Grußwort zum Ökumenischen Filmempfang in der St. Matthäuskirche zu Berlin

Wolfgang Huber

Wieder in St. Matthäus, unserer Kulturkirche am Kulturforum. Seien Sie sehr herzlich begrüßt zu dem Ökumenischen Filmempfang aus Anlass der Berlinale. Für viele mag das schon zum festen Bestandteil der Berlinale gehören: Wenn die Festspiele sich dem Ende zuneigen, am Donnerstag um 11 Uhr treffen wir uns in St. Matthäus. Dieser Ort ist als Kirche der Evangelischen Kunst- und Kulturstiftung ja den Künsten in vieler Hinsicht besonders verbunden: Die Nähe zur Gemäldegalerie, die besondere musikalische Gestaltung der Gottesdienste haben diejenigen unter Ihnen schon miterlebt, die am vergangenen Sonntag an der Verleihung des John-Templeton-Filmpreises teilgenommen  haben. Und wir freuen uns, dass die Nähe zum Potsdamer Platz auch eine natürliche Verbindung zu den Filmfestspielen schafft, die es auch den Filmbesessenen möglich macht, hier ein Stunde lang die Augen auszuruhen.

Von allen Künsten, die wir kennen, ist der Film die einzige, die keinen sakralen Ursprung hat – und die man auch nicht so ohne weiteres in eine Kirche holen kann, wo ja Wort und Musik und bildende Kunst immer ihren Ort haben und zusammenkommen im Gottesdienst. Bilder, Worte und Musik fügen sich im Film zu einem eigenen Kosmos, der die Menschern  im Dunkel des Kinosaals in seinen Bann zieht. Auch dort werden religiöse Erfahrungen gemacht. Die Beziehungen zwischen Film und Religion sind inzwischen schon fast ein eigener Wissenschaftszweig geworden, Stoff für viele Doktorarbeiten, denen wir uns heute morgen nicht widmen müssen, Stoff auch für manche leichtfertigen Interpretationen, denen wir uns genauso wenig widmen.

Fruchtbar ist das Gespräch zwischen Kino und Kirche aus vielen Gründen – nur zwei will ich erwähnen: Zum einen: Kino verbindet und an Verbindungen sind auch wir als Christinnen und Christen interessiert. Großeltern und Enkel, alte und junge Menschen, Kopf- und Handarbeiter, Christen und Muslime  – alle sehen sie Filme und alle verstehen sie die Sprache der Filme. Von Anfang an war der Film eine populäre Kunst. Alte und junge Menschen, Kopf- und Handarbeiter – alle sind sie in unseren Gemeinde vertreten – auch unser Interesse ist es, für alle da zu sein. Und oft helfen Filme, die gemeinsame Ebene zu finden, auf der das Gespräch gelingt.  Man kann sich verständigen, auch wenn die Herkunft sehr verschieden ist – Sie erleben das alle Jahre wieder in der Arbeit der ökumenischen Jury, deren Mitglieder ich ganz besonders herzlich begrüße. Es hat sich eindrucksvoll und sehr konkret auch bewahrheitet bei dem Seminar, das die Evangelische Akademie zusammen mit der Muslimischen Akademie aus Anlass der Berlinale Anfang letzter Woche veranstaltet hat:  Christen, Juden und Muslime haben zwei Tage lang zusammen Filme von  und über Migrantinnen und Migranten gesehen; die Teilnehmenden haben dabei viel voneinander gelernt und miteinander erfahren.

Filme verbinden, weil sie uns zur Anteilnahme verführen – wir identifizieren uns mit den Schicksalen auf der Leinwand, sie werden Teil unserer Innenwelt – und so kann es wenigstens für 90 Minuten geschehen, dass wir den fremden Anderen wirklich lieben wie uns selbst. Unendlich viele Fenster zur Welt können sich so öffnen, wie es die Berlinale-Besucher ja in diesen Tagen auch wieder erleben, wenn Sie an einem Tag zwischen Israel und Malaysia, zwischen dem Himalaja und der Uckermark emotional hin- und herpendeln.

Und nicht selten  öffnet sich in einem Film auch in besonderer Weise ein Blick auf die Hoffnung, die uns als Christen trägt – solche Filme zu würdigen und ins Gespräch zu bringen, ist die Aufgabe der ökumenischen Jury, die in diesen Tagen harte Arbeit leistet und der ich dafür herzlich danken möchte. Ihnen allen wünsche ich eine erholsame und anregende Stunde hier in St. Matthäus.