Präses Rekowski kritisiert Forderung nach Obergrenze

Düsseldorf (epd). In der Debatte über eine härtere Abschiebepraxis mahnt Manfred Rekowski, Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der EKD, bei allen Maßnahmen die Menschenrechte zu achten. "Grundsätzlich gehört zu einem rechtsstaatlichen Verfahren auch, dass eine getroffene Entscheidung – also die Ablehnung eines Asylantrags – umgesetzt wird, wenn sie rechtlich und humanitär vertretbar ist", sagte er dem Evangelischen Pressedienst. Über das Wie müsse politisch diskutiert und entschieden werden. "Aber in jedem Fall muss die menschenrechtliche Dimension beachtet und darf das individuelle Recht auf Asyl nicht verkürzt werden."

Rekowski, der auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist, warnte zudem vor der Illusion, "mit mehr Abschiebungen würden alle Probleme gelöst". Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte mehr Kompetenzen für den Bund bei Abschiebungen gefordert und unter anderem "Bundesausreisezentren" in der Nähe von Flughäfen angeregt.

"Es geht nicht darum, ob wir helfen, sondern wie und wo"

Rekowski kritisierte, im Umgang mit den weltweiten Flucht- und Migrationsbewegungen sei die Politik jahrelang untätig gewesen. "Wir brauchen nun dringend ein Zuwanderungsgesetz, das klärt, wie viel Zuzug es über Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge hinaus geben soll und nach welchen Kriterien Menschen nach Deutschland einwandern können." Auch von Parteien wie der CSU und der AfD wünsche er sich "konstruktive Vorschläge, wie dies gestaltet werden kann".

Scharfe Kritik äußerte der 58-jährige Theologe an der CSU-Forderung nach einer Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen. Eine solche Begrenzung löse kein einziges Problem und widerspreche dem individuellen Recht auf Asyl sowie den rechtlichen und humanitären Verpflichtungen im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention. "Barmherzigkeit und Recht sind nicht auf eine bestimmte Zahl begrenzbar", sagte Rekowski. Jeder Mensch sei ein Ebenbild Gottes. "Deshalb geht es nicht darum, ob wir helfen, sondern darum, wie und wo wir helfen."

Keine Rückkehr zum Dublin-Verfahren

Die Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern am Rande der Konfliktregionen müssen nach Ansicht des rheinischen Präses verbessert werden, damit Menschen dort versorgt werden können. Dagegen hält Rekowski nichts von einer Rückkehr zum sogenannten Dublin-Verfahren wie von der EU-Kommission angekündigt. Dabei ist derjenige EU-Staat für einen Flüchtling zuständig, in dem dieser das erste Mal europäischen Boden betreten hat. Dies würde die Situation in Griechenland massiv verschärfen, sagte Rekowski.

Zwar müsse eine europäische Lösung gefunden werden. "Sie darf aber nicht nach dem Motto erfolgen: 'Italien und Griechenland werden es schon richten'." Hier sei die Solidarität aller europäischen Länder gefragt, betonte der Theologe. "Und da ist nun wahrlich noch Luft nach oben."

4. Januar 2017