"Du sollst deines Glaubens leben und, was gerade ist, nicht krumm machen" - Johann Peter Hebel als Theologe - Vortrag anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Evangelisch−Theologische Fakultät der Universität Münster

Hermann Barth

Anreden

Noch vor einem halben Jahr ahnte ich nichts von diesem Glück und wähnte mich am 19. Oktober schon über ein Vierteljahr im Ruhestand. Aber es kam anders: zuerst mit dem Ruhestand, später dann auch mit dem 19. Oktober. Als ich die offizielle Mitteilung gelesen hatte, war ich sprachlos. Das hat sich gelegt − weswegen ich hier auch gern das Wort nehme. Aber ein starkes Glücksgefühl ist geblieben. Die Überraschung ist Ihnen vollauf gelungen − einschließlich des Aspekts, dass ich die Ehrendoktorwürde an der Seite von Thomas Wipf empfangen darf. Wir beide sind uns nicht sehr häufig begegnet, aber ich habe mich in Ihrer Gesellschaft, lieber Herr Wipf, von Anfang an wohlgefühlt. Die Fakultät hätte mir kaum eine größere Freude machen können, als uns gemeinsam zu ehren.

Die Wahl des Themas für meinen folgenden Vortrag nehmen Sie, bitte, als Ausdruck meiner Reverenz für Ihre Schweizer Heimat. Johann Peter Hebel, dessen 250. Geburtstag wir am 10. Mai feiern konnten, ist immerhin in Basel geboren − seine Eltern waren nach heutigem Verständnis in Basel Ausländer, man würde sie in unserer Zeit als Saisonarbeiter oder Fremdarbeiter bezeichnen. So ist Johann Peter Hebel auf seine Weise ein historisches Zeugnis dafür, was aus Kindern von Ausländer− und Migrantenfamilien werden kann.

In meinem Vortrag aber soll es um Johann Peter Hebel als Theologen gehen: was von ihm als Theologen zu halten und ob er deshalb überhaupt aus gutem Grund als Theologe zu würdigen sei. Die unterschiedlichen Ansichten in diesem Streit bilden sich bereits in dem Umstand ab, dass unter den renommierten theologischen Nachschlagewerken nur ein Teil  Johann Peter Hebel einen eigenen Artikel widmet 1.

Für eine eher kritische Sicht sind nicht zuletzt die verbreiteten Vorurteile gegenüber der Aufklärungstheologie verantwortlich: Was kann von einer Theologie, die im Banne − oder, was dasselbe ist, im Schatten − der Aufklärung steht, schon Gutes kommen?

Aber solche Stimmen wirken geradezu moderat, wenn sie mit dem harschen Urteil Arnold Stadlers2  verglichen werden. In einem 1997 erschienenen Essay3 , der Hebels Gedicht "Die Vergänglichkeit" gewidmet ist, doch zugleich einen Beitrag zum Verständnis des Gesamtwerks beabsichtigt, kommt der aus dem Markgräfler Land stammende Schriftsteller zu dem Ergebnis4 , dass Hebel "ein frommer Heide war" (S. 29): Das Gedicht ist "Hebels aufklärerisch angelegte ars moriendi, die sich allerdings dann auflöst in den frommen oder weisen Rat, nicht mehr weiterzufragen und sich in den Willen Gottes oder das Schicksal zu ergeben" (S. 28). Er müsse "fragen, wie ein evangelischer Geistlicher, ein christlicher Pädagoge, der Hebel ja auch ... war, ein solches Gedicht schreiben konnte" (S.32). Anstatt "schließlich bei dem anzukommen, was die Kirche zum Thema Vergänglichkeit zu sagen hat", lande Hebel "beim Schweigen, bei der Unergründlichkeit ... So hätte auch ein Philosoph der Stoa ein Gedicht, das 'Die Vergänglichkeit' geheißen hätte, abgeschlossen" (S. 32f). Die Bilanz Stadlers lautet: In diesem Gedicht, "das meine ich als spionierender Katholik und leidenschaftlicher Leser von Hebel, habe ich nicht eine christliche Spur entdecken können ... Eigentlich hätte dieses Gedicht auf den protestantischen Index gehört: Es ist gegen alle und jede Orthodoxie. Eine Ungeheuerlichkeit, dass ein Prälat von Gnaden seines Landesherrn die sogenannten 'letzten Dinge', das eschatologische Feld derart unchristlich bearbeiten konnte" (S. 30f).

Starker Tobak! Ein Gutes hat die ätzende Schärfe dieser Kritik. Sie provoziert den Widerspruch. Denn ich lese Hebel anders. Das will ich an einigen Teilen seines Werkes zeigen: erstens an seinen Nacherzählungen biblischer Geschichten, zweitens an seinen Predigten und drittens an seinen Kalendergeschichten, denen vor allem er seinen Ruhm und seine Popularität verdankt. Viertens aber und zum Schluss will ich auf Arnold Stadler zurück kommen:5

I. Hebels "Biblische Geschichten"

Zum Hebeljahr 2010 gab es zahlreiche Neuerscheinungen und Nachdrucke − außer im Fall der "Biblischen Geschichten" 6. Das verrät mehr über die schlechten Prognosen zur Marktgängigkeit dieses Buches als über seine Qualität.

Ich gestehe frank und frei, dass ich selbst lange unsicher war, was ich von Hebels "Biblischen Geschichten" halten sollte. Was hat es für einen Nährwert, die biblischen Texte nachzuerzählen? Meint Hebel, er könne besser erzählen als die Bibel? Derart skeptisch eingestimmt schlug ich, weil ich dieses Jahr zu Pfingsten einen Predigtdienst übernommen hatte, die Pfingstgeschichte auf − und erlebte mein blaues Wunder.

Hebels Version der Pfingstgeschichte erinnert streckenweise stark an die Lutherbibel, ja, sie zitiert weitgehend einfach die Lutherbibel − bis auf die Stellen, an denen er den Gang der Geschichte kommentierend und deutend unterbricht. Was sich zunächst wie eine schlichte Nacherzählung gibt, nimmt den Leser oder Hörer vielmehr an die Hand und erklärt ihm, worauf es ankommt − und zwar vermittels dieser eingeschobenen Hinweise. Ich zähle deren vier:

Der erste lautet: "Als die Jünger den Heiligen Geist empfingen, ging in ihrem Inwendigen eine sonderbare und schnelle Veränderung vor. Sie waren jetzt auf einmal ganz andere Menschen, als sie vorher gewesen waren." Kann man die Gabe des Geistes und ihre Wirkung gehaltvoller und knapper kennzeichnen? Gottes Geist macht uns zu ganz anderen Menschen. Wir spüren alle von Zeit zu Zeit das Bedürfnis, ja die Notwendigkeit, uns zu ändern. Aber wir haben alle auch die Erfahrung gemacht, dass uns unsre Gewohnheiten an das Bisherige fesseln und dass es darum ziemlich schwer ist, sich zu ändern, geschweige denn ein "ganz anderer Mensch" zu werden. Mit guten Vorsätzen und starker Willenskraft ist es nicht getan. Aus dieser Einsicht entsteht der Ruf, der Hilferuf, nach Gottes Geist. Um seine Wirkung zu beschreiben, bedient sich die Pfingstgeschichte der Bilder von Wind und Feuer. Den Zustand ohne Wind nennt man Flaute. Auch bei Kirchen und Christen gibt es Perioden der Flaute. Die Folge sind schlappe Segel, Stillstand. Wir brauchen wieder und wieder ein Windgebraus von oben, Bewegung. Es muss wirbeln. Und in dieselbe Richtung weist das Bild vom Feuer. Wir Christen und Kirchen dürfen nicht lasch und lau werden, sondern wir müssen brennen für unsere Sache, genauer gesagt: für Gottes Sache.

Wo zeigt es sich, dass wir andere geworden sind? Dazu Hebels nächster Einschub: "Alle Kräfte des Geistes und Gemütes sind erhöht und geheiligt." In jedem Lebensbereich soll man das spüren: Christen sind anders. Gewiss, man muss aufpassen, dass man den Mund nicht zu voll nimmt. Aber noch problematischer wäre es, wenn wir den Anspruch, anders zu sein, einebneten und aufgäben. Wir brauchen auch unser Licht gar nicht unter den Scheffel zu stellen. Beim Ökumenischen Kirchentag in München waren in den großen S− und U−Bahn−Stationen, wie zu den Bundesligaspielen, vorsorglich Polizeikräfte zusammengezogen. Doch sie wurden nicht gebraucht. Christen sind anders. Hebel kommt es besonders darauf an, dass die Christen zeigen: Wir haben keine Scheu, das Evangelium des Auferstandenen kundzutun. Die alte Furchtsamkeit, in der es uns peinlich war, uns als Gläubige zu outen, weicht. Was Paul Gerhardt gedichtet hat, steht nicht mehr nur im Gesangbuch, es prägt auch das Leben: "Unverzagt und ohne Grauen soll ein Christ, wo er ist, stets sich lassen schauen" (EG 370,7).

Im dritten Einschub geht es um die staunenerregende Tatsache, dass die Jünger Jesu von den jüdischen Festpilgern anderer Sprache verstanden werden konnten − wobei man nicht genau weiß, ob Lukas ein Hör− oder ein Sprechwunder erzählen will. Wunder bleibt Wunder, denkt man. Doch Johann Peter Hebel schlägt gewissermaßen einen Haken: Die jüdischen Pilger − so erzählt er − "meinten, einfältige Männer anzutreffen, die in ihrer galiläischen Sprechweise nicht einmal erträglich mit andern Leuten reden könnten. Ei, wie verwunderten sie sich, als sie diese hocherleuchteten und hochberedten Männer sahen". Wunder bleibt hier jedenfalls nicht Wunder. Hebel verschiebt die Aussage vielmehr dahin, dass die Jünger Jesu − dem Vorurteil zum Trotz − keine ungebildeten Barbaren, sondern ausweislich ihrer Kenntnis fremder Sprachen hocherleuchtete und hochberedte Männer waren.
 
Den zahlreichen jüdischen Festpilgern aus aller Herren Länder war nicht nur an dem Sprachenwunder aufgefallen, dass die Anhänger Jesu ungewöhnlich, eben anders waren. Einige trieben ihren Spott damit und gaben zu verstehen, diese Jesus People seien wohl betrunken. Ja, und dafür hat Johann Peter Hebel viertens einen wunderbaren Merksatz bereit: "Die Leichtfertigkeit sucht überall Gelegenheit zum Spott. Ein besonnenes Gemüt findet überall Gelegenheit zum Nachdenken". Richtig gut. Geeignet zum Auswendiglernen.

Das war nun ein Beispiel. Für mehr Beispiele ist heute kein Platz. So müssen notgedrungen an die Stelle der sprechenden Beispiele einige summarische Bemerkungen7  treten:

1. Die Vertrautheit mit der Bibel und die Liebe zu ihr sind der Kern evangelischer Frömmigkeit. Darum hat sich Hebel auf seine alten Tage zielstrebig darum bemüht, dass seine Kirche ihm den Auftrag gibt, ein neues Schulbuch mit den biblischen Geschichten zu schreiben. 1818 erhielt er den von ihm gesuchten Auftrag. 1824 erschien das Buch.

2. Das Vorhaben hatte für Hebel insofern einen besonderen Reiz, als das neue Buch die seit 1748 in Baden eingeführten "Auserlesenen Biblischen Historien" von Johann Hübner, somit eben jenes Haus−, Lese− und Schulbuch ersetzen sollte, das die Lieblingslektüre seiner Mutter gewesen war und mit dem er selbst seine ersten religiösen Lektionen erhalten hatte.

3. Er lehnte sich bewusst an Luthers Bibelübersetzung an und trug auf diese Weise dazu bei, dass sie die Leitwährung der evangelischen Kirchen− und Glaubenssprache wurde bzw. blieb.

4. An den Vorgängern tadelte er die bibelstundenartige Breite der expliziten Anwendungen des biblischen Textes auf Lebenssituationen. Was nur möglich ist, − so Hebel − soll in den Worten der Bibel ausgedrückt werden. "Je kürzer, glaube ich, je körniger und sententiöser solche Bemerkungen sind, desto fruchtbarer."

5. Die "Biblischen Geschichten" sind kein Lehrbuch, das viel Aufhebens um seine Absichten macht. Sie folgen nicht sklavisch einem didaktischen Schema. Alles geht ein ins Kontinuum des Erzählens. Eben diese Qualität aber wird nur wenige Jahrzehnte später für die selbsternannten Rechtgläubigen zum Stein des Anstoßes. 1855 beschloss die badische Generalsynode, die erfolgreichen  "Biblischen Geschichten" wegen einer "allzu deutlich hervortretenden Subjektivität des Verfassers" aus der Schule zu entfernen.

II. Hebel als Prediger

1. Zu den positiven Effekten der runden Jahrestage gehört es, dass sie Veranlassung geben zu vielerlei Veröffentlichungen. Im Jahr der 250. Wiederkehr von Hebels Geburtstag verdient neben den beiden Biographien8  insbesondere die vollständige Edition aller seiner überlieferten Predigten9  durch Thomas K. Kuhn und Hans−Jürgen Schmidt Erwähnung. Es handelt sich um (nur) 37 Predigten aus den Jahren 1788 bis 1804. Die letzte Edition dieser Art liegt 172 Jahre zurück. Aus diesen nackten Zahlen geht bereits zweierlei hervor: Hebel war kein leidenschaftlicher Prediger. Und: Die Wertschätzung seiner Predigten scheint jedenfalls bald nach seinem Tod nicht mehr so hoch gewesen zu sein, dass eine Nachfrage dafür da war, sie in Gesamtausgaben aufzunehmen. Briefliche Äußerungen geben überdies Grund zu der Vermutung, dass die Vorbereitung von Predigten ihn sehr angestrengt hat.

Als er 1784 auf den 1. Advent um einen Vertretungsdienst in Lörrach gebeten wurde, sagte er wohl widerwillig zu, schrieb aber in seiner Antwort: "Mich deucht, daß Tage, wie der Samstag ist, Tage der Erholung für den sein sollen, der eine Woche lang in die Schulstube eingesperrt war, Tage, die von ihm und nicht von den anderen sollen benutzt werden ... Ich könnte mich zwar, wie Sie mir schreiben,  an den Montagen schadlos halten. Allein ich finde nicht für gut, um einer Nebensache willen meine Pflicht beiseite zu setzen und die mir anvertrauten und am Herzen liegenden Schulen entgelten zu lassen, wofür sie nichts können. Schwerlich würden auch die Eltern darauf Rücksicht nehmen, daß ich am Sonntag geprediget habe, wenn ich am Samstag zu Hause bleiben und am Montag Ferien machen wollte".10

Thomas Kuhn11  weist es zwar entschieden zurück, wenn aufgrund solcher Anhaltspunkte die Folgerung gezogen wird, Predigen sei nicht Hebels Ding gewesen. Aber was ist schlimm daran, Vermutungen anzustellen, wo jemandes Stärken und Schwächen liegen? Muss jeder Theologe oder Pfarrer ein Allroundtalent sein? Der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht es, dass jeder neben Stärken auch Schwächen aufzuweisen hat − und umgekehrt.

2. Bevor ich das erste Mal in die erhaltenen Predigten Hebels Einblick nehmen konnte, hat mich sehr stark die Frage beschäftigt, welche Predigttexte er gewählt hat. Ich hielt es für gut möglich, ja naheliegend, dass ein von der Aufklärung, im Falle Hebels von der Neologie geprägter Theologe12  eine Geistesverwandtschaft mit den weisheitlichen Texten der Bibel erkennen und pflegen könnte. Aber weit gefehlt! Von den 38 erhaltenen Predigten Hebels liegen bei 27 von ihnen Abschnitte aus den Evangelien als Predigttexte zugrunde, bei 9 sind es Abschnitte aus den Episteln und bei zweien Abschnitte aus einem Psalm. Um beurteilen zu können, was daran traditionell und was gegebenenfalls Abweichung von der Tradition ist, bedarf es allerdings vertiefter Kenntnisse der Geschichte der Predigtperikopen13 , die mir derzeit noch fehlen.

3. Inhaltlich rückt Thomas Kuhn in seiner Einführung in Hebels Predigten diese unter die Überschrift "Trost und Aufklärung". Ich zitiere die Hauptgesichtspunkte:

a) Hebel versuchte, "der Identifizierung von Religion und Moral ... zu widersprechen, um der Religiosität einen eigenständigen Stellenwert zu verschaffen." Er wandte sich daher "gegen solche Formen von Verkündigung, die als allgemeine Moralvorträge oder ... Gebrauchsanweisungen für die Gestaltung der alltäglichen Lebenspraxis daher kamen“ (S. 20)14 .

In einem Brief an den Heidelberger Kirchenrat Christian Theodor Wolf vom Juli 1800 setzt er diesem sein Predigtverständnis auseinander: "Moralische Predigten, besonders die, welche sich ausschließlich mit einzelnen Pflichten und ihren Zweigen beschäftigen, scheinen mir wenig Wirkung weder im Augenblick noch in der Folge  zu thun. Das einzige Mittel, ihnen Kraft und Leben zu geben, ... ist diß ..., immer wieder auf die Geschichte zu rekurriren und so dem trockenen todten Moralvortrag Anmuth und Leben zu verschaffen ... Es scheint mir nemlich, unser Publikum wisse ... im Ganzen gar wohl, was Recht und Gut und was Unrecht und Böse ist ... Es fehlt wahrlich nicht am Wissen und Erkennen, sondern am lebendigen Impuls des Wollens. Die Sinnlichkeit − sie will nicht besiegt, sondern gewonnen seyn, nicht als Sklavin der Vernunft einem ihr fremden, sondern als befreundete Bundesgenossin einem gemeinschaftlichen Zwecke dienen ... Diese Absicht zu erreichen scheint mir Religiosität das einzige wirksame und würdige Mittel zu seyn, und lebendig, kräftig, anhaltend das Gefühl im Menschen durch Religiosität, die die Sinnlichkeit anspricht,  zu heiligen halte ich für die eigentliche Aufgabe und den lezten Zweck ... des Predigers."15

b) „Die Frage, was Gegenstand von Kanzelvorträgen sein dürfe, bewegte zahlreiche Theologen ... Hebel scheint ... vor allem zwei Aspekte stark gemacht zu haben: zum einen den Trost, zum anderen das Aufreissen von Perspektiven oder Zukunftsaussichten, die über das Hier und Jetzt hinausreichen. Hier kommt dann auch sehr deutlich eine eschatologische Perspektive ins Spiel.

Deshalb ist es durchaus zutreffend und angemessen, von einer eschatologischen Grundierung der Predigten Hebels zu sprechen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Hebel das irdische Leben nicht zugunsten des ewigen Lebens entwertet oder bagatellisiert. Das irdische Leben ist für ihn ein Geschenk Gottes und fordert von jedem Menschen, den ihm zugewiesenen Platz in Verantwortung vor Gott und den Mitmenschen auszufüllen“ (S. 20f.24).

c) Hebel ist kein radikaler, sondern ein gemäßigter, für religiöse und theologische Fragen offener Aufklärer gewesen, wie sie gerade unter den Pfarrern im späten 18. Jahrhundert zahlreich zu finden waren“ (S.26). Für sein Verständnis von „Aufklärung“ ist folgende Predigtpassage charakteristisch: „Manches edle menschenfreundliche Herz faßt und hält in seinen Gefühlen Wünsche und Hoffnungen für die ganze Menschheit fest. Es muß zum Bessern gehen, so sagt es sich. Die Morgenröthe der Aufklärung, die Milderung der Sitten, diese weisere Erziehungslehre muß Segen bringen, und es muß in den Jahren eines Menschenlebens bemerkbar werden"16.

III. Der Hebel der Kalendergeschichten

In den Kalenderbeiträgen und −geschichten treten die theologischen und religiösen Fragen zurück. Aber die thematisch einschlägigen Textstücke sind dafür um so gewichtiger. Zwei davon sollen − das eine kursorisch, das andere etwas breiter − zu Wort kommen: die Geschichte "Unverhofftes Wiedersehen"17  und die Geschichte "Die Bekehrung"18 . Das unverhoffte Wiedersehen spielt in Falun in Schweden und erzählt, wie kurz vor der Hochzeit der Bräutigam bei einem Bergwerksunglück verschüttet wird und umkommt. Die Braut aber weinte um ihn und vergaß ihn nie. Fünfzig Jahre später entdecken Bergleute in Schutt und Vitriolwasser den Leichnam eines Jünglings, der durch das Vitriol gänzlich unverwest geblieben ist. Als man ihn herausgefördert hatte, erkannte ihn niemand − bis die ehemalige Verlobte des Bergmanns kam. Sie wusste sofort, wer er war. Als man ihn am nächsten Tag auf dem Kirchhof bestattete, sagte sie: "Schlafe nun wohl ... Ich habe nur noch wenig zu tun und komme bald, und bald wird's wieder Tag. Was die Erde einmal wiedergegeben hat, wird sie zum zweitenmal auch nicht behalten". Das ist nicht die rationalistische19  Aufklärung, die alles auf das Maß des empirisch Erfassbaren stutzt. Vielmehr zeigt sich hier eine schlichte, glaubensstarke persönliche Eschatologie.20

Wer sich ein wenig auskennt mit Hebels Kalendergeschichten, der wusste von Anfang an: Eine herausgehobene Rolle muss hier in Westfalen der anderen Geschichte vorbehalten sein. Weil sie ein Meisterstück Hebelscher Erzählkunst ist, bringe ich sie ungekürzt zu Gehör:

Zwei Brüder im Westfälinger Land lebten miteinander in Frieden und Liebe, bis einmal der jüngere lutherisch blieb und der ältere katholisch wurde. Als der jüngere lutherisch blieb und der ältere katholisch wurde, taten sie sich alles Herzeleid an. Zuletzt schickte der Vater den katholischen als Ladendiener in die Fremde. Erst nach einigen Jahren schrieb er zum ersten Mal an seinen Bruder. "Bruder", schrieb er, "es geht mir doch im Kopf herum, daß wir nicht Einen Glauben haben und nicht in den nämlichen Himmel kommen sollen, vielleicht in gar keinen. Kannst du mich wieder lutherisch machen, wohl und gut, kann ich dich katholisch machen, desto besser." Also beschied er ihn in den "Roten Adler" nach Neuwied, wo er wegen einem Geschäft durchreiste. "Dort wollen wir's ausmachen." In den ersten Tagen kamen sie nicht weit miteinander. Schalt der lutherische: "Der Papst ist der Antichrist", schalt der katholische: "Luther ist der Widerchrist." Berief sich der katholische auf den heiligen Augustin, sagte der lutherische: "Ich hab' nichts gegen ihn, er mag ein gelehrter Herr gewesen sein, aber beim ersten Pfingstfest zu Jerusalem war er nicht dabei." Aber am Samstag aß schon der lutherische mit seinem Bruder Fastenspeise. "Bruder," sagte er, "der Stockfisch schmeckt nicht giftig zu den durchgeschlagenen Erbsen"; und abends ging schon der katholische mit seinem Bruder in die lutherische Vesper. "Bruder," sagte er, "euer Schulmeister singt keinen schlechten Tremulant." Den andern Tag wollten sie miteinander zuerst in die Frühmesse, danach in die lutherische Predigt, und was sie alsdann von heut bis über acht Tage der liebe Gott vermahnt, das wollten sie tun. Als sie aber aus der Vesper und aus dem "Grünen Baum" nach Hause kamen, ermahnte sie Gott, aber sie verstanden es nicht. Denn der Ladendiener fand einen zornigen Brief von seinem Herrn. "Augenblicklich setzt Eure Reise fort. Hab' ich Euch auf eine Tridenter Kirchenversammlung nach Neuwied geschickt, oder sollt Ihr nicht vielmehr die Musterkarte reiten?" Und der andere fand einen Brief von seinem Vater: "Lieber Sohn, komm heim, sobald du kannst, du mußt spielen." Also gingen sie noch den nämlichen Abend unverrichteter Sachen auseinander, und dachten jeder für sich nach, was er von dem andern gehört hatte. Nach sechs Wochen schreibt der jüngere dem Ladendiener einen Brief: "Bruder, deine Gründe haben mich unterdessen vollkommen überzeugt. Ich bin jetzt auch katholisch. Den Eltern ist es insofern recht. Aber dem Vater darf ich nimmer unter die Augen kommen." Da ergriff der Bruder voll Schmerz und Unwillen die Feder. "Du Kind des Zorns und der Ungnade, willst du denn mit Gewalt in die Verdammnis rennen, daß du die seligmachende Religion verleugnest? Gestrigs Tags bin ich wieder lutherisch worden." Also hat der katholische Bruder den lutherischen bekehrt, und der lutherische hat den katholischen bekehrt, und war nachher wieder wie vorher, höchstens ein wenig schlimmer.

Merke: Du sollst nicht über die Religion grübeln und düfteln, damit du nicht deines Glaubens Kraft verlierst. Auch sollst du nicht mit Andersdenkenden darüber disputieren, am wenigsten mit solchen, die es ebensowenig verstehen als du, noch weniger mit Gelehrten, denn die besiegen dich durch ihre Gelehrsamkeit und Kunst, nicht durch deine Überzeugung. Sondern du sollst deines Glaubens leben und, was gerade ist, nicht krumm machen. Es sei denn, daß dich dein Gewissen selber treibt zu schanschieren.

Aus den Merksätzen am Ende habe ich die Hauptüberschrift für meinen Vortrag entlehnt: "Du sollst deines Glaubens leben und, was gerade ist, nicht krumm machen." Was ist für Hebel die Hauptsache? Worauf lenkt er die Aufmerksamkeit?

1. Der christliche Glaube ist im Kern etwas ganz Schlichtes, Einfaches, Gerades. Wenn wir Hebel bitten könnten, uns zwei, drei Beispiele zu geben − ich stelle mir vor, er würde zwei  Bibelverse und ein Paul−Gerhardt−Lied nennen: "Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's  wohlmachen" (Psalm 37,5). Als zweites Bibelwort: "Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch" (1. Petrus 5,7). Und schließlich das Lied: "Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun und Werk in deinem Willen ruhn ..." (EG 497 mit 14 Strophen). Hebels eindringlicher Rat lautet: Setzt diesen schlichten harten Kern nicht aufs Spiel. Hütet euch selbst vor dem Grübeln und Tüfteln. Meidet den Disput mit Andersdenkenden. Und schließlich, ich kann's nicht übergehen: Am wenigsten lasst euch auf einen Disput mit Gelehrten ein; die machen alles kompliziert und wissen alles besser. Der seelsorgerliche Sinn dieser nicht immer ganz fairen Ratschläge ist klar: Der feste Stand und das feste Herz, die der Glaube verleiht, dürfen um keinen Preis der Welt gefährdet werden.

2. Was heißt das für das Nebeneinander unterschiedlicher Gestalten des Glaubens? Jede Seite soll ihres Glaubens leben und ihre Stärken zur Geltung bringen. Wir sollen uns hüten, der anderen Seite klar machen zu wollen, dass das, was sie als gerade ansieht, in Wirklichkeit krumm sei. Das ist nicht nur eine gute Regel für den Umgang miteinander in der evangelisch-katholischen Ökumene. So  sollte es auch im Verbindungsmodell zwischen UEK, VELKD und EKD zugehen.

3. Hebel ist offenbar der Gedanke fremd, dass jemand ohne Not von einer Glaubensgemeinschaft zu einer anderen wechselt. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass in seiner Zeit andere religionsrechtliche Verhältnisse herrschten. Interessant aber ist, welcher Fall ihn nötigt, die Bedingungen für einen Wechsel zu thematisieren. Es ist der Fall, bei dem die Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft zu einer Gewissensfrage wird. Daran zeigt sich einmal mehr, dass der Kampf um Religionsfreiheit der Sache nach der Vorläufer für die menschenrechtlichen Freiheitsrechte ist.

IV. Was ist eine Spur des Christlichen?

Wir kehren zurück zu Arnold Stadler. Sein Urteil über Johann Peter Hebel wirkt wie eine Provokation: Hebel rede in dem Gedicht "Die Vergänglichkeit" wie "ein frommer Heide"; "nicht eine christliche Spur" sei darin zu entdecken. Was ist eine christliche Spur? Wie lässt sie sich identifizieren? Wer entscheidet das?

Von einigen meiner theologischen Lehrer ist mir, mit sehr guten Gründen, eingeschärft worden, die Bibel von der Mitte der Heiligen Schrift her zu lesen und, mit der Formulierung der I. Barmer These, in Jesus Christus das eine Wort Gottes zu erkennen, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Demgegenüber erscheinen manche Textgattungen in dem Werk Johann Peter Hebels leichtgewichtig, ein gutes Stück weit entfernt vom Herzstück − heute redet man gern vom "Markenkern" − der christlichen Verkündigung, sozusagen nur Vorhof des Glaubens, nicht sein Allerheiligstes. Aber steht sich beides eigentlich im Wege? Gehört es nicht in bestimmter Weise zusammen: der Vorhof des Glaubens und das Allerheiligste? Was im Vorhof des Glaubens erfahren und gedacht wird, darf nicht leichthin diskreditiert werden als "Verdünnung" des Glaubens, es ist vielmehr der wichtige Versuch, Berührungsflächen mit dem Glauben zu erhalten oder neu zu schaffen.

Wer überall und sofort Glaubensverdünnung wittert und darauf insistiert, die christliche Kirche, insbesondere die christliche Verkündigung und Lehre, müsse sich stets auf das Wesentliche, also die christologische Mitte konzentrieren, der verkennt dreierlei. Erstens: Die Mitte ist nur Mitte, wenn etwas um sie herum ist. Wer in der Bibel und im christlichen Glauben nur dem Wesentlichen Beachtung schenkte, der würde ihre Farbigkeit, ihre Erfahrungsgesättigtheit verlieren. Zweitens: Man kann nicht alles zugleich wollen, man darf nicht alles zugleich verlangen. "Ein jegliches hat seine Zeit". Die Predigt des Evangeliums von Jesus Christus hat ihre Zeit, und die Weitergabe weisheitlicher Lehre hat ihre Zeit. Das Lied "Such, wer da will, ein ander Ziel" hat seine Zeit, ein durch und durch christozentrisches Lied, und das Lied "Befiehl du deine Wege" hat seine Zeit und in der christlichen Frömmigkeit seinen Platz, obgleich es im Text eigentlich nichts spezifisch Christliches aufweist und, genau so wie Paul Gerhardt es gedichtet hat, auch von unseren jüdischen Geschwistern gesungen werden könnte. Und drittens: Man darf nicht in jedem Fall das Ziel auf der direttissima anstreben, man muss, wie jeder Wanderer weiß, manchmal auch Umwege gehen. Einladung zum Glauben ist nicht unbedingt erfolgreich, wenn sie mit der Tür ins Haus fällt. Sie muss Geduld haben, sie muss auf geeignete Gesprächseinstiege warten können. Dabei darf man das Implizite nicht gering schätzen. Das indirekt Gesagte, das lediglich Angedeutete ist manchmal viel wirkmächtiger als die platte Direktheit. Insofern ist es gar nicht so einfach und eindeutig zu bestimmen, wo wir wirklich auf das Wesentliche stoßen und wo eigentlich die Grenze zwischen dem Vorhof des Glaubens und der Mitte des Glaubens verläuft.

Das erweist sich im Übrigen auch an den jüngsten Äußerungen Arnold Stadlers. Am 10. Mai wurde ihm der diesjährige Johann−Peter−Hebel−Preis verliehen. Er antwortete auf die hohe Auszeichnung mit einer fulminanten Rede21  unter dem witzigen englisch−schwäbischen Titel "No wishes, so isches". Darin finden sich, zum Anlass passend, einige Aussagen über Johann Peter Hebel, die einer Rücknahme der provozierenden Feststellungen in dem Essay von 1997 gleichkommen. "Das Erstaunlichste für mich an Hebel ist" − so Stadler in der Rede − "dies: Daß seine eigentlich oftmals trostlosen und ungeschminkten Einsichten so daherkommen, als wäre es Zuversicht ... Immer war er (soll ich "trotz allem" sagen?) irgendwie heiter. Denn ich höre immer noch heraus, daß da doch ein Boden unter seinen Füßen ist." Und dann noch ein Satz, aber ohne "wäre", "irgendwie" und "eigentlich":

"Hebels Augen sahen alles in einem milden Licht, er scheint mir ein weiser ... Mensch gewesen zu sein ... Er war nicht so streng mit dem Menschen22 , mit uns, auch weil er wusste, daß der Mensch ein Mensch ist".


Fußnoten:

1 Keinen eigenen Artikel bieten RE, EKL (in seinen verschiedenen Auflagen) und TRE, während die RGG durch alle Auflagen hindurch einen solchen aufweist.

2 A. Stadler, geboren 1954 in Meßkirch, ist ein herausragender zeitgenössischer Schriftsteller. Er hat katholische Theologie in München und Rom, Germanistik in Freiburg/B. und Köln studiert.  Zum Dr. phil. wurde er promoviert mit einer Arbeit über "Das Buch der Psalmen und die deutschsprachige Lyrik des 20. Jahr-hunderts"(1989). Mit eigenen Psalmenübertragungen trat er insbesondere hervor in: "Die Menschen lügen. Alle". Und andere Psalmen (1999).

3 A.S., Johann Peter Hebels Unvergänglichkeit, da capo essay, 1997

4 Ich zitiere im Folgenden aus dem in Anm. 3 angeführten Essay Stadlers.

5 Dabei wird es um seine Rede als Träger des Johann−Peter−Hebel−Preises 2010 gehen. Ich hätte mich in diesem Zusammenhang auch gern mit seinem  jüngsten Roman auseinandergesetzt, der 2008 unter dem Titel "Salvatore" erschienen ist. Aus dem Roman in Verbindung mit begleitenden Kommentaren Stadlers geht nämlich hervor, dass dieser in der Person Johann Peter Hebels letztlich die heutige Theologie kritisiert. Ihn rege es auf, so ließ er sich im Bayerischen Rundfunk vernehmen, "dass heutige Kirchenvertreter ständig wie Automechaniker an der Bibel herumtüfteln und nicht uneingeschränkt an die Wunder, Verheißungen und den Trost des Evangeliums glauben". Sein Theologiestudium habe ihm überhaupt nichts gebracht, "höchstens das Wissen darüber, dass es so nicht sein kann, wie die historisch−kritische Theologie behauptet" (im Internet unter http://www.br-online.de/bayern2/katholische-welt/kath-ev-arnold-stadler-salvatore-ID1263220450075.xml) Um diese − allerdings recht pauschalen − Vorwürfe an die Adresse von Kirchenleitung und Theologie solide aufzuarbeiten und zu entkräften, brauche ich mehr Zeit und Raum, als er mir in diesem Zusammenhang zur Verfügung steht.

6 Zu den "Biblischen Geschichten", die in zahlreichen, insbesondere älteren Ausgaben vorliegen, vgl. vor allem R. Wunderlich, Johann Peter Hebels "Biblische Geschichten", 1990, aber auch die glänzende Studie von P. Katz:
Ein Gutachten Hebels, ThZ 15, 1959, S. 267−287.

7 Vgl. dazu ausführlicher J.A. Steiger, Bibel−Sprache, Welt und Jüngster Tag bei Johann Peter Hebel. Erziehung zum Glauben zwischen Überlieferung und Aufklärung, 1994, S. 11ff; H. Helwig, Johann Peter Hebel. Biographie, 2010, S. 252ff; B. Viel, Johann Peter Hebel oder: Das Glück der Vergänglichkeit. Eine Biographie, 2010, S. 238ff.

8 Helwig und Viel [s. oben Anm. 7].

9 Johann Peter Hebel, Predigten. "Die Morgenröthe der Aufklärung, die Milderung der Sitten", hg. v. Th.K. Kuhn und H.-J. Schmidt, 2010.

10 In: Kuhn/Schmidt [s. oben Anm. 9], S. 11.

11 A.a.O. S. 11ff.

12 Hebel studierte 1778-1780 Theologie in Erlangen. Unter seinen Lehrern ragt der 1770 nach Erlangen berufene  Georg Friedrich Seiler heraus [vgl. A. Beutel, Aufklärung in Deutschland,  Die Kirche in ihrer Geschichte. Ein Handbuch: Band 4 Lieferung 02, 2006]. Eine knappe, sehr erhellende Charakterisierung der neologischen Aufklärungstheologie liefert Kuhn [a.a.O. S. 10]: "Prüfung und Zurückweisung der überkommenen theologischen Autoritätsansprüche, die sich auf Bibel, Bekenntnis und orthodoxe Dogmatik bezogen", "entscheidendes Kriterium ... die Frage nach der moralischen und religiösen Plausibilität" und somit "ein vernünftiges Christentum", "Individualisierung der Religion", "Wunsch, die religiöse Mündigkeit des Menschen zu befördern", "Haltung einer religiös−weltanschaulichen Toleranz", "Kompatibilität von Verstand und Gefühl oder von Vernunft und Sinnlichkeit".

13 Vgl. P.C.Bloth, Art. Schriftlesung I, in: TRE, Bd. 30, 1999, S. 520−558, bes. 538ff; Beutel, Aufklärung in Deutschland [s. oben Anm. 12], S. 361−366.

14 Für Hinweise, wie sich Gottesdienst, Kirchenraum und Predigt unter dem Einfluss der Aufklärungstheologie konkret  veränderten, vgl. Beutel a.a.O. [s. oben Anm. 13].

15 Th.K.K., Trost und Aufklärung, in: Th.K.K./H.-J. Schmidt (Hg.), Johann Peter Hebel. Predig¬ten, 2010, S. 9−26, dort 19f.

16 Kuhn, a.a.O. [s. oben Anm. 15] S. 25.

17 J.P. Hebel, Die Kalendergeschichten. Hg. v. H. Schlaffer und H. Zils. Mit einem Nachwort von H. Schlaffer, dtv 13861, Neuausgabe 2010 [Erstfassung  1999], S. 328−332.

18 Hebel, Kalendergeschichten [s. oben Anm. 17], S. 305f

19 Vgl. Beutel, Aufklärung.

20 In Johann Anselm Steigers Arbeit über Hebel [s. oben Anm. 7] hat das "Unverhoffte Wiedersehen" eine Schlüsselrolle: Es wird zum Kronzeugen für die "Re−Eschatologisierung des aufgeklärt−mechanistischen Vorsehungsglaubens" und ist die "narrative Umsetzung seiner Eschatologie" (S. 8. 177ff.259ff).

21 Sie ist in einer Internetfassung zugänglich: http://www.faz.net/s/RubCC21B04EE95145B3AC877C874FB1B611/Doc~E05FA7ED4C52E44A7B8282FB80E6A3D74~ATpl~Ecommon~Scontent.html

22 Ähnlich wird Hebel von W. Eisinger, dem langjährigen Praktischen Theologen an der Theologischen Fakultät in Heidelberg, charakterisiert (vgl. W.E., "... und fällt deswegen auch in Gottes Sprache", 2001, S. 7−93): Hebels Botschaft sei "ein einziges Plädoyer für ein Christentum mit menschlichem Antlitz" (S. 67); unser heutiges Christentum sei "theologisiert", Hebels Christsein sei "menschlich−nahe" (S. 69).