Kirchen protestieren gegen Kürzungspläne bei Sozialleistungen für Flüchtlinge

Berlin (epd). Angesichts der Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Flüchtlingen drängen auch die Kirchen auf schnelle Antworten der Politik. Es müssten pragmatische, unbürokratische und für die Asylsuchenden annehmbare Lösungen gefunden werden, heißt es in einer am 10. September verbreiteten Erklärung des Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, und dem Leiter des Katholischen Büros, Karl Jüsten. Scharf protestieren die Prälaten darin gegen die Pläne zur Einschränkung bei den Sozialleistungen für Flüchtlinge. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach indes eine weitere Beschleunigung der Asylverfahren. 

Die Situation von Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu verschlechtern, etwa durch die Einschränkung von Bargeldauszahlungen, "lehnen wir ab", heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Prälaten. Damit würden Verbesserungen, die Bundesregierung und Länder im Herbst 2014 gerade erst beschlossen haben, wieder aufgehoben.

Kirche begrüßt Entscheidung für mehr Personal

Beim Koalitionstreffen zur Flüchtlingspolitik verständigten sich Union und SPD darauf, in Erstaufnahmeeinrichtungen wieder Sachleistungen statt Bargeld auszugeben. Für ausreisepflichtige Ausländer droht die Koalition auch eine Reduzierung der Sozialleistungen an. "Eine Absenkung unterhalb des Existenzminimums, um die Ausreise zu befördern, ist nicht zulässig", kritisierten die Kirchenvertreter.

Dutzmann und Jüsten begrüßen darüberhinaus die Pläne zur Aufstockung des Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig ist. "Das lässt hoffen, dass die Verfahren schneller abgeschlossen werden." 

Darauf dringen auch die Länder. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) drang am Donnerstag in einer Sondersitzung des Landtags auf mehr Personal als bislang versprochen für das Bundesamt für Migration. "Sonst werden die Aktenberge immer wachsen und die Überforderung aller Beteiligten weiter zunehmen", sagte Weil.

Merkel: Mitarbeiter von Bundesamt für Flüchtlinge geben ihr Bestes

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte währenddessen die Außenstelle des Bundesamts in Berlin, um jenen Mitarbeitern für ihren Einsatz zu danken. Unter schwierigen Bedingungen gäben sie im Bundesamt ihr Bestes, sagte Merkel nach dem Besuch in Berlin-Spandau. Sie versprach, weiter über die Beschleunigung der Asylverfahren zu sprechen. Konkrete Pläne und Zusagen gab es aber nicht.

Mehr als fünf Monate dauert momentan durchschnittlich die Bearbeitung eines Asylantrags. Solange müssen die Asylsuchenden, egal ob ihr Antrag am Ende bewilligt oder abgelehnt wird, untergebracht werden. Die Länder, die dafür zuständig sind, erhoffen sich Entlastung durch schnellere Verfahren. Ziel der Koalition sind drei Monate. Seit einiger Zeit entwickelt sich die Bearbeitungsdauer auch angesichts der steigenden Zahlen nicht mehr nach unten. Mehr als 250.000 Anträge stauen sich bei der Behörde, obwohl nach Angaben des Bundesinnenministeriums bereits mehr als 1.000 neue Mitarbeiter eingestellt wurden.

Asylverfahren können nach Expertenmeinung kaum schneller gehen

Skepsis hinsichtlich der geplanten Beschleunigung der Asylverfahren äußerte der Verwaltungsrichter Albert Lohmann. "Rechtlich gibt es kaum noch Möglichkeiten, die Asylverfahren zu straffen", sagte der Gelsenkirchener Richter dem epd. Sobald Flüchtlinge konkrete und individuelle Fluchtgründe vorbringen, werde es mit der Beschleunigung des Verfahrens schwierig.

Merkel sagte bei ihrem Besuch, im Bundesamt werde akkurat gearbeitet und jedes Schicksal ernst genommen. Die Regierungschefin kündigte dabei auch verstärkte Integrationsanstrengungen an. Sie verwies auf ein Modellprojekt in der Berliner Außenstelle, in der ein Anlaufpunkt der Bundesagentur für Arbeit untergebracht ist, um Qualifikationen Asylsuchender schnell zu überprüfen und Stellen zu vermitteln. Dies stehe dafür, "was wir in den nächsten Monaten erreichen wollen", sagte Merkel. Die Regierungschefin besuchte nach dem Bundesamt noch eine Erstaufnahmeeinrichtung der AWO und eine Willkommensklasse für Flüchtlinge in Berlin-Kreuzberg.

11. September 2015