Lutherischer Weltbund kritisiert europäische Flüchtlingspolitik scharf

Genf (epd). Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Martin Junge, hat die Flüchtlingspolitik vieler europäischer Staaten scharf kritisiert. Die Verantwortlichen verletzten immer häufiger die Menschenrechte und die menschliche Würde der Flüchtlinge, schrieb Junge nach Information des Weltbundes in einem Brief an die europäischen Mitgliedskirchen.

Da es keine sichere und legale Möglichkeit gebe, nach Europa zu gelangen, sei "damit zu rechnen, dass dieses Jahr die Zahl der im Mittelmeer ertrunkenen Menschen einen Rekordstand erreichen wird", schreibt Junge. Mehrere europäische Staaten hätten den Familiennachzug stark eingeschränkt. Damit würden Familien oft für Jahre getrennt. Zudem stuften europäische Regierungen immer häufiger Diktaturen und Länder, in denen Gewalt herrsche, als "sicher" ein, kritisiert der Lutheraner. Somit könnten Asylgesuche einfacher abgelehnt werden. Auch setzten Behörden die ankommenden Flüchtlinge fest, ohne dass eine Gefahr von den Betroffenen ausgehe.

Alarmierende Zahlen

Die europäischen Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes müssten trotz Widerständen ihre Hilfe für die Flüchtlinge fortsetzen, schrieb Junge. "Bieten Sie weiterhin Unterstützung an, sorgen Sie für eine Kultur des Willkommens und der Inklusion, für medizinische und juristische Hilfe."

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben in diesem Jahr von Januar bis Anfang Juli fast 3000 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer nach Europa. In diesem Zeitraum haben demnach 227.000 Flüchtlinge und Migranten Europa lebend erreicht. Von Januar bis Ende Juni 2015 waren laut IOM bei der Passage über das Mittelmeer 1.838 Männer, Frauen und Kinder ums Leben gekommen. Rund 142.000 Menschen gingen in diesem Zeitraum den Angaben nach in Europa an Land.

Der Weltdienst des Lutherischen Weltbundes betreut rund 2,3 Millionen Flüchtlinge, vor allem in Entwicklungsländern. In dem Bund sind 145 Mitgliedskirchen vertreten, sie umfassen rund 73 Millionen Gläubigen.

8. Juli 2016