Statement zum 50- jährigen Jubiläum der Telefonseelsorge

Wolfgang Huber

Wer auf einmal nicht mehr weiter weiß, findet bei der Telefonseelsorge einen Ansprechpartner. Seit fünfzig Jahren gehört sie zum festen Angebot der beiden großen Kirchen. In dieser Zeit hat sich die Telefonseelsorge als ein fester Bestandteil kirchlicher Seelsorge etabliert. Es ist ein Bereich kirchlichen Handelns, der hauptsächlich von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen wird.

Mehr als fünftausendmal pro Tag, das sind zwei Millionen mal im Jahr, läutet das Telefon an einem der 105 Standorte der Telefonseelsorge. Mehr als siebentausend Ehrenamtliche sind rund um die Uhr bereit, den Hörer abzunehmen. Sie haben ein Ohr für all jene, die in Krisen, aus erlebter Not heraus oder einfach nur, um mit jemanden reden zu können, die kostenlosen Rufnummern (0800-111 0 111 oder 0800-111 0 222) wählen. Die Telefonseelsorge ist ein Ohr der Kirche am Puls der Zeit, an den Sorgen der Menschen.

Die Idee, Menschen durch das Telefon in akuten Notsituationen zu helfen, stammt von dem Pfarrer, Arzt und Psychotherapeuten Klaus Thomas. „Bevor Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an!“ Den Slogan dieses Londoner Inserats brachte Klaus Thomas vor fünfzig Jahren nach Berlin. Er richtete die „Ärztliche Lebensmüdenbetreuung“ ein und warb um das Leben von Menschen, die sich selbst aufgegeben hatten. Schon bald setzte sich für diese Art der Hilfe der Name „Telefonseelsorge“ durch. Von Anfang an steht die Telefonseelsorge im Dienst des Lebens. Das seelsorgerliche Geheimnis gilt auch in diesem Bereich unverbrüchlich; jedes Gespräch ist deshalb anonym und absolut vertraulich.

Die Ausbreitung der Telefonseelsorge ist eng mit den erweiterten Möglichkeiten des Telefonierens verbunden. Bereits in den 1980er Jahren waren die Seelsorger am Telefon sowohl in der DDR als auch in den ländlichen Gebieten Westdeutschlands nahezu flächendeckend zu erreichen. Seit 1997 konnten Anrufe gebührenfrei geführt werden. Heute ergänzen Beratungen per Internet und im Chat das Angebot der Telefonseelsorge.

Von den einhundertundfünf Standorten der Telefonseelsorger in Deutschland werden sechsundsechzig in gemeinsamer Trägerschaft von evangelischer und katholischer Kirche geführt. Die Telefonseelsorge ist somit auch eine ökumenische Erfolgsgeschichte.

Die Arbeit der Telefonseelsorge gelingt nur durch einen herausragenden Einsatz von Ehrenamtlichen. Zweihundert Hauptamtliche begleiten eine wachsende Zahl von Ehrenamtlichen und verantworten ihre Ausbildung. Ohne diese fachkundige Begleitung wäre der Dienst nicht möglich. Über achtzig Prozent der Ehrenamtlichen sind Frauen; das ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Frauen ihre Bereitschaft zur Empathie und Nächstenliebe einbringen. Sie zeigen: Kirche ist da, wo Menschen sie dringend brauchen. Sie hören zu, sie versuchen zu verstehen. Wo das Gegenüber allein auf die Stimme konzentriert ist, gewinnt jedes Wort, jede Tonlage besondere Beachtung. Auf das Hinhören kommt es an, denn hinter jedem Gespräch steht ein ganzes Leben.

Den Hauptamtlichen wie den Ehrenamtlichen danke ich aus Anlass des Jubiläums sehr herzlich. Die Veranstaltungen zum fünfzigjjährigen Jubiläum der Telefonseelsorge sollen vor allem dies deutlich machen: die Zusage an Menschen, die Rat suchen, dass sie auch weiterhin verlässliche Ansprechpartner finden. Und den großen Dank an die ehrenamtlichen wie die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diesen Dienst am Nächsten in seiner Verlässlichkeit möglich machen. Mein Dank gilt insbesondere auch dem Diakonischen Werk der EKD, das für die evangelische Kirche diese Arbeit organisiert und verantwortet.