Statement auf der Pressekonferenz anlässlich des Zukunftsforums

Ilka Federschmidt, Superintendentin im Kirchenkreis Wuppertal

Loslassen, um neues zu gewinnen!

Der Kirchenkreis Wuppertal ist als Kirchenkreis im Bergischen Städtedreieck in der Nachbarschaft zum Ruhrgebiet ein Beispiel für enorme Veränderungsprozesse im kirchlichen Leben. Aus den zwei Kirchenkreisen Barmen und Elberfeld wurde 2005 der eine Kirchenkreis Wuppertal. Dieser freiwillige und bewusst gestaltete Zusammenschluss, den viele für nicht möglich gehalten hätten, hat das Bewusstsein gestärkt, evangelische Kirche in dieser Stadt und für ihre Menschen zu sein. Zu einem Kirchenkreis zusammenzuwachsen – das ist zu einer ermutigenden Transformationserfahrung geworden. 

Viele Veränderungsprozesse sind zunächst für die Gemeinden schmerzhaft.
Hatte der neue Kirchenkreis 2005 noch 123.516 Gemeindeglieder, so sind es in 2014 noch 104.380. Gab es zu dem Zeitpunkt noch 26 selbständige Gemeinden im Kirchenkreis, so sind es heute noch 18. Gemeinden haben sich in den vergangenen Jahren zusammengeschlossen und weitere Zusammenschlüsse und Veränderungen von Gemeinden stehen an. Mit dieser Entwicklung hat der Kirchenkreis Anteil an der bisherigen demografischen Entwicklung in der Stadt. Die einschneidenden Sparzwänge der Stadt Wuppertal und die Probleme ihrer Infrastruktur wirken sich auch auf die Situation der Gemeinden aus. Viele Kirchen und Gemeindestandorte mussten im Laufe der letzten 20 Jahre aufgegeben werden. Daraus sind im Einzelfall auch fruchtbare Projekte entstanden: Die CityKirche Elberfeld, in der wir uns hier befinden, zeigt dies: 2001 startete das Projekt CityKirche als „Rasthaus und Gasthaus“. Kultur und Gastronomie zogen ein. Aber „Bethaus“ für Gottesdienst und Spiritualität ist sie zugleich nicht nur geblieben, sondern soll als solche noch ausgebaut werden: Drei innovative Projekte werden künftig unter dem gemeinsamen Dach gestaltet werden: Die CityKirchenarbeit, unsere Jugendkirche und die Innenstadtarbeit des CVJM.

Die Kirchenkreisleitung ist noch nie so stark in der Begleitung von Gemeindeleitungen und Veränderungsprozessen in Gemeinden engagiert gewesen wie zurzeit. Eine anspruchsvolle Herausforderung in der Moderation von Veränderungs- und gemeindlichen Trauerprozessen wie in der Unterstützung sich verändernder kreiskirchlicher Strukturen. Auch freie Werke und Einrichtungen suchen verstärkt kreiskirchliche Kooperationen und Anknüpfpunkte.

In der andauernden Umbruchsituation entstehen aber zugleich Aufbruchsituationen.
Immer mehr Kirchen- und Gemeindeleitende fragen auch in unserem Kirchenkreis nach dem Auftrag der Kirche, wenn es um die nächsten Schritte im Gemeindeleben geht. Und wir finden Antwort – bis heute aktuell und uns in dieser Stadt besonders nah - in der Barmer Theologischen Erklärung von 1934: Die erste These lässt im Ringen um den Weg der Kirche Jesus selbst zu Wort kommen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Manchmal scheinen die Sorgen um die Finanzen und den „Lebensstandard“ unserer Kirche mehr Macht auf uns auszuüben als die verheißungsvolle Botschaft von der Liebe Jesu Christi. Ich bin zuversichtlich und erlebe hier vor Ort auch eine Sehnsucht danach, dass wir die Sachzwänge und die Sorge um das, was wir als Kirche haben, loslassen können um Neues zu gewinnen.

In diesem Sinne lassen wir uns durch die Barmer Erklärung provozieren und ermutigen. Gottes Wort ist eine reformatorische Neuentdeckung wert: Es kann und es wird uns verändern!