EKD-Ratsvorsitzender: Der Grenzzaun ist ein "Konjunkturprogramm für Schlepper"

Brüssel (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat den neu errichteten Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien scharf kritisiert. Der Stacheldrahtzaun sei "ein Konjunkturprogramm für Schlepperbanden", sagte Bedford-Strohm bei einem Besuch in Brüssel. Es wäre "völlig naiv zu glauben", dass ein solcher Zaun Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer bewegen werde, unterstrich er. Die Menschen suchten nach ihrer Flucht vor Terror und Gewalt vielmehr nach anderen Routen, wovon Schlepperbanden profitierten.

Bedford-Strohm äußerte sich vor einem Treffen mit dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Ihm wollte er unter anderem von seinen Eindrücken aus den Flüchtlingscamps in Ungarn und Serbien berichten, die er am 13. und 14. September besucht hatte. Er wolle Juncker Rückenwind geben bei dem Versuch, die europäischen Länder angesichts der derzeitigen Probleme zusammenzuhalten, unterstrich Bedford-Strohm. Dabei biete er auch die Unterstützung der Kirchen mit ihren weit verzweigten Gemeinde- und Partnernetzwerken an.

"Ich möchte nicht, dass wir Europa in Gute und Böse aufteilen"

Das Engagement lokaler und internationaler Helfer vor Ort habe ihn sehr beeindruckt, sagte der EKD-Ratsvorsitzende: "Ich möchte nicht, dass wir Europa in Gute und Böse aufteilen. Die Guten sind die Deutschen, die Ungarn die Bösen." Genau solche Stereotypen gelte es zu überwinden.

Der bayerische Landesbischof übte auch Kritik an einigen flüchtlingspolitischen Vorschlägen aus Brüssel. Große Skepsis hege er etwa gegenüber den Plänen, bestimmte Länder als "sichere Herkunftsländer" einzustufen, erläuterte er. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollen Asylanträge von Bürgern solcher Länder im Schnellverfahren bearbeitet und die betreffenden Menschen rascher wieder abgeschoben werden.

Sinnvoller wäre ein anderes Einwanderungsgesetz, unterstrich Bedford-Strohm. Dies stehe nicht in Widerspruch zu Junckers Politik, sondern sei eher eine nationale Frage. Für Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt gebraucht würden, würde ein "gut geregeltes und auch als Signal sichtbares" Einwanderungsgesetz Sinn machen, sagte er.

15. September 2015