"Was würde Jesus dazu sagen? Deutsch auf dem Schulhof" - BZ-Kolumne

Wolfgang Huber

Dass im Ausland Deutsch gesprochen wird, ist nicht selbstverständlich. Vor kurzem habe ich Polen besucht; gerade bin ich dienstlich in Lateinamerika unterwegs. Jedesmal freut es mich, wenn jemand mich auf Deutsch anspricht. Aber in der Regel wird die Landessprache gesprochen. Wer sich dauerhaft in einem Land aufhalten will, in dem nicht die eigene Muttersprache gesprochen wird, muss die Landessprache lernen. Denn nur dann kann er am Leben dieses Landes teilnehmen. Eine gemeinsame Sprache ist der wichtigste Schritt, um einander kennen zu lernen. Je vielfältiger eine Gesellschaft wird, desto wichtiger ist das.

Die Herbert-Hoover-Schule im Berliner Wedding hat ein Beispiel gegeben für etwas, was weltweit gilt. Die Verständigung in der jeweiligen Landessprache ist eine globale Normalität. Auf Schulhöfen in Argentinien wird Spanisch und auf Schulhöfen in Polen Polnisch gesprochen. Die Diskussion über Deutsch auf dem Schulhof macht uns auf ein Prinzip aufmerksam, das für alle Länder gilt. Man verständigt sich in der Sprache, die in einem Land die herrschende ist – welche Sprache das auch ist. Es geht also gar nicht um die Besonderheiten einer „deutschen“ Leitkultur. Es geht um ein universales Prinzip. Es geht um eine Anwendung der Goldenen Regel: „Was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.“ Wenn ihr wollt, dass euch die Leute verstehen, versucht sie zu verstehen.

Entzündet hat sich die Diskussion an den Absprachen der Verantwortlichen für die Herbert-Hoover-Realschule. Die Schule ist nach einem amerikanischen Präsidenten benannt. Zehn Muttersprachen werden von Schülerinnen und Schülern dieser Schule gesprochen; miteinander sollen sie Deutsch nicht nur im Unterricht, sondern auch auf dem Pausenhof und während Klassenfahrten sprechen. Wie sollten sie sich anders verständigen?

In der Weddinger Schule wurde eine beispielhafte Entscheidung getroffen. Mich wundert nicht, dass so viele Eltern ihre Kinder an dieser Schule anmelden. Vorbildlich ist dabei nicht nur das Ziel, sondern auch das Verfahren. Eltern und Schüler wurden in die Vorbereitung dieser Regelung einbezogen. Dadurch, dass Deutsch zur Umgangssprache an dieser Schule wird, öffnen sich die Schülerinnen und die Schüler für die Welt, in der sie leben. Sie können zugleich ihre eigenen kulturellen Prägungen in unsere Gesellschaft einbringen können. Denn man vergisst das Eigene nicht, wenn man sich für andere öffnet.