Grußwort zur Eröffnung der Paul-Gerhardt-Ausstellung in St. Nikolai

Wolfgang Huber

Die beliebtesten deutschen Kirchenlieder stammen von einem Berliner. Der Pfarrer Paul Gerhardt, geboren am 12. März 1607, lebte lange in unserer Stadt. Zunächst beinahe ein Jahrzehnt als Hauslehrer, dann noch einmal zehn Jahre als Pfarrer an der St. Nikolai-Kirche in der heutigen Mitte Berlins. Von ihm stammen klassische Lieder, die viele kennen, ohne zu wissen, von wem sie stammen. „Geh aus mein Herz und suche Freud“ oder „Nun ruhen alle Wälder“ sind Beispiele dafür.

139 Kirchenlieder sind von Paul Gerhardt überliefert. Man braucht nicht zu wissen, von wem diese „Hits“ sind. Hauptsache, man singt sie. Vielen Menschen ist das Singen vergangen, weil sie nur noch zuhören. Bei „Deutschland sucht den Superstar“ zum Beispiel. Ich habe nichts dagegen zuzuhören, wenn andere richtig gut singen. Aber ich lasse mir nicht die Freude daran nehmen, selber zu singen. „Du, meine Seele, singe, wohlauf und singe schön.“ Das ist auch ein wunderbarer Schlager von Paul Gerhardt.

Meist klingen diese Lieder optimistisch. Denn Paul Gerhardt war von der Überzeugung getragen, dass Gott unser Leben in den Händen hält. Trotz Leiden und Tod wird es am Ende gut sein. Daran glaubte er. Leichtfertig sagte er das nicht. Sein eigenes Leben war voller Leid. Er war Vollwaise, erlebte das Grauen des Dreißigjährigen Krieges und die Leiden der Pest. Später verlor er vier seiner fünf Kinder und seine Frau. Auch das spürt man in seinen Liedern. „Mit Sorgen und Grämen / und mit selbsteigner Pein / lässt Gott sich gar nichts nehmen, / es muss erbeten sein.“ Oberflächliche Zuversicht ist das nicht. Dieses Gottvertrauen ist hart errungen.

Am kommenden Montag vor vierhundert Jahren wurde Paul Gerhardt geboren. Diesen 400. Geburtstag muss man feiern. Diesem Dichter muss man ein Ständchen bringen! Das haben wir gerade im Gottesdienst getan. Die große Ausstellung hier in der St. Nikolaikirche informiert über sein Leben und seinen Glauben; es ist eine Freude, diese Ausstellung zu eröffnen.

In der ganzen Welt werden Paul Gerhardts Lieder gesungen, von Christen aller Konfessionen. Aber er wirkte in Berlin. Mittenwalde und Lübben waren weitere Stationen seines Wirkens. Zwei brandenburgische Städte, nahe bei Berlin. Er gehört zu uns. Wir können stolz auf ihn sein.

Sehr herzlich danke ich dem Berliner Stadtmuseum, das den 400. Geburtstag Paul Gerhardts zum Anlass genommen hat, sein Andenken mit einer Ausstellung in der St. Nikolaikirche zu ehren. Ebenso herzlich danke ich der Paul-Gerhardt-Gesellschaft und dem großen Kreis der Paul-Gerhardt-Bewunderer, die sich um sie gesammelt und dieses Jubiläumsjahr mit seinen vielen und vielfältigen Veranstaltungen vorbereitet haben, für alle Mühe und Kreativität.

Man könnte sich ohne Mühe dieses ganze Jahr über nur mit Paul Gerhardt beschäftigen. Das wird nur wenigen möglich sein. Aber alle können diese Ausstellung sehen; dafür reicht die Zeit immer. Sie, die Sie heute hier sind, beweisen das. Herzlich willkommen! Der Ausstellung wünsche ich vielfältige Resonanz!