Ansprache zur Einführung von Dieter Wentzek als Direktor des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung, St. Marienkirche in Berlin

Wolfgang Huber

Lieber Bruder Dieter Wentzek,

mit dem Sonntag Kantate im Rücken singt es sich fröhlich und leicht. Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder. So steht es über dieser Woche, die in besonderer Weise unserer Lust zum Singen gewidmet ist. Sie haben sich gewünscht, dass der Vers dieser Woche auch über der Einführung in Ihr neues Amt erklingt. Die evangelische ist eine singende Kirche; im Jahr des 400. Geburtstages Paul Gerhardts ist sie es in besonderer Weise. Das Singen vereint uns auch heute im Dank und in der Freude über den neuen Direktor des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung.

Behaupten zu wollen, Ihr Weg hätte zielstrebig auf dieses Amt zugeführt, wäre vielleicht etwas zu gewagt; doch wer sich mit den Stationen Ihres Berufsweges befasst, entdeckt schnell am Rande und im Zentrum dieses Weges die Bereitschaft, über den Tellerrand der Theologie hinauszublicken, und spürt die Lust an pastoralpsychologischer Arbeit. Das haben Sie mir auch bei unserer ersten persönlichen Begegnung über den Dächern Dortmunds sehr anschaulich und plausibel erzählt.

Inspiration zu diesem Weg fanden Sie in der Auseinandersetzung mit der Theologie Paul Tillichs, konkreten Ausdruck fand diese Lust im Zweitstudium der Psychologie. Sie bringen in Ihre Arbeit die Ausbildung als Psychotherapeut, als Gemeindeberater und Supervisor mit, Sie haben sich besonders von der Hospizarbeit prägen lassen. Langjährig ist Ihre Erfahrung in der Fortbildung pflegender Berufe, als Superintendent des Kirchenkreises Hagen haben Sie reichlich Leitungserfahrung sammeln können. Ich freue mich, dass Sie bereit sind, diesen beeindruckenden Erfahrungsschatz in Ihre neue Aufgabe einzubringen und heiße Sie im Namen der Evangelischen Kirche von Deutschland in Ihrem neuen Amt herzlich willkommen! Und als Berliner Bischof sage ich: Herzlich willkommen in Berlin!

Wenn wir mit dem Gottesdienst zu Ihrer Einführung mit der Aufforderung Kantate ernst machen, so tun wir dies auch mit Liedern von Paul Gerhardt: Du meine Seele singe. Paul Gerhardts Lieder fordern zu einem inneren Tapetenwechsel auf. Not und Traurigkeit menschlichen Lebens verschweigen diese Lieder nicht; doch sie laden die Seele ein zur Probeidentifikation frohgemuten Gesangs. Du meine Seele, singe, / wohlauf und singe schön. Niemand vermag zu zählen, wie vielen Menschen die Lieder dieses Dichterpfarrers Trost und Halt gegeben haben, wie vielen Kindern sein Abendlied gesungen wurden, wie viele Kranke im Laufe der Jahrhunderte dem Herrn mit seinen Worten ihre Wege anbefohlen haben oder wie viele Sterbende mit seinen Strophen aus diesem Leben geleitet wurden.

Doch stets hatte Paul Gerhardt auch jene Dimension im Sinn, auf die der Psalmvers von Kantate hinweist, wenn man ihn nur zu Ende liest: Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder; er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm.

Gott schafft Heil. Er wendet sich zu den Geknickten wie zu den Gebeugten. Sein Trost erneuert den aufrechten Gang. Er legt die Bahn frei, auf der ein Evangelisches Zentralinstitut für Familienberatung in Bewegung ist. Der Psalmvers führt an die Kreuzung von seelsorgerlichem und politisch-diakonischem Engagement. Er rückt die Schattenseite unserer Gesellschaft genauso in den Blick, wie er deren Stärken beleuchtet. Denn das eine wie das andere rückt in das Licht der Treue Gottes: der Herr schafft Heil.

Mein Wunsch ist, dass die Mitarbeitenden im Evangelischen Zentralinstitut für Famlienberatung unter der Leitung ihres neuen Direktors die Krisen und Konflikte unserer Gesellschaft, die sich so oft in Familien verdichten, ebenso wie das Gelingen von Beziehungen und die Versöhnung von Menschen in das Licht der Treue Gottes rücken. In Ihrem Arbeitsfeld hören Sie oft früher als manch andere, welches die religiösen Themen sind, die sich in den Tiefenschichten unserer Gesellschaft zur Geltung bringen.

Mit dem Aufruf Kantate habe ich begonnen, mit Paul Gerhardt will ich enden und Ihnen mit seinen Worten Gottes Segen und Geleit für Ihren Dienst wünschen:  Wohl dem, der einzig schauet / nach Jakobs Gott und Heil! / Wer dem sich anvertrauet, / der hat das beste Teil, / das höchste Gut erlesen, / den schönsten Schatz geliebt; / sein Herz und ganzes Wesen / bleibt ewig unbetrübt. Amen.