgen geregelten finanziellen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften

Jahrestage von Staatskirchenverträgen lassen sich ganz unterschiedlich begehen. In Hannover wurde vor ein paar Wochen der Festakt zu 50 Jahre Niedersachsenkonkordat begangen. Da war die Grundstimmung gediegen feierlich, mit erbaulicher Musikumrahmung....

Im Freistaat Sachsen haben Sie sich für eine andere Feier-Variante entschieden, nämlich für eine arbeitsame mit ausführlichen Vorträgen und Diskussionen. Sie fragen gründlich in verschiedener Perspektive nach der Tragfähigkeit der seinerzeit gemeinschaftlich gewollten Vertragsregelungen. Und das Ganze auch noch in ökumenischer, ja interreligiöser Verbundenheit aller Religionsgemeinschaften, die diese Verträge mit dem Freistaat Sachsen geschlossen haben.

Solch eine synoptische Aufarbeitung der Vertragsanliegen ist ein Zugang, der mir sehr entgegenkommt. Denn in eine solche Richtung hatte ich vor ziemlich genau ebenfalls 20 Jahren an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg mein Promotionsvorhaben über „Die Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge“ angelegt. Deshalb leiste ich gern hier meinen Beitrag zum Thema der finanziellen Angelegenheiten.

I. Die finanziellen Vertragsregelungen als wesentliche Bausteine einer neuen verlässlichen Grundlage für das religiöse Wirken im Freistaat

Die finanziellen Angelegenheiten nehmen breiten Raum in den Sächsischen Staatskirchenverträgen ein – und das aus gutem Grund. Denn das Grundanliegen für den Abschluss dieser Verträge ist darauf gerichtet, dem freien religiösen Wirken der christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinschaft eine verlässliche und fördernde Grundlage im Freistaat und durch den Freistaat zu schaffen. Für den Staat wie für die Kirchen und die jüdischen Gemeinden gilt: Die Finanzen sind kein Selbstzweck, aber wesentliches Mittel für die eigenen Aufgaben.

In aktuellen Diskussionen zum Religionsverfassungsrecht wird vielfach fahrlässig oder auch bewusst ausgeblendet: Freies religiöses Wirken in und für die Gesellschaft lebt seinerseits von Voraussetzungen, das es selbst nicht garantieren kann. Mein früherer Chef, der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD und Berliner Bischof Prof. Wolfgang Huber hat das jüngst wieder eindrücklich in Umkehrung eines berühmten Diktums von Ernst Wolfang Böckenförde ausgeführt. Einerseits sind das die geistlichen Voraussetzungen, denn da gilt – nicht nur in dieser Woche vor Pfingsten: „Gottes Geist weht, wo er will.“ (Johannes Kap. 3 Vers 8). Andererseits geht es da aber auch um materielle Voraussetzungen, um die stabilen, befähigenden Grundlagen für das religiöse Wirken im säkularen Staat. Und damit sind wir genau bei dem Kernanliegen der Staatskirchenverträge - generell und besonders auch der Sächsischen Verträge. 

Der Freistaat Sachsen liegt mit seinen Vertragsanliegen dazu sehr auf der Linie der bisherigen Staatskirchenverträge. Einen Aspekt stellen die neuen Vertragsschlüsse aber in besonderer Weise heraus, nämlich die gemeinwohlorientierte Bindung kirchlicher Auftragswahrnehmung. Bereits die Sächsische Verfassung verweist dazu in Art. 109 Abs. 1 auf die „Bedeutung der Kirchen und Religionsgemeinschaften für die Bewahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen Lebens“. Auf dieser Linie stellt gleich der erste Punkt der Präambel zum Evangelischen Kirchenvertrag Sachsen auf die „gemeinsame Verantwortung für das Wohl des Landes“ ab. Der damalige Sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf fasste es wie folgt zusammen: es gelte „ein Fundament ... für die gemeinsame Arbeit im Dienst an den Menschen ...  und an unserem Land selbst zu schaffen“. Und das gilt ausweislich der amtlichen Vertragsbegründung auch im Hinblick auf den Vertragsschluss mit dem Heiligen Stuhl.

Um etwaigen Missverständnissen gleich vorzubeugen: Die Vertragsform selbst bringt zugleich klar zum Ausdruck, dass es hierbei nicht um Wiederbelebungsversuche staatskirchlichen Gemeinschaftshandelns, sondern um eine freiheitliche Ausgestaltung des freien religiösen Wirkens geht. Auf dieser Linie heben die Vertrags-Präambeln die neue freiheitsbezogene Gestaltungsaufgabe nach 40 Jahren DDR-Regime besonders hervor. Danach gilt es, „unter den neuen politischen Bedingungen einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung das Verhältnis ...  partnerschaftlich neu zu ordnen“[1]. Der Hallenser Staatskirchenrechtslehrer Michael Germann hat auf dieser Grundlage zutreffend die Freiheitsbezogenheit als  d a s  wesentliche Kennzeichen der Staatskirchenverträge in den neuen Bundesländern herausgearbeitet. Denn hier werden „staatlich-hoheitliche Gemeinwohlverantwortung und das kirchliche Freiheitsinteresse“ in freiheitlicher Vertragsform koordiniert, d.h. freies religiöses Wirken wird gefördert und auf Gemeinwohlaspekte bezogen.

Für ein solches Wirken sind die kirchlichen Vertragspartner auf eine verlässliche materielle Basis angewiesen. Die Erfahrungen aus der Zeit der DDR haben die Kirchen diese Einsicht besonders deutlich erfahren lassen. Die kirchenfeindliche Politik des SED-Regimes hat viele Register staatlicher Unterdrückungsinstrumente gezogen: Sie hat das öffentliche Wirken der Kirchen unterbunden, ihren Gemeindeaufbau unterwandert, engagierte Christen drangsaliert und eben auch die materiellen Grundlagen für die kirchliche Arbeit ausgehöhlt.

So war es den Vertragsparteien ein wesentliches Anliegen, gerade auch diese materielle Basis für das freie religiöse Wirken nach freiheitlichen Verfassungsvorgaben auszugestalten und verlässlich zu gewährleisten. Damit war auf Seiten mancher Vertragsbeteiligter fast so etwas wie eine Euphorie für das Recht und für die Rechtsstaatlichkeit in den Beziehungen zwischen Staat und Kirche verbunden. Beispielhaft sei hierfür der damalige Sächsische Landesbischof Johannes Hempel angeführt. Er hob in seiner Festansprache zum Vertragsschluss hervor, dass nun endlich eine verlässliche Grundlage für den Dienst der Kirche gewährleistet sei: „praktizierbar im Alltag und einklagbar im Konfliktfall“. Aus heutiger Sicht fällt es vielleicht schwer, sich in den Erfahrungshorizont der Vertragsbeteiligten nach 40 Jahren DDR-Regime hineinzuversetzen. Aber es tut uns in Staat, Kirche und Gesellschaft gut, doch gelegentlich solche Errungenschaften nicht nur als selbstverständlich hinzunehmen, sondern – so wie beim heutigen Symposium - dankbar wahrzunehmen und neu zu bekräftigen.

Die konkreten Regelungen zu den finanziellen Angelegenheiten sind dabei zumeist zwischen Ev. Kirchenvertrag und Kath. Kirchenvertrag sehr vergleichbar. Vergleichbar sind auch die in den zwanzig Jahren Vertragspraxis immer mal wieder angeführten Kritikpunkte, die in politischen Debatte zumeist aus den Reihen der Linken oder von Bündnis 90/Die Grünen kommen: Sie greifen den Charakter der Verträge als dauerhafte, verlässliche Rechtsgrundlagen an, bezweifeln die Wahrung von Gleichheitsrechten und stellen die Kirchenfinanzierung durch Kirchensteuer und Staatsleistungen in Frage. Deshalb lohnt ein gemeinsamer Blick auf die konkrete Ausgestaltung und Bewährung der finanziellen Regelungen in diesen beiden Verträgen.

Deutliche Unterschiede ergeben sich demgegenüber zu dem Jüdischen Vertrag. Hier bestand ein viel geringerer Regelungsbedarf. Vor diesem Hintergrund gehe ich auf diesen Vertrag gesondert ein.


II. Grundfunktionen von Staatskirchenverträgen

Die Vergewisserung zu den finanziellen Vertragsregelungen setzt bei den grundlegenden Funktionen von Staatskirchenverträgen an. Staatskirchenverträge bieten gegenüber einseitigen Regelungen weitergehende Gestaltungsmöglichkeiten. Diese lassen sich auf fünf Grundfunktionen zurückführen:

1. Kooperationsfunktion

Die Kooperationsfunktionen der Staatskirchenverträge ermöglichen, das Zusammenwirken von Staat und Kirche effizienter, einfacher und verlässlicher auszugestalten als bei je ein­seitiger Regelung. Sie wahren die verfassungsgebotene Unterschiedlichkeit des geistlichen Auftrags der Kirchen und der weltlichen Aufgaben des Staates, beziehen aber die Ausübung der jeweiligen Kompetenzen einvernehmlich aufeinander.

Hintergrund ist, dass es vielfach zu Überschneidungen beim Wirken von Kirche und Staat kommt. Die Kirche wirkt eingeordnet in die staatliche Rechtsordnung, für die der säkulare Staat mit seinen Aufgaben Verantwortung trägt. Andererseits knüpft staatliches Handeln vielfach an religiöse Freiheitswahrnehmung an. Besonders deutlich wird dies bei den sog. gemeinsamen Angelegenheiten, die Kirche und Staat nur im Zusammenwirken bewältigen können. Dazu gehört mit Blick auf die finanziellen Angelegenheiten u.a., die Erhebung von Kirchensteuern und die staatliche Kirchensteuerverwaltung auszugestalten, staatlichen und kirchlichen Denkmalschutz sowie staatliche und kirchliche Aufsicht über Stiftungen aufeinan­der abzustimmen. Zur Kooperationsfunktion gehört weiter, vermögensrechtliche Fragen ein­vernehmlich zu klären, Staatsleistungen zu pauschalieren oder andere Vermögensbeziehun­gen zu vereinfachen, z.B. bei staatlichen Gebäuden mit kirchlicher Widmung, bei staatlichen Patronaten und Baulasten.

Bei den Kooperationsfunktionen besteht ein weiter organisatorischer und verfassungsrecht­licher Gestaltungsspielraum, sofern durch materielle Vorgaben oder verfahrensrechtliche Abstimmungsgebote gewährleistet bleibt, dass der Staat letztverbindlich seine Verantwor­tung für die weltliche Ordnung durchsetzt und allein die Kirchen die religiösen Fragen ent­scheiden. Mit den Kooperationsfunktionen stimmen die Vertragspartner ab, wer von ihnen was, wann, wo und wie bei den gemeinsamen Angelegenheiten oder anderen Überschnei­dungen des jeweiligen Wirkens erledigt.

Auf diese Ebene gehören auch weitere Funktionen wie die sog „Klarstellungsfunktion“ und die „Konkretisierungsfunktion“. Diese lassen sich als Untergruppen den Kooperationsfunktionen zuordnen. Gerade für finanzbezogene Regelungen haben sie eine wichtige Bedeutung zur Beseitigung von Unsicherheiten über das Bestehen und den Umfang von Rechten.

2. Förderfunktion

Das Vertragsinstrument ermöglicht dem Staat eine gezieltere Förderung von Kirchen und Religionsgemeinschaften, die ihm im Rahmen allgemeiner Gesetze verschlossen bleibt. Hierzu zählen zum einen neue finanzielle Leistungsversprechen, die der Staat z.B. gegen­über den jüdischen Gemeinschaften abgibt. Zum anderen geht es um unterschiedliche Be­günstigungen wie die Zusage von Amts- oder Rechtshilfe, Bestandsgarantien für theolo­gische Fakultäten oder Modifikationen des Schatzregals. Solch differenzierende Kirchenför­derung ist unter Beachtung des Gebots der Parität zulässig. Der Staat darf im Rahmen sei­ner säkularen Aufgabenwahrnehmung zwischen Kirchen und Religionsgesellschaften nach Größe und Wirksamkeit, aber auch nach der Kooperations- und Bindungsbereitschaft gemäß ihrem Selbstverständnis differenzieren, soweit er dabei eigene Aufgaben, religionsbezogene Grundrechtsvorsorge oder auch sozial- und kulturstaatliche Gestaltungsanliegen für das Gemeinwohl verfolgt oder staatsentlastendes Wirken der Kirchen unterstützt.

3. Verpflichtungsfunktion

Weitergehend als bei einseitigen Regelungen erlaubt die vertragliche Gestaltung dem Staat kirchliches Wirken auf Gemeinwohlbelange und staatlichen Aufgaben auszurichten. Objek­tive Verfassungsvorgaben und Rechte Dritter sind dabei zu wahren. Zur Verpflichtungsfunk­tion zählen u.a. organisationsbezogene Vertragsbindungen, die dem Staat die Ausübung seiner Ordnungsfunktionen erleichtern, Informations-, Konsultations- und Abstimmungs­pflichten, denkmalrechtliche Vertragspflichten, die Verpflichtung zur Mitwirkung bei gemein­samen Angelegenheiten z.B. beim Religionsunterricht oder bei der Anstaltsseelsorge und die Verpflichtung zu staatsentlastendem Wirken z.B. im Friedhofswesen, bei der Bildung oder in der Diakonie.

4. Absicherungsfunktion

Schließlich bedienen sich Staat und Kirche des Vertragsinstruments, um ihr Verhältnis dau­erhaft und zuverlässig auszugestalten. Die Absicherungsfunktion soll ein höheres Maß an Rechtssicherheit und Verlässlichkeit umfassend für die staatlichen Gewährleistungen zu­gunsten des kirchlichen Wirkens bringen. Deshalb bekräftigen Staatskirchenverträge oft wörtlich bestehendes Verfassungs- oder Gesetzesrecht, so den verfassungsrechtlichen Grundstatus der Religionsgesellschaften, vermögensbezogene Gewährleistungen und eine Vielfalt weiterer Rechtspositionen. Gelegentlich, v.a. bei finanziellen Regelungen, finden sich besondere Revisionsklauseln, mit denen sich der Staat partiell Änderungsmöglichkeiten vor­behält.

Der Umfang der staatskirchenvertraglichen Absicherungswirkung ist im Einzelnen umstritten. Das staatliche Zustimmungsgesetz räumt mit den Regelungen der Staatskirchenverträge den Rang einfachen Gesetzesrechts ein. Dieses bindet Regierung, Verwaltung und Rechtsprechung. Streitigkeiten über die Vereinbarkeit zeitlich späterer Gesetze mit den ver­traglichen Regelungen sind nach dem Grundsatz vertragsfreundlicher Auslegung im Zwei­felsfall zu Gunsten der Vertragsbestimmungen zu entscheiden. Regelmäßig treten allge­meine Gesetze hinter dem speziell für die Religionsgesellschaften geregelten Vertragsrecht zurück. Erst wenn der Gesetzgeber klar zum Ausdruck bringt, von den Bestimmungen der Verträge selbst abweichen zu wollen, kommt es auf die Vertragsbindungen selbst an. Grundsätzlich muss der demokratische Gesetzgeber mit Rücksicht auf die Souveränität des Staates in der Lage sein, von vertraglichen Gewährleistungen abzuweichen. Bis heute nicht abschließend geklärt ist dabei nur, ob er dies uneingeschränkt und ggf. sanktionslos kann.

Das Meinungsspektrum ist vielfältig und hängt unmittelbar mit der Frage nach der Rechts­natur der Vertragsbindungen zusammen. Sieht man sie z.B. als verwaltungsrechtliche Ver­träge, so kann zu ihren Gunsten nur Vertrauensschutz nach dem Verwaltungsverfahrens­recht greifen. Einer Qualifikation als Verwaltungsvertrag stehen aber schon der erklärte Wille der Vertragspartner und die staatsvertraglichen Formen entgegen, mit denen die Verträge geschlossen und in Geltung gesetzt werden. Stellt man auf die Formen ab, so könnte auch an völkerrechtliche Verträge zu denken sein. Völkerrechtliche Bindungen lassen sich durch abweichende staatliche Gesetze nicht unterlaufen, schränken nach ganz überwiegender Meinung aber auch nicht die Kompetenz des staatlichen Gesetzgebers ein, vertragswidrige Gesetze zu erlassen. Eine solche Spaltung zwischen überstaatlicher Vertragsbindung und innerstaatlicher Gesetzesgeltung lässt sich allenfalls für die Kirchenverträge begründen, die in völkerrechtlichen Formen zwischen Staat und Heiligem Stuhl als Völkerrechtssubjekten geschlossen wurden. Zwar gibt es Versuche, aus Gründen der Parität die anderen Staats­kirchenverträge als „quasi-völkerrechtliche“ Verträge auf einer „metajuristischen“, das staat­liche Recht transzendierenden Ebene, in einer „Zone des Öffentlichen“ o.Ä. gleich zu behan­deln. Dies muss aber schon daran scheitern, dass die Landeskirchen und anderen Religionsgesellschaften als staatsunterworfene Rechtssubjekte keinen anderen Ort rechtlicher Begegnung mit dem säkularen Staat haben als eben die staatliche Rechtsordnung.

Innerhalb der staatlichen Rechtsordnung aber sind Normwidersprüche, hier zwischen Vertrag und Ge­setz, verfassungsgemäß aufzulösen. Dabei erfährt das Recht des demokratischen Gesetz­gebers, bestehende Gesetze fortlaufend abändern zu können, Einschränkungen. Der Ge­setzgeber selbst hat sich mit seiner Zustimmung zum Vertragsstaatskirchenrecht und insbe­sondere zu den Gewährleistungen im Rahmen der Absicherungsfunktion auf langfristige Bindungen festgelegt. Dass er dies auch mit Konsequenzen für zukünftige Änderungsvorhaben darf, kann man verfassungsgewohnheitsrechtlich begründen. Man kann aber auch direkt auf die Verfassung abstellen, auf den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz nach Art. 20 Abs. 3 GG oder auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nach Art. 140 GG / Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV. Versteht man Letzteres auch als staatliche Anerkennung unabgeleiteter kirchlicher Eigenrechtsmacht in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes, so bildet es Grundlage und Grenze für staatsrechtliche Vertragsschlüsse von Staat und Kirchen vergleichbar den Gliedstaats- und Eingliederungsverträgen im Bundesstaat. Dies erlaubt eine Bindung des Gesetzgebers, soweit er nicht zur Durchsetzung seiner Gemeinwohlverantwortung auf die Schrankenziehung gegenüber kirchlicher Freiheit durch das für alle geltende Gesetz ange­wiesen ist. Ähnlich darf nach der Argumentation mit Art. 20 Abs. 3 GG der Gesetzgeber vom Vertrag nur abweichen, wenn die von ihm verfolgten Gemeinwohlbelange die Vertrauens­schutzgesichtspunkte überwiegen. In jedem Fall sind verfahrensbezogene Verpflichtungen zu beachten. Die sog. Freundschaftsklausel verpflichtet beide Vertragspartner dazu, vor ein­seitigen Abweichungen eine einvernehmliche Konfliktlösung zu suchen und sich ggf. um eine Vertragsanpassung zu bemühen.

5. Subjektivierungsfunktion

Wichtig ist in diesem Zusammenhang schließlich noch die Subjektivierungsfunktion. Mit ihr wird den kirchlichen Vertragspartnern eine klagefähige Rechtsposition eingeräumt, d.h. auch dass sonst nur objektiv-rechtlich gestalteten Regelungen durch die Aufnahme in das Vertragswerk als subjektive Rechte den kirchlichen Vertragspartnern zuerkannt werden.


III. Die finanziellen Angelegenheiten im Ev. und im Katholischen Kirchenvertrag Sachsen

Nun zu den finanziellen Regelungen in den Verträgen mit den ev. Landeskirchen und mit der katholischen Kirche im Einzelnen:

1. Bekräftigung der Kirchensteuer als bewährter Beitragsform der Kirchenmitglieder

Wesentliche Finanzierungsquelle für das kirchliche Wirken sind die Gaben der Gemeindeglieder - insbesondere die Kirchensteuern. So liegt ihr Anteil beispielsweise in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens bei über der Hälfte aller Einnahmen (103,5 Mio. €, lt. HH-Plan 2015). Weitere gut 25 % (51 Mio. €) kommen aus dem ebenfalls überwiegend aus Kirchensteuern finanzierten EKD-weiten Solidarausgleich der finanzkräftigeren westlichen Landeskirchen, um die Folgen des weitgehenden Traditionsabbruchs durch die Kirchenpolitik des DDR-Regimes abzumildern. Und nur gut 10 % (21 Mio. €) beruhen auf Staatsleistungen.

Der Kirchensteuer kommt danach entscheidende Bedeutung im kirchlichen Finanzsystem auch in Sachsen zu. Die Vertragspartner der Staatskirchenverträge haben deshalb Sorge dafür getragen, dass die Verträge selbst eine verlässliche Grundlage für die Kirchensteuerfinanzierung kirchlicher Arbeit im Freistaat bilden. Hier haben die Vertragspartner ganz bewusst die Absicherungsfunktion der Staatskirchenverträge eingesetzt. Der damalige Sächsische Justizminister Heitmann bekennt sich ausdrücklich zu dem Anliegen, durch vertragliche Regelung dem Landesgesetzgeber die Möglichkeiten zu entziehen, wesentliche kirchensteuerrechtliche Grundsätze einseitig abzuändern. Dazu zählt er neben den kirchlichen Gestaltungsfreiheiten bei den Formen der Kirchensteuer u.a. auch die staatliche Kirchensteuerverwaltung und den Lohnsteuerabzug.

Solche verlässlichen Festlegungen gewinnen im Blick auf Kritik an der Kirchensteuerfinanzierung ihre besondere Bedeutung. Deutliche Anfragen an die Kirchensteuer gab es zu Zeiten der Vertragsschlüsse, und es gibt sie heute. Denn natürlich ist die Kirchensteuer nicht die einzig denkbare Form, um von den Kirchengliedern ihren Beitrag für die Aufgaben der Kirche zu erhalten. Kritik an der Kirchensteuer setzt vor allem bei dem Zwangscharakter, dem Zusammenwirken mit den staatlichen Finanzämtern und einer vermeintlichen Privilegierung der ev. und kath. Kirche an. Die Kirchensteuerfinanzierung bedeutet aber gerade keine Staatsfinanzierung kirchlicher Arbeit, sondern ist im Gegenteil Ausdruck finanzieller Eigenverantwortung der Kirche. Die Einnahmen sind die Beiträge der Mitglieder. Der Staat wird für seine technische Unterstützung bei der Erhebung gut kostendeckend vergütet. Und er verletzt dabei keine Rechte Dritter, wie die ständige Rechtsprechung in Kirchensteuerfragen belegt.

Eine andere Form der Beitragszahlung, etwa als Vereinsbeitrag, würde die meisten der derzeitigen Kirchenaustritte nicht verhindern. Denn die Austretenden haben i.d.R. solchen Abstand zu der Arbeit und der Gemeinschaft in der Kirche gewonnen, dass sie nicht mehr ihren finanziellen Beitrag dazu leisten wollen – egal in welcher Form. Eine staatliche Teilweckbindung der allgemeinen Einkommensteuer, wie sie z.B. als Kultussteuer in Italien erhoben wird, könnte dieses vielleicht teilweise abfangen. Aber sie führte die Kirche in eine größere Abhängigkeit gegenüber dem Staat, brächte im Ergebnis ein deutlich geringeres Steueraufkommen und schränkte die Freiheit der Bürger insgesamt viel stärker ein. Denn dann wären alle Bürger gezwungen, ausgewählte religiöse oder gemeinnützige Zwecke zu finanzieren. Demgegenüber beruht die Kirchensteuerfinanzierung im Ansatz auf einer freiwilligen Grundlage, nämlich der Kirchenzugehörigkeit. Wer zur Kirche gehören will, fällt die Entscheidung, ganz dazu zu gehören, auch mit der Kirchensteuerpflicht – und dieses ganz freiwillig.

Weiter gibt es Kritik daran, dass die Kirchensteuer an die staatliche Einkommensteuer anknüpft, ja überhaupt dass sie als Steuer ausgestaltet ist. Der Finanzrechtler und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Ferdinand Kirchhof etwa will sie neuerdings als „Verbandslast“, als öffentlich-rechtlichen Mitgliedsbeitrag wie bei den Rechtsanwaltskammern behandeln. Seine Argumentation bezieht sich verfassungssystematisch auf Regelungen zur Verteilung der Steuerkompetenzen zwischen Bund und Ländern, für die Art. 140 GG i.V.m Art. 137 Abs. 6 WRV aber bewusst eine Spezialregelung getroffen hat. Entscheidend sind deshalb die religionsverfassungsrechtlichen Zusammenhänge. Und danach ist das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gerade nicht als vom Staat abgeleitete Autonomie für bestimmte öffentlich-rechtliche Verbandszwecke, sondern als umfassende Eigenständigkeit kirchlichen Wirkens in der Schranke des für alle geltenden Gesetzes zu verstehen. 

Vor diesem Hintergrund kann auch der Verfassungs-Wortlaut für die Berechtigung  der Kirchen, „nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben“[2], nicht als dem „schnellen historischen Kompromiss von 1919“ geschuldeter Betriebsunfall angesehen werden. Vielmehr ist es eine bewusste, mittlerweile verfassungsrechtlich fast 100 Jahre in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung durchgetragene Entscheidung, für die Finanzierung von Religionsgemeinschaften durch deren Mitglieder die Form der Steuer anzubieten.

Richtig an dem Vorstoß von Ferdinand Kirchhof erscheint mir aber ein Aspekt der Mitgliederpflege. Die Kirchen müssen sich ungeachtet der steuerlichen Erhebungsform der mitgliedschaftlichen Ausrichtung dieser Finanzierung sehr bewusst sein. Denn anders als bei den staatlichen Körperschaften kann man sich der Kirchenfinanzierung einfach durch Austritt entledigen. Das sollte Konsequenzen u.a. für eine direktere Kommunikation mit den Steuerzahlern haben, etwa bei Veränderungen der Kirchensteuergrundlagen.

Auch für die konkrete Anknüpfung an die staatliche Einkommensteuer gibt es trotz mancher Verwerfungen im Hinblick auf staatliche Lenkungszwecke gute Gründe. Denn der Maßstab der steuerlichen Leistungsfähigkeit gewährleistet insgesamt besser als andere Modelle, dass Kirchenglieder nach ihrer Leistungsfähigkeit zu den Aufwendungen der Kirche beitragen. Wer über viel Einkommen verfügt, soll verhältnismäßig viel zur Finanzierung beitragen. I.d.R. beträgt die Abgabe an die Kirche 1 % des Einkommens, maximal 3,5 %. Ein Beispiel: bei einer Familie mit zwei Kindern sind das monatlich bei einem Bruttoeinkommen 4.000 € rund 13 €, also weniger als eine solche Familie i.d.R. für Aktivitäten im Sportverein ausgibt – vom Essengehen gar nicht zu sprechen. Und dabei ist der Sonderausgabenabzug noch nicht berücksichtigt.

So ist die Kirchensteuer eine besonders effektive, an der Leistungsfähigkeit der Kirchenglieder orientierte Abgabe, die eine solide, planbare Finanzierung der kirchlichen Aufgaben und einen Solidarausgleich zwischen den Gemeinden ermöglicht.

Im Freistaat kam es den Vertragspartnern besonders darauf an, die weiten landesrechtlichen Spielräume staatskirchenvertraglich abzusichern. So umfassen die vertraglichen Gewährleistungen das Recht,  Kirchensteuern zu erheben

  • auf verschiedenen Ebenen, nämlich durch die Landeskirche bzw. Diözese und auch durch die Kirchengemeinden[3]
  • in verschiedenen Arten, nämlich als Steuer vom Einkommen, auf das Vermögen, als Kirchgeld in festen oder gestaffelten Beträgen und als besonderes Kirchgeld in sog. glaubensverschiedener Ehe[4]
  • und zwar sowohl einzeln als auch nebeneinander[5]
  • und dabei Mindestbeträge und Obergrenzen festzulegen[6].
  • Dazu kommt die Zusage, den öffentlich-rechtlichen Gliederungen der Kirche die für das Kirchensteuerwesen notwendigen Meldedaten der Kirchenmitglieder gebührenfrei zu übermitteln[7].

Weiter regeln die Verträge Einzelheiten der Kooperation von Staat und Kirche im Hinblick auf die Kirchensteuererhebung. Die staatliche Verantwortung geht darauf zurück, dass mit der Steuerform staatliche Zwangsmittel in Anspruch genommen werden. Der Freistaat muss in der Konsequenz für die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben Sorge tragen. Eigene Ermessenserwägungen oder eine materielle Aufsicht über die kirchliche Finanzwirtschaft sind dem Staat damit nicht eingeräumt. Die Verträge halten auf dieser Linie staatliche Anerkennungsvorbehalte für die kirchlichen Steuerordnungen und –Beschlüsse sowie Verfahrensabsprachen dazu fest[8].

Die staatliche Verwaltung und Vollstreckung der Kirchensteuer durch die Finanzämter selbst  ist nicht verfassungsrechtlich vorgegeben. Sie wurde aber im Freistaat Sachsen wie in den anderen neuen Bundesländern bereits früh landesgesetzlich eingeführt. Für alle Beteiligten ist eine solche Regelung wie dargestellt von Vorteil. Vor diesem Hintergrund sichern die Staatskirchenverträge auch diesen Teilaspekt der Verwaltung und Vollstreckung der Kirchensteuer[9] einschließich des Lohnsteuerabzugsverfahrens[10] ab. Zugleich halten die Verträge aber auch Voraussetzungen für die Kirchensteuerverwaltung durch den Freistaat fest, wie

  • einheitliche, seit langem auf 9 % fixierte Zuschlagsätze auf die Einkommensteuer[11]
  • die inzwischen auf 3 %  des Kirchensteueraufkommens vereinbarte Verwaltungsentschädigung[12]
  • und eine belastbare Einigung über die Verteilung der Einnahmen[13].

Auf dieser Grundlage verläuft das Zusammenwirken von Staat und vertragsschließenden Kirchen bei der Kirchensteuer im Freistaat Sachsen reibungslos. Die einschlägigen Vertragsregelungen haben sich durchgehend bewährt.

2. Gewährleistung des Kirchengutes

Beide Verträge gewährleisten ausdrücklich das „Eigentum und andere vermögenswerte Rechte“ der vertragsschließenden Kirchen und ihrer Gliederungen[14]. Sie wollen damit den verfassungsrechtlichen Schutz des Kirchengutes[15] in seiner widmungsgemäßen, d.h. vor allem religionsbezogenen Funktion vertraglich absichern. Diesem Schutz unterfallen auch privatrechtliche Organisationsformen, wenn sie der Kirche zugeordnet sind. Vor dem Erfahrungshintergrund der staatlichen Übergriffe während der NS-Zeit und in der DDR ist den Vertragspartnern eine Konkretion besonders wichtig, nämlich die besondere Rücksichtnahme auf die kirchlichen Belange bei staatlichen Enteignungen[16]. In seiner Wirkung dürfte das vom Freistaat eingeräumte Entgegenkommen allerdings nicht viel mehr bewirken als eine Bekräftigung der ohnehin gebotenen Ermessenserwägungen. Ein Zwischenfazit nach 20 Jahren Vertragspraxis: Praktische Problemfälle für gottesdienstliche Gebäude sind nicht bekannt. Betroffen ist zumeist das kirchliche Finanzvermögen, weil es  i.d.R. um die Inanspruchnahme für Straßenbaumaßnahmen geht. Dabei dringt die Kirche nicht so recht mit ihrem in den Grundsätzen kirchlicher Vermögensverwaltung begründeten Anliegen durch, Ersatzflächen statt Ablösungsbeträge zu bekommen.

3. Vermögensentflechtung bei Gebäuden, Patronaten und Kirchschullehen

Ein Erbe der Jahrhunderte währenden staatskirchlichen Prägung des Miteinanders von Staat und Kirchen sind vielfältige Vermögensverflechtungen zwischen ihnen. Mit der Emanzipation der kirchlichen Organisationsformen von den staatlichen stellte sich auch die Aufgabe der Vermögensentflechtung, d.h. der aufgabengerechten Zuordnung der Vermögen auf staatliche und kirchliche Rechtsträger. Dazu kam nach der Wiedervereinigung noch der weitergehende Aufarbeitungsbedarf, der sich aus der Ignoranz des DDR-Rechts im Hinblick auf Vermögens- und Eigentumsrechte ergeben hat. Die Staatskirchenverträge sind zugleich Zeugnis und Motor dieser vermögensbezogenen Umsetzung der Trennung von Staat und Kirche. Denn im Vertragswege lässt sich die Klärung dieser Fragen besonders gut, weil gezielt, einvernehmlich und verbindlich voranbringen.

Die Kirchengutsgarantie schützt auch Nutzungsrechte zu kirchlichen bzw. diakonischen Zwecken an Gebäuden in fremdem Eigentum. So gewährleisten die Verträge für Gebäude im Eigentum des Freistaates die kirchlichen Widmungszwecke. Und sie bekräftigen die damit verbundenen Baulastpflichten des Freistaates für die Unterhaltung dieser Gebäude[17]. Für eine Reihe dieser Gebäude erkennt der Freistaat ganz konkret solche Verpflichtungen zur widmungsgerechten Nutzungsüberlassung und Bauunterhaltung an. Das betrifft auf ev. Seite die Schlosskapellen Augustusburg und Schloss Weesenstein[18] sowie auf katholischer Seite die Kathedrale in Dresden und die Schlosskapellen Hubertusburg, Pillnitz und Moritzburg[19]. Die Kirchen sagen dem Freistaat ihrerseits zu, bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche auf die wirtschaftliche Lage des Freistaates Rücksicht zu nehmen.

Ein Spezialfall solcher vertraglicher Zuordnungen ist die Zusage des Freistaates, für die Anstaltsseelsorge in staatlichen Krankenhäusern und Justizvollzugsanstalten die notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen und für die überwiegend gottesdienstlich genutzten Räume die Bau- und Unterhaltungslast zu tragen[20]. Das zeigt anschaulich, dass Vermögensentflechtung auch im Staat-Kirche-Verhältnis nicht immer die Zusammenführung von Nutzungs- und Eigentumsrechten bedeuten muss, sondern dass es gute Gründe dafür geben kann, kirchliche Nutzungen  auch in Gebäuden des Freistaates zu gewährleisten.

Für das Patronatswesen haben die Vertragspartner die Vermögensentflechtung noch weiter vorangetrieben. Die Regelungen betreffen nur die evangelischen Kirche. Die Vertragspartner waren sich einig, dass das Institut des Patronats überholt sei.

Für die bisher noch nicht getrennten „Kirchschullehen, Küsterschulvermögen, Kirchen- und Schulämter“ enthält der Ev. Kirchenvertrag eine offene „Absichtserklärung“, die weitere Vermögensauseinandersetzung in Zusammenarbeit mit allen Akteuren, d.h. Kirchen, Gemeinden, und den kommunalen Spitzenverbänden, zügig durchzuführen[21]. Schwierigkeiten bereiten nicht nur der aufzuarbeitende lange Zeitraum, sondern auch und vor allem der Umgang mit Grund- und Gebäudeeigentum in der Zeit der DDR. Es geht heute noch um rund 300 Grundstücke, i.d.R. Kirchschullehen. Die zur weiteren Vermögensauseinandersetzung ergangene  Rahmenvereinbarung mit dem Städte- und Gemeindetag setzt bei den jeweiligen Nutzungszwecken bzw.–anliegen der Beteiligten an.

4. Vermögensentflechtung im Besonderen: die pauschalierte Abgeltung der Staatsleistungen

Besondere Aufmerksamkeit bei der staatskirchenvertraglichen Vermögensentflechtung kam und kommt dem Umgang mit den Staatsleistungen zu. Das zeigt auch die bis heute immer wieder vorgebrachte Kritik im parlamentarischen Raum, insbesondere von Seiten Bündnis 90/Die Grünen und von der PDS/Die Linke..

a. Der Umgang mit den Staatsleistungen als schwierigstem Regelungsgegenstand

Für die Verhandlungen selbst ist dieser Bereich vielfach als die schwierigste Regelungsmaterie bezeichnet worden. Das mag zum Einen an dem großen Finanzvolumen gelegen haben, über das man sich insbesondere beim Ev. Kirchenvertrag zu verständigen hatte. Zum Anderen und vor allem waren die damit zusammenhängenden Rechts- und Sachverhaltsfragen hochkomplex. Gegenstand sind die verfassungsrechtlich vom Ablösungsgebot[22] erfassten vorkonstitutionellen, d.h. vor 1919 entstandenen Ansprüche der Kirchen gegenüber dem Staat, die auf fortlaufenden Ausgleich vor allem für die weitgehende Entziehung von kirchlichen Vermögenswerten gerichtet sind.

Die verfassungsrechtliche Ausgangslage lässt sich wie folgt umreißen: Ablösungsverpflichtet sind die Länder, der Bund hat die Grundsätze dafür aufzustellen. Bei der Ablösung ist für einen angemessenen Wertausgleich der abzulösenden Rechtstitel Sorge zu tragen. Denn die verfassungsrechtliche Gewährleistung ist darauf ausgelegt, im Rahmen der durchzuführenden Vermögensentflechtung die durch Säkularisierungsmaßnahmen angegriffene materielle Basis für das kirchliche Wirken nicht weiter auszuhöhlen. Daraus folgt auch, dass bis zur Ablösung die Verpflichtungen Bestand haben und zu erfüllen sind.

Auf dieser Grundlage haben sich die Vertragspartner in Sachsen daran gesetzt, die historischen Verpflichtungen des Freistaates gegenüber den Kirchen akribisch aufzuarbeiten. Dabei ging es darum, den Bestand der Ausgangsansprüche nach dem Grunde, der Höhe und ihrem Fortbestand durch die politischen Zeiten- und Systemwechsel hindurch zu klären. Die Sorgfalt, mit der die Vertragspartner diese Vermögensbeziehungen von den historischen Sachverhalten wie von der rechtlichen Bewertung her durchleuchtet haben, lässt sich an der umfangreichen Dokumentation der einschlägigen Verhandlungsgrundlagen in den Vertragsmaterialien eindrucksvoll ablesen. Insbesondere dem damals zuständigen Referatsleiter im Sächsischen Justizministeriums Rolf Raum gebührt dafür großer Dank. Ich wüsste nicht, wie die maßgeblichen Erwägungen, Rechtsgrundlagen und Sachverhalte für diese komplexe Vertragsmaterie transparenter hätten dargestellt werden können. Und diese Einschätzung bitte ich, nicht als Courtoisie gegenüber dem gastgebenden Freistaat misszuverstehen. Denn schon in meiner Dissertation vor 15 Jahren hatte ich – auch im Quervergleich - dazu festgehalten: „Für größtmögliche Transparenz sorgt der Verhandlungsansatz der Vertragspartner im Freistaat Sachsen“! Deshalb geht auch die wiederholt aufkommende Kritik wegen angeblich mangelnder Nachvollziehbarkeit der Regelungen zu den Staatsleistungen in Sachsen ins Leere. Völlig zu Recht hat die Regierung des Freistaats entsprechende parlamentarische Anfragen kurz und knapp mit Verweis auf die vorliegenden Vertragsmaterialien beantwortet.

b. Die umfassende Abgeltung durch neue Pauschalbeträge

Angesichts der aufgezeigten Schwierigkeiten war beim Umgang mit den Staatsleistungen in besonderem Maß eine Kompromisslösung zwischen Staat und kirchlichen Vertragspartnern gefordert, und d.h. auch spürbare Zurückhaltung der Kirchen bei der Geltendmachung der Ansprüche. Dem haben die Vertragsbeteiligten durch erhebliche Abschläge auf die ermittelnden Beträge der bekannten Rechtstitel Rechnung getragen und dies u.a. mit der eingeschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit des Freistaates Sachsen begründet. So wurden alle Ansprüche der ev. Landeskirchen und der kath. Bistümer sowie ihrer Gliederungen zu einem pauschalen, jährlich zu zahlenden Gesamtbetrag zusammengefasst[23]. Mit diesem Gesamtbetrag werden alle Staatsleistungen abgegolten, ob sie den Vertragspartnern bekannt waren oder nicht[24]. Die Beträge lagen im Ausgangsjahr 1993 bei 25 Mio. DM  für die ev. Landeskirchen und bei 1 Mio. DM für die kath. Bistümer[25]. Da diese Beträge zu weit über 90 % auf Personalaufwand bezogen sind, sollen sie jährlich entsprechend den Besoldungsänderungen der Sächsischen Landesbeamten angepasst werden[26]. Heute liegt der Betrag bei rd. 23 Mio. € für die ev. Landeskirchen und bei gut 900.000 € für die kath. Diözesen. Diese Mittel sind frei von den Kirchen verfügbar, weil sie als Ausgleich für entzogene Vermögenswerte geleistet werden. Sie unterliegen nur den kirchlichen Zweckbindungen nach deren Haushaltsrecht. Eine staatliche Prüfung der Mittelverwendung ist damit obsolet[27].

Die Landeskirchen und Bistümer im Freistaat haben ihrerseits die Verteilung dieses Abgeltungsbetrages unter sich zu regeln[28]. Das begrenzt für den Freistaat den Verwaltungsaufwand und schützt ihn vor etwaigen innerkirchlichen Unstimmigkeiten. Die Verträge sehen darüber hinaus noch Übergangsregelungen und weitere Verfahrensabsprachen vor. Die Verträge sehen darüber hinaus noch einige Übergangsregelungen sowie Verfahrensabsprachen vor, so der Kompromiss für die Abwicklung der Jahre 1990 bis 1992[29] und die monatlich gleiche Ratenzahlung[30] auf ein Konto der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens bzw. des Bistum Dresden-Meißen, wenn die Einigung über die interne Verteilung der Gesamtbeträge an die Staatsregierung erfolgt ist[31] oder alternativ eine Hinterlegung des Betrages, sofern eine Einigung zwischen den vertragsbeteiligten Kirchen fehlte[32].

Auf Seiten der ev. Vertragspartner hat sich zwischenzeitlich durch die Fusion der Kirchenprovinz Sachsen mit der Ev.-Lutherischen Kirche in Thüringen zur Ev. Kirche in Mitteldeutschland eine neue Zusammensetzung der Anspruchsberechtigten ergeben. Dieses hat aber nicht zu durchgreifenden rechtlichen Problemen oder Ansatzpunkten für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt. Der neue Zusammenschluss tritt umfassend in die Rechtsnachfolge der beiden vorhergehenden Landeskirchen ein. Auch in materieller Hinsicht haben sich dadurch keine substantiellen Auswirkungen auf die Grundlagen für die Berechnung des Pauschalbetrags ergeben.

c. Von der Pauschalen Gesamtabgeltung zur Ablösung?

Wie verhalten sich diese Regelungen nun zu dem verfassungsrechtlichen Ablösungsgebot nach Art. 138 Abs. 1 WRV? Manche sehen mit dieser Verständigung bereits das Ablösungsgebot als erfüllt an. Denn die einschlägigen vorkonstitutionellen Ansprüche sind i.S.d. aufgegebenen Vermögensentflechtung systematisch aufgearbeitet und zu einem neuen pauschalen Abgeltungsanspruch mit angemessenem Wertausgleich zusammengeführt worden, mit dem sämtliche ursprünglichen Staatsleistungsansprüche entfallen. Damit sind ganz wesentliche Voraussetzungen für eine Ablösung der Staatsleistungen erfüllt. Es fehlt freilich ein vorlaufendes Grundsätzegesetz des Bundes, bei dem dann auch die Frage zu klären wäre, ob die Ablösung nur in Form eines fixen Gesamtbetrags, ggf. leistbar in Ratenzahlungen, oder auch in Form einer dauernden Rente zulässig ist.

Schaut man genau hin, gehen die beiden Verträge selbst aber nicht von einer „Ablösung“ der Staatsleistungen im Freistaat Sachsen aus. Sie sprechen ausdrücklich von einem „jährlichen Gesamtbetrag“ „zur Abgeltung ... der Ansprüche aus Staatsleistungen“[33]. Die amtlichen Vertragsbegründungen führen den Begriff der Staatsleistung auch für diese neue „Schuldgrundlage“ fort. Mit der umfassenden Pauschalabgeltung sind die Vertragspartner im Freistaat Sachsen aber aus ihrer Sicht zum Thema Staatsleistungen gut aufgestellt. Wenn der Bund seinem Auftrag zur Aufstellung gesetzlicher Grundsätze für die Ablösung nachkommen wird, lässt sich der im Freistaat Sachsen erreichte Stand leicht in eine abschließende Ablösungsregelung für die Staatsleistungen überführen. Und so lange diese ausbleibt, ist man im Freistaat Sachsen durch die Schuldumstellung auf die neuen zusammengeführten Gesamtbeträge zur Abgeltung der disparaten Einzelansprüche schon so weit in der Vermögensentflechtung vorangekommen, dass man diese Regelungen gut, d.h. auch für die Öffentlichkeit gut nachvollziehbar, weiterführen können wird.

5. Weitere finanzbezogene Vertragsangelegenheiten

In den Verträgen finden sich noch etliche weitere finanzbezogene Regelungen. Dazu verweise ich wiederum auf die Schriftfassung, gehe aber auf zwei, drei Punkte ein:

a. Gleichheitswahrende Teilhabe an staatlicher Finanzierung öffentlicher Aufgabenerfüllung

Ein ganz wesentlicher finanzbezogener Grundsatz im Staat-Kirche-Verhältnis zielt darauf ab, kirchliche Träger gleichheitswahrend in die Förderung sozialer, kultureller, bildungsbezogener Arbeit durch den Staat einzubeziehen. Dazu finden sich in den Staatskirchenverträgen des Freistaates Sachsen einige Ansatzpunkte, die thematisch zu den heute vorhergehenden Referaten gehören. Beispielhaft klingt dies für den Bereich allgemeinen Sozialarbeit an: Soweit pastorale, soziale und diakonische bzw. karitative Einrichtungen der Kirchen gemeinwohlbezogene Aufgaben erfüllen und unabhängig von der Kirchenzugehörigkeit in Anspruch genommen werden können, haben deren Träger Anspruch auf angemessene Förderung[34]. Dabei soll das gemeinsame Verständnis leitend sein, „dass die kirchlichen Träger Fördermittel in derselben Höhe beanspruchen können wie kommunale oder andere freie Träger die vergleichbare Leistungen erbringen[35]. Ein solch klares Bekenntnis zum Subsidiaritätsprinzip bei der Leistungserbringung und – finanzierung durch die Kirchen als freie Träger wünschte man sich durchgehend. Denn immer wieder besteht – jedenfalls außerhalb Sachsens - die Gefahr, dass kirchliche Anbieter, auch gegenüber solchen der öffentlichen Hand, benachteiligt werden. Ein anschauliches Beispiel ist dafür im Freistaat Sachsen der lange Weg hin zu auskömmlicher Finanzierung kirchlicher Schulen.

b. Gemeinsame Aufgaben und gemeinsame Finanzierung 

Bei den sog. „gemeinsamen Angelegenheiten“ von Staat und Kirche wie

  • der Anstaltsseelsorge[36],
  • dem Religionsunterricht[37]
  • und der Theologischen Ausbildung an staatlichen Hochschulen[38]

 ist wiederum wichtig, dass der Staat dabei seine eigenen Aufgaben auch selbst verlässlich erbringt und finanziert.

Einen Sonderfall bildet der Denkmalschutz. Er zählt klassischer Weise nicht zu den „gemeinsamen Angelegenheiten“, zu Recht aber betonen der Freistaat und die Kirchen in den Staatskirchenverträgen ihre gemeinsame Verantwortung für den Schutz und Erhalt der kirchlichen Kulturdenkmale[39]. Daraus leiten die Vertragspartner einerseits eine Verpflichtung der Kirchen ab, diese Denkmale „im Rahmen des Zumutbaren“ zu erhalten, zu pflegen und nach Möglichkeit öffentlich zugänglich zu machen[40]. Der Freistaat Sachsen gewährt den Kirchen im Gegenzug in Anknüpfung an eine entsprechende Vorgabe in Art. 112 Abs. 2 Sächs.Verf.  einen „Anspruch auf angemessene Kostenerstattung nach Maßgabe der Gesetze“ und entsprechende Berücksichtigung bei der Vergabe staatlicher Mittel[41]. Das klingt im Ansatz gut. Es bringt aber letztlich keine wirklich belastbaren Verpflichtungen des Freistaates mit sich und führt so dann doch weitgehend dazu, dass die Kirchen die extrem kostenaufwendige Last für die Erhaltung und Bauunterhaltung der Kirchen in Sachsen im Wesentlichen selbst zu tragen haben. Allein in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens stehen 1220 Kirchen und Kapellen unter Denkmalschutz!

c. Finanzierung kirchlicher Friedhöfe

Finanziell von großer Bedeutung sind schließlich die kirchlichen Friedhöfe. Die Kirchen tragen mit ihren Friedhöfen den weit überwiegenden Teil des öffentlichen Bestattungswesens. Sie entlasten damit weitestgehend die Kommunen von der eigentlich ihnen obliegenden Pflichtaufgabe. Und dennoch sehen die Staatskirchenverträge weder eine finanzielle Förderung durch den Freistaat vor noch ebnen sie einer verlässlicheren Unterstützung durch die Kommunen den Weg. Immerhin aber stellen die Staatskirchenverträge eine belastbare staatliche Rechtsgrundlage für den Erlass der Benutzungs- und Gebührenordnungen für kirchliche Friedhofsträger zur Verfügung[42]. Und der Freistaat gewährleistet den Betreibern kirchlicher Friedhöfe auf Antrag Unterstützung bei der Beitreibung von Gebühren für die Benutzung und Unterhaltung der Friedhofsanlagen[43].


IV. Die finanziellen Angelegenheiten im Jüdischen Vertrag Sachsen, insbesondere: die Gesamtzuwendung

Die vertraglichen Gestaltungsanliegen im Jüdischen Vertrag Sachsen fallen deutlich begrenzter aus. Anknüpfend an Art. 117 Sächs. Verfassung stellen die Vertragspartner in der Präambel folgende zwei finanziell bedeutsamen Vertragsmotive heraus[44]:

  1. das „ Bewusstsein, für das jüdische Leben in diesem Lande eine besondere Verantwortung zu tragen, die aus der Geschichte Deutschlands gewachsen ist“  sowie dementsprechend
  2. das „Bestreben, das kulturelle Erbe des Judentums im Freistaat zu wahren und zu pflegen“. 

Der Landesverband und die jüdischen Gemeinden in Sachsen waren zur Aktivierung des kulturellen und religiösen jüdischen Lebens in fast jeder Hinsicht auf tatkräftige Unterstützung angewiesen. Das betrifft die Erhaltung und den Schutz jüdischer Gebäude und jüdischer Friedhöfe, auch der verwaisten.

Der  Freistaat sagt zu, für die angemessene Sicherung jüdischer Friedhöfe und für die Instandsetzung im Falle mutwilliger Beschädigung oder Zerstörung Sorge tragen und die Betreuung verwaister jüd. Friedhöfe zu fördern[45]. Ähnlich wie die ev. und die kath. Vertragsbeteiligten verpflichten sich auch die jüdischen Vertragspartner, ihre Kulturdenkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten, zu pflegen und nach Möglichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen[46]. Dafür besteht ebenfalls Anspruch auf angemessene Kostenerstattung nach Maßgabe der Gesetze durch den Freistaat und auf angemessene Berücksichtigung bei der Vergabe staatlicher Mittel [47]. Zusätzlich erklärt sich der Freistaat bereit, „im Rahmen seiner haushaltsmäßigen Möglichkeiten“ Zuschüsse zu leisten für die Errichtung von Gebäuden, die Kultuszwecken der jüd. Gemeinden dienen, sowie bei wesentlichen baulichen Maßnahmen an solchen Gebäuden. Voraussetzung dafür ist, dass der Landesverband und die einzelne Gemeinde nicht in der Lage sind, die erforderlichen Mittel aufzubringen[48].

Von zentraler Bedeutung für die Gestaltung der finanziellen Angelegenheiten  ist aber die Regelung des Gesamtzuschusses nach Art. 4 JüdV. Der Landesverband erhält danach für seine Arbeit und die der jüdischen Gemeinden ab dem Jahr 1994 eine pauschale jährliche Zahlung. Diese betrug zunächst 900.000 DM. Jeweils nach 10 Jahren soll der Gesamtbetrag überprüft und angepasst werden[49]. Für die Bemessung des Pauschalbetrages zum Jahr 1994 waren die Vertragspartner von einer Mitgliederzahl von etwa 200 in den drei jüdischen Gemeinden ausgegangen. Nach zehnjähriger Vertragslaufzeit ist diese finanzielle Leistung überprüft und - beginnend mit dem Jahr 2005 auf 725.000 € angehoben worden[50]. Dem lag die seinerzeitige Zahl von 2.369 Gemeindegliedern und ein prognostizierter Anstieg auf 2.500 Mitglieder zugrunde[51]. Für 2015 steht erneut eine Überprüfung an.

Diese finanzielle Leistung beruht nicht auf herkömmlichen Rechtspflichten aus Staatsleistungen wie gegenüber der ev. und der kath. Kirche. Vielmehr geht es um eine fördernde Zahlung. Solche neuen Verpflichtungen zu regelmäßigen Leistungen des Staates an Religionsgemeinschaften sind nicht durch das Ablösungsgebot für Staatsleistungen nach Art. 140/Art. 138 Abs. 1 WRV ausgeschlossen. Sie bedürfen aber tragfähiger rechtlicher Gründe, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates und zu paritätischer Behandlung der Religionsgemeinschaften standhalten. Dieses ist bei der Gesamtzuwendung an den Landesverband der Jüdischen Gemeinden gewährleistet. Denn sie soll eine „gewisse finanzielle Grundausstattung“ zur Sicherung des Überlebens der verarmten jüdischen Gemeinden auch in Kompensation für ihre Aufreibung in der NS-Zeit schaffen. Auf diese Weise soll sie dazu beizutragen, dass die Jüdischen Gemeinden Sorge für die kulturellen und religiöse Bedürfnisse tragen und auch über den Landesverband den dazugehörige Verwaltungsaufwand leisten können. Der Vertrag weist diese klare Zweckbindung ausdrücklich inklusive der Finanzierung der Personal- und Sachkosten des Landesrabbiners und seines Sekretariates in Art. 4 Abs. 1 aus. In der Konsequenz hat der Landesverband dem Freistaat mit einem Geschäftsbericht jährlich die zweckentsprechende Verwendung der finanziellen Leistungen in den Gemeinden und im Landesverband nachzuweisen. Diese kann der Freistaat über seinen Rechnungshof nachprüfen[52].

Auch für diese Leistung soll aber der Gedanke der Gesamtleistung gelten. D.h. alle Fördermaßnahmen des Freistaates gegenüber dem Landesverband und auch gegenüber den jüdischen Gemeinden sind mit dieser pauschalen Zuwendung erbracht[53]. Ausnahmen gelten nur für die im Vertrag selbst getroffenen besonderen Verabredungen. Schwierigkeiten ergeben sich zumindest potentiell bei der Aufteilung dieser Gesamtförderung auf die jüdischen Gemeinden im Freistaat Sachsen. Für die Verteilung ist nach dem Vertrag der Landesverband verantwortlich[54]. Die ursprüngliche Vertragsfassung sah hierzu ein weites Ermessen des Landesverbandes vor. Die Neufassung hat demgegenüber schon zu klareren Vorgaben für die Aufteilung der Gesamtzuwendung an Jüdische Gemeinden mit und ohne Anbindung an den Landesverband geführt. Für den Anspruch auf Teilhabe an der Gesamtförderung halten die Vertragspartner gemeinschaftlich einen Katalog von Anspruchsvoraussetzungen fest: Danach müssen die Gemeinden

1. religiöses jüdischen Leben gestalten,

2. nach ihrer Verfassung und der Mitgliederzahl die Gewähr der Dauer bieten,

3. die grundlegenden Verfassungsprinzipien achten und

4. im Judentum Anerkennung und Aufnahme als jüdische Gemeinde gefunden haben.

Der Landesverband hat auf der Grundlage eines Votums der Deutschen Rabbinerkonferenz festzustellen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind[55]. Auch Neugründungen sind auf diese Weise bei der Mittelverteilung zu berücksichtigen. Der Landesverband hat den Freistaat von etwaigen Ansprüchen jüdischer Gemeinden auf finanzielle Förderung freizustellen[56].

Die Fragen nach einer sachgerechten und rechtskonformen Verteilung der Gesamtförderung gewinnen weiter an Bedeutung. Denn durch Zuwanderung insbesondere aus Mittel- und Osteuropa wächst die Zahl der in Deutschland und auch im Freistaat Sachsen lebenden Juden. Und diese bringen aus ihren Kontexten jüdische Prägungen mit, die sie z.T. zu anderen gemeindlichen Organisationsformen führen als das bisherige Modell der Einheitsgemeinden unter dem Dach des Zentralrats der Juden in Deutschland. Das hat in einigen Bundesländern zu Rechtsstreitigkeiten über die Teilhabe verbandsfremder jüdischer Gemeinden an den staatlichen Gesamtzuwendungen geführt. Die dazu ergangenen Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts[57] und des Bundesverwaltungsgerichts[58] werfen Zweifel auf, ob das Verteilungsregime nach dem Jüdischen Vertrag Sachsen vollständig den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird. Das Bundesverfassungsgericht verlangt bei finanzieller Förderung von Religionsgemeinschaften hinreichende organisatorische Vorkehrungen zu staatlicher Neutralitätswahrung. So sind strukturelle Gefährdungslagen zu vermeiden, bei denen Entscheidungskompetenzen für die Weiterverteilung von Förderanteilen mit eigener Anspruchsberechtigung zusammenfallen. Denn hier könnten Befangenheiten, Interessenkollisionen und Abhängigkeitslagen auftreten.

Ein solches Risiko besteht auch für das Verteilungsregime nach dem Jüdischen Vertrag Sachsen. Denn hier ist der Landesverband mit der Weiterverteilung von Anteilen aus der Gesamtförderung des Freistaates auch an verbandsfremde Gemeinden beauftragt und muss so ggf. seine eigene Teilhabe in Konkurrenz zu diesen abstecken. Klare Verteilungskriterien werden im Vertrag nicht benannt. Man könnte mit der Bemessungsgrundlage für den Dotationsbetrag auf die Mitgliederzahlen abstellen. Dann bleibt aber das Problem, dass die Teilhabe aller, ggf. auch verbandsfremder jüdischer Gemeinden an der staatlichen Förderung allein über die Verteilung durch den Landesverband vorgegeben ist. Die Vertragsregelungen sprechen hier deutlich davon, dass mit der Gesamtzuwendung „sämtliche Fördermaßnahmen des Freistaates“ auch an „die einzelnen jüdischen Gemeinden erfasst“ sind und „die Zuschüsse für neu entstehende Gemeinden einschließen“[59].

Vor diesem Hintergrund passt es gut, dass nun ohnehin die turnusmäßige Überprüfung der Gesamtzuwendung ansteht[60]. Diese Revision kann zu Nachbesserungen genutzt werden. Dazu bieten sich unterschiedliche Optionen an: Die sicherste Lösung ist, die Förderung jüdischer Gemeinden, die nicht dem Landesverband angehören, ganz aus dem Vertragsregime herauszunehmen und eigenständig zu gestalten. Der Freistaat kann aber auch weitgehend an dem bisher Gewollten festhalten, d.h. ein abschließendes Verteilsystem mit einem gedeckelten Gesamtbetrag für alle jüdischen Gemeinden unabhängig von deren Verbandszugehörigkeit ausgestalten. Dazu hat das Land Nordrhein-Westfalen jüngst nach einem Konzept von Göttinger Staatskirchenrechtslehrers Hans Michael Heinig ein interessantes Modell in seinem Vertrag mit den Jüdischen Verbänden etabliert. Dort werden Teilhabeansprüche verbandsfremder jüdischer Gemeinden mit einem ausführlichen Katalog von Anspruchsvoraussetzungen in das Vertragswerk integriert, das Land für diese Ansprüche aber als direkter Anspruchsverpflichteter festgehalten. Vielleicht reicht es aber auch einfach aus, nach bayrischem Vorbild neben den maßgeblichen Verteilungskriterien im bisherigen Vertrag vor allem klarzustellen, dass Teilhabeansprüche verbandsfremder Gemeinden prinzipiell gegenüber dem Freistaat weiter bestehen. Dann kann der Freistaat sich weiter vom Landesverband von solchen Ansprüchen freistellen lassen[61], im Streitfall solchen Ansprüchen ggf. selbst nachkommen und dann diese Zahlung vom Gesamtbetrag an den Landesverband wiederum abziehen. Soweit ein paar Anregungen für die anstehende Überprüfung und Anpassung der Gesamtzuwendung nach dem Jüdischen Vertrag Sachsen, ganz vorsorglich, denn in Sachsen gab es dazu noch keine Konfliktfälle.
 

V.  Ausblick

Was lehrt der Rückblick auf 20 Jahre Staatskirchenverträge in Sachsen zu den finanziellen Angelegenheiten? Es gibt schon noch einige Baustellen, etwa

  • bei der Ausgestaltung der Gesamtzuwendung für die Jüdischen Gemeinden in Sachsen,
  • bei der Vermögensentflechtung, insbesondere im Verhältnis zwischen Kirchgemeinden und Kommunen,
  • bei der finanziellen Ausgestaltung der gemeinsamen Verantwortung für die kirchlichen Kulturdenkmale oder
  • im Hinblick auf eine konsequent gleichheitswahrende Berücksichtigung kirchlicher Träger bei der finanziellen Förderung öffentlicher Aufgabenwahrnehmung. 

Vor allem aber hat sich gezeigt, dass die Staatskirchenverträge tatsächlich insgesamt eine verlässliche, belastbare Grundlage für das freie Wirken der Kirchen und Jüdischen Gemeinden zum Lobe Gottes und zum Besten der Gesellschaft und der Bürger im Freistaat Sachsen geschaffen haben. Das Vertragsstaatskirchenrecht in Sachsen hat sich auch im Hinblick auf die finanziellen Angelegenheiten als flexibles Instrument zur Ausgestaltung verlässlicher und effizienter Kooperation von Staat und Kirchen bewährt. Es gewährleistet Freiräume kirchlichen Wirkens und dient dabei zugleich dem Gemeinwohl. Es kann den Be­sonderheiten der jeweiligen Verhältnisse angemessen Rechnung tragen und ermöglicht dif­ferenzierte Lösungen, ohne gegen das Gebot der Parität zu verstoßen.

Die eingangs angeführten Zielsetzungen an die Staatskirchenverträge sind damit erfüllt. Die Vertragsregelungen sind mit den Worten des früheren Sächsischen Landesbischofs Johannes Hempel tatsächlich gut praktizierbar im Alltag. Und sie wären einklagbar im Konfliktfall. Das Letztere aber ist praktisch gar nicht erforderlich, weil alle Vertragsbeteiligten die Regelungen so im Geiste der heute oft angeführten Vertragspartnerschaft anwenden, dass etwaige Meinungsverschiedenheiten in aller Regel freundschaftlich geklärt werden können. Auch das zeigt die Stärke des eingeschlagenen Weges staatskirchenvertraglicher Verständigung.

Diese verlässliche Basis stärkt entscheidend das breite Engagement der kirchlichen Vertragspartner, so weit wie möglich als Kirche für das Volk in der Fläche präsent und nah bei den Menschen im Freistaat zu sein. Davon lassen sich - ungeachtet der in Folge von Mitgliederverlusten zurückgehenden Kräfte - viele eindrucksvolle Erfolgsgeschichten erzählen. Hier nur ein paar Zahlen aus der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, die für das große, ja weiter wachsende Engagement der Kirchen stehen:

  • Seit Vertragsschluss hat sich die Zahl der ehrenamtlich in der Landeskirche Engagierten um 20 % auf über 65.000 Freiwillige gesteigert. Und aus anderen Studien wissen wir: Wer sich in der Kirche engagiert, tut dies oft auch in vielen anderen Zusammenhängen – und steigert - ganz nebenbei bemerkt - auch die eigene Lebenszufriedenheit!
  • Mit ihrer Kinder- und Jugendarbeit zieht die Sächsische Landeskirche regelmäßig rd. 60.000 Teilnehmer an.
  • Mit Seminaren und Vortragsangeboten erreicht die Sächsische Landeskirche in über 6.000 Veranstaltungen fast 450.000 Teilnehmer, mit gut 3.500 kirchenmusikalischen Veranstaltungen über 670.000 Interessierte.
  • Die evangelischer Träger haben in den vergangenen zehn Jahren ihr Engagement bei den Tageseinrichtungen für Kinder um über ein Viertel auf 275 Einrichtungen und bei den Evangelischen Schulen um über die Hälfte gesteigert.

Auch die katholische Kirche kann eindrucksvoll aufzeigen, was sie für die Gemeinschaft leistet, z.B. mit ihrem Eigenanteil bei den Schulen von über 3 Mio. €.

Der in diesen Wochen aus dem Dienst scheidende Sächsische Landesbischof Jochen Bohl hat in ökumenischer Verbundenheit mit dem katholischen Bischof von Dresden-Meißen die Bedeutung der Staatskirchenverträge treffend auf den Punkt gebracht:

„...Die Verträge stellen das breite kirchliche Engagement in der Gesellschaft auf eine verlässliche rechtliche Grundlage. Diese vertraglichen Regelungen in Frage zu stellen, bedeutet, dieses Engagement anzuzweifeln, an dem viele Mitbürgerinnen und Mitbürger Anteil haben, gleich ob sie Kirchenmitglieder sind oder nicht“[62].

Auch vor diesem Hintergrund ist es richtig, den eingeschlagenen Weg der Vertragspartnerschaft zwischen Staat, Kirchen und Jüdischen Gemeinden beherzt weiterzugehen, und beherzt heißt eben auch mit Gottvertrauen! Vielen Dank!

Fußnoten:

[1] Präambel 2. Spiegelstrich EvKV; ähnlich Präambel 2. Spiegelstrich KKV.

[2] Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV.

[3] Art. 16 Abs. 1 S. 1 EvKV; Art. 21 Abs. 1 S. 1 KKV.

[4] Art. 16 Abs. 1 S. 2 EvKV; Art. 21 Abs. 1 S. 2 KKV.

[5] Art. 16 Abs. 1 S. 3 EvKV; Art. 21 Abs. 1 S. 3 KKV.

[6] Schlussprotokoll zu Art. 16 Abs. 1 S. 1 EvKV; Schlussprotokoll zu Art. 21 Abs. 1 KKV.

[7] Art. 15 Abs. 1 und 2 EvKV und Art. 23 Abs. 1 und 2 KKV jeweils mit Schlussprotokoll.

[8] Art. 16 Abs. 3 EvKV; Art. 21 Abs. 3 KKV. In diesen Zusammenhang gehören weiter:

- Vorlagepflicht für kirchliche Rechtsgrundlagen (Art. 16 Abs. 4 S. 1 EvKV mit Schlussprotokoll; S. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 21 Abs. 3 KKV),

- Anerkennungsfiktion bei unveränderten Rechtsgrundlagen (Art. 16 Abs. 4 S. 2 EvKV; S. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 21 Abs. 3 KKV)

- einheitliche Zuschlagsätze für die Bemessung der Kirchensteuer vom Einkommen zu einigen (Art. 16 Abs. 2 EvKV; Art. 21 Abs. 2 KKV).

[9] Art. 17 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 EvKV; Art. 22 S. 1 und 3 KKV.

[10] Art. 17 Abs. 1 S. 2 EvKV; Art. 22 S. 2 KKV.

[11] Schlussprotokoll zu Art. 16 Abs. 2 EvKV; Schlussprotokoll zu Art. 21 Abs. 2 KKV.

[12] Art. 17 Abs. 2 S. 1 und 2. EvKV; lit. b) S. 1 u. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 22 KKV.

[13] Schlussprotokoll zu Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EvKV; lit. a) des Schlussprotokolls zu Art. 22 KKV.

[14] Art. 8 Abs. 1 EvKV, Art 16 Abs. 1 KKV mit Schlussprotokoll.

[15] Art. 138 Abs. 2 WRV i.V.m. Art. 140 GG sowie Art. 109 Abs. 4 Sächsischen Verfassung.

[16] Art. 8 Abs. 2 EvKV, Art 16 Abs. 2 KKV.

[17] Art. 11 Abs. 1 EvKV, Art 17 Abs. 1 KKV.

[18] S. 1 des Schlussprotokolls zu Art.11 Abs. 1 EvKV.

[19] S. 1 des Schlussprotokolls zu Art. Art 17 Abs. 1 KKV.

[20] Art. 13 Abs. 1 EvKV mit Schlussprotokoll; Art 12 Abs. 1 KKV mit Schlussprotokoll.

[21] Art. 12 Abs. 2 EvKV mit Schlussprotokoll.

[22] Art. 138 Abs. 1 WRV i.V.m. Art. 140 GG bzw. Art. 109 Abs. 4 Sächs.Verf.

[23] Art. 14 Abs. 1 S. 1 EvKV; Art. 20 S. 1 KKV.

[24] S. 1 und 2 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 1 EvKV; lit. a) S. 1 und 2 des Schlussprotokolls zu Art. 20 KKV.

[25] Art. 14 Abs. 2 EvKV; Art. 20 KKV.

[26] Art. 14 Abs. 3 EvKV; Art. 20 S. 2 KKV.

[27] S. 1 und 2 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 2 EvKV; lit. b) S. 1 und 3 des Schlussprotokolls zu Art. 20 KKV.

[28] Art. 14 Abs. 1 S. 2 EvKV; lit. b) S. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 20 KKV.

[29] S. 3 bis 5 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 2 EvKV; lit. d) des Schlussprotokolls zu Art. 20 KKV.

[30] Art. 14 Abs. 4 EvKV; lit. c) S. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 20 KKV.

[31] S. 1 bis 3 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 4 EvKV; lit. c) S. 1 bis 3 des Schlussprotokolls zu Art. 20 KKV.

[32] S. 4 des Schlussprotokolls zu Art. 14 Abs. 4 EvKV; lit. c) S. 4 des Schlussprotokolls zu Art. 20 KKV.

[33] Art. 14 Abs. 1 S. 1 EvKV; Art. 20 S. 1 KKV.

[34] Art. 20 Abs. 1 S. 2 EvKV; Art. 9 Abs. 1 S.. 2 KKV, vgl. auch Art. 110 Abs. 1 SächsVerf.

[35] Schlussprotokoll zu Art. 20 Abs. 1 S. 2 EvKV; Schlussprotokoll zu Art. 9 Abs. 1 S. 2 KKV.

[36] Art. 13 EvKV; Art. 12 KKV.

[37] Art. 5 EvKV; Art. 3 KKV.

[38] Art. 3 EvKV; Art. 5 KKV

[39] Art. 10 Abs. 1 EvKV; Art. 19 Abs. 1 KKV.

[40] Art. 10 Abs. 2 EvKV; Art. 19 Abs. 2 KKV.

[41] Art. 10 Abs. 3 S. 1 EvKV; Art. 19 Abs. 3 S. 1 KKV.

[42] Art. 22 Abs. 2 EvKV und Art. 18 Abs. 2 KKV.

[43] Art. 22 Abs. 3 EvKV mit Schlussprotokoll; S. 1 bis 3 des Schlussprotokolls zu Art. 18 Abs. 2 KKV.

[44] Präambel 1. und 2. Spiegelstrich JüdV.

[45] Art. 2 Abs. 2 und 3 JüdV.

[46] Art. 5 Abs. 1 S. 1 JüdV.

[47]Art. 5 Abs. 1 S. 1 JüdV mit Schlussprotokoll.

[48] Art. 5 Abs. 2 JüdV.

[49] Schlussprotokoll zu Art. 4 Abs. 1 JüdV.

[50] Art. 4 Abs. 1 n.F.

[51] S. 4 des Schlussprotokolls zu Art. 4 JüdV n.F.

[52] S. 5 bis 7 des Schlussprotokolls zu Art. 4 JüdV.

[53] Art. 4 Abs. 2 JüdV und S. 3 des Schlussprotokolls zu Art. 4 JüdV.

[54] S. 1 und 2 des Schlussprotokolls zu Art. 4 JüdV.

[55] S. 4 und 5 des Schlussprotokolls zu Art. 4 Abs. 2 JüdV.

[56] S. 3 des Schlussprotokolls zu Art. 4 Abs. 2 JüdV.

[57] BVerfGE 123, 148 ff.

[58] BVerwGE 116, 86 ff.

[59] Art. 4 Abs. 2 JüdV mit Schlussprotokoll.

[60] Schlussprotokoll zu Art. 4 Abs. 1 JüdV.

[61] S. 3 Schlussprotokoll zu Art. 4 Abs. 2 JüdV.

[62] Die Stärkung solchen Engagements in der Gesellschaft scheint heute notwendiger denn je zu sein. Protesterscheinungen wie die von Dresden ausgehende „Pegida“ zeigten, dass hier Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens selbst in Frage stehen, wie der Sächsische Landesbischof Jochen Bohl in einem Rundbrief an die Sächsischen Pfarrer vor einigen Wochen schrieb. Manche Zuschriften hätten ihn „unter dem Eindruck politischer Unbildung ... gerade zu erschauern“ lassen. Bohl sieht einen Grund auch in der „ausgeprägten Institutionenschwäche, die für Ostdeutschland signifikant ist“. Nach der Befreiung von den starren Strukturen der DDR-Staatsmacht seien „weitgehend Leerstellen“ geblieben. Parteien und Gewerkschaften hätten „bestürzend wenige Mitglieder“ und kaum Mobilisierungskraft, überregionale Tageszeitungen würden nicht gelesen, die Innungen fänden bei den Handwerksbetrieben keine Akzeptanz, Familienformen seien zerbrechlich...“ Die Kirchen werden das für sich mit ihrem Wirken nicht auffangen können. Es ist auch gar nicht im Kern ihre Aufgabe, und auch sie haben mit Mitgliederrückgängen zu kämpfen. Aber die Vorgänge zeigen, wie gut und wichtig es ist, mit den Kirchen engagierte Akteure und auch Institutionen verteilt über das gesamte Gebiet des Freistaates zu haben, die nicht Eigeninteressen verpflichtet sind, sondern sich gemäß ihres Auftrags für den Nächsten und zum Besten der Gemeinschaft einsetzen.