Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist

Biopatente und Ernährungssicherung aus christlicher Perspektive. Eine Studie der Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung. EKD-Text 115, 2012

2. Patente als Schutz geistigen Eigentums

Leitgedanke: Patente als eine Form von geistigen Eigentumsrechten werden für technische Erfindungen erteilt. Ein Patent ist kein positives Besitz- oder Nutzungsrecht, sondern ein negatives Ausschließungsrecht: Es gewährt das Recht, über die kommerzielle Nutzung der patentierten Erfindung für einen Zeitraum von 20 Jahren zu bestimmen. Im Gegenzug profitiert die Gesellschaft ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Patentschrift: Die Information über die technische Innovation, die mit dem Patent verbunden ist, wird der Allgemeinheit zugänglich gemacht und kann weitere technischen Neuheiten initiieren. Nach Ablauf des Patentschutzes (nach 20 Jahren) geht die Erfindung in das Gemeingut der Gesellschaft über.

2.1 Historische Entwicklung von Patenten

Das heutige Patentwesen hat eine lange Geschichte, die mindestens bis ins Mittelalter zurückreicht. Der Begriff "Patent" stammt von herrschaftlichen Erlassen oder Verordnungen ab, die als offene Briefe (ohne Siegel) an alle Untertanen verbreitet wurden. Im Englischen sind dies "letters patent". So wurden Offizierspatente beim Militär erteilt, aber auch Handelsprivilegien wie Monopole auf den Verkauf oder Konzessionen gewährt. Erfindungen waren nicht zwangsläufig Gegenstand eines Patents.

Das erste wirkliche Patentgesetz Europas wurde 1474 in Venedig erlassen. Das venezianische Patentgesetz spricht ausdrücklich von Erfindungen; ein Ziel des Gesetzes besteht explizit darin, den technologischen Fortschritt zu unterstützen. Dort heißt es: "Unter uns leben große und geniale Männer, die fähig sind, sinnreiche Vorrichtungen zu erfinden und zu entdecken […]. Wenn nun Vorsorge getroffen würde, dass andere, die die von diesen Männern entdeckten Vorrichtungen und Werke sehen , sie nicht bauen können und dem Erfinder seine Ehre nehmen, dann würden mehr Männer ihre Talente anwenden, würden entdecken und Vorrichtungen bauen, die sehr nützlich und vorteilhaft für unser Gemeinwesen sind. Es wird daher […] zum Gesetz erklärt, dass jeder, der in dieser Stadt irgend eine neue und erfinderische Vorrichtung bauen sollte, […] hiervon Mitteilung machen soll, wenn die Erfindung so zur Vervollkommnung gebracht ist, dass sie benutzt und betrieben werden kann. Es ist jedem Dritten in irgend einem unserer Gebiete und Städte für die Dauer von 10 Jahren verboten, ohne die Zustimmung und Lizenz des Urhebers eine weitere Vorrichtung zu bauen, die mit besagter Vorrichtung übereinstimmt oder ihr ähnlich ist." [8]

Das erste deutsche Patentgesetz trat 1877 in Kraft. Es schützte Erfindungen, die gewerblich nutzbar und (im Inland) neu sind für 15 Jahre. Explizit ausgenommen von der Patentierbarkeit waren: 1. Erfindungen, deren Verwertung den Gesetzen oder guten Sitten zuwiderlaufen würde und 2. Erfindungen von Nahrungs-, Genuss- und Arzneimitteln.

2.2 Bedingungen der Patentierbarkeit

Eine Erfindung gilt in Europa [9] dann als patentierbar, wenn es sich um eine neue, gewerblich anwendbare Erfindung auf dem Gebiet der Technik handelt. Eine Erfindung beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn sich die Erfindung in nicht naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Dies wird als Erfindungshöhe bezeichnet.

Von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind Entdeckungen, aber auch wissenschaftliche Theorien, mathematische Methoden, ästhetische Formschöpfungen sowie Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele und geschäftliche Tätigkeiten. Von der Patentierung ausgeschlossen sind hierzulande auch Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde. Anders als etwa in den USA sind auch Pflanzens orten und Tierrassen nicht patentierbar [10].

Das moderne Patentwesen erteilt Patente nur noch in Verbindung mit einer erfinderischen Leistung. Ein Erfinder erhält durch die Erteilung eines Patents bestimmte Privilegien, die sich auf die kommerzielle Verwertung der Erfindung beziehen. Ein Patent bedeutet kein positives Besitz- oder Nutzungsrecht, sondern ein negatives Ausschließungsrecht: Das Patent stellt keine Genehmigung zur Nutzung einer Erfindung dar, sondern gewährt lediglich das Recht zur alleinigen kommerziellen Nutzung der patentierten Erfindung während eines Zeitraums von üblicher Weise 20 Jahren. Der Patentinhaber ist allein berechtigt, zu entscheiden, in welchem Umfang die Erfindung vermarktet und verwertet oder anderen gegen Zahlung von Lizenzgebühren zur wirtschaftlichen Verwertung überlassen werden soll. Die Nutzung einer patentierten Erfindung für den Privatgebrauch oder etwa zu Forschungszwecken erfordert hingegen nicht das Einverständnis des Patentinhabers. Die Weiterentwicklung eines patentierten Produkts oder Verfahrens ist somit ohne Einwilligung des Patentinhabers zulässig, für die kommerzielle Verwertung einer neuen Erfindung ist jedoch die Genehmigung des Patentinhabers erforderlich, soweit die Erfindung den patentierten Gegenstand enthält.

Das Patent schützt in erster Linie die wirtschaftlichen Interessen des Patentinhabers und räumt ihm grundsätzlich eine monopolartige Marktposition ein. Der Unterschied zwischen Patenten und Monopolen liegt in der Befristung von Patenten. Nach Ablauf des Patentschutzes (nach 20 Jahren) geht das Patent in das Gemeineigentum über. Im vorletzten Jahrhundert wurde dies zum einen damit begründet, den technischen Fortschritt anzuregen (Anspornungstheorie), und zum anderen naturrechtstheoretisch (Idee als individuelles Eigentum) oder belohnungstheoretisch. Allerdings sieht das Patentrecht auch eine Art des Interessenausgleichs für die Gesellschaft vor. Der Erfinder muss in der Patentschrift seine Erfindung vollständig veröffentlichen, indem er sie so ausführlich darstellt, dass ein technisch kundiger Dritter in die Lage versetzt wird, die Erfindung nachzubauen. Hierdurch erhält die Gesellschaft Zugang zu neuem Wissen. Dies wird auch als offenbarungstheoretische Begründung des Patentwesens bezeichnet.

Im Zeitverlauf verloren naturrechts- und belohnungstheoretische Begründungen an Bedeutung, und es kristallisierten sich weitere Begründungen heraus [11]. Im Wesentlichen sollen Patente sowohl einen Anreiz für technische Innovationen schaffen, als auch deren Verbreitung und Weiterentwicklung fördern. Es gilt jedoch auch in der einschlägigen ökonomischen Forschung als umstritten, ob das Patentwesen nachweislich Innovationen fördert und zur Verbreitung von Wissen beiträgt und inwieweit sein volkswirtschaftlicher Nutzen die mit dem Patentschutz einhergehenden volkswirtschaftlichen Kosten tatsächlich übersteigt [12].

So kommen einige Studien zum Beispiel zu dem Schluss, dass nur für sehr forschungsausgabenintensive Branchen, deren Produkte zu niedrigen Kosten kopiert werden können (etwa Pharmazie), empirisch belegt sei, dass der Patentschutz Innovationen in signifikantem Maße fördert. Die Kosten des Patentschutzes beschränkten sich indes nicht allein auf die bewusst in Kauf genommenen höheren Preise und die schlechtere Marktversorgung als bei unbeschränktem Wettbewerb, die sich durch die monopolartige Stellung des Patentinhabers vorübergehend einstellen. Als gravierende Nachteile des Patentwesens in der Praxis gelten vielmehr die Einschüchterung und Behinderung von (potentiellen und tatsächlichen) Konkurrenten durch Patentklagen, das Horten von Patenten und das "Umzäunen" von Erfindungen zur Verhinderung der Entstehung von Innovationen Anderer. Durch solche wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen würde das Patentwesen Innovationen nicht fördern, sondern hemmen. Entsprechend intensiv wird in der patentökonomischen Forschung diskutiert, ob die derzeitige Patentdauer und der Patentumfang angemessen sind und inwieweit die patentrechtlichen Institutionen reformiert werden müssen.

Das Instrument des Patents als Schutz des geistigen Eigentums wird inzwischen nur noch selten von Einzelerfindern genutzt. Vielmehr sind es überwiegend Unternehmen, die auf diese Weise ihre Investitionen in die Entwicklung neuartiger Technologien oder Medikamente abzusichern suchen. Patente werden von kooperierenden Unternehmen über nationale Grenzen hinweg gebündelt, um strategische Marktvorteile zu erzielen, und nicht selten ist die Aneignung von Patenten ein Motiv für Fusionen. Zugleich ist in den letzten Jahrzehnten die Zahl der Länder gestiegen, in denen Unternehmen die Erfindungen zum Patent anmelden. Auch das Europäische Patentamt sieht diese Veränderungen: "Was als eine erfolgreiche Ansammlung nationaler Regeln begann, um die nationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und zu erhalten, ist nun übertragen und erweitert worden, um in einer global orientierten Informationsgesellschaft von Nutzen zu sein." [13] Forschung und Entwicklung würden heute zunehmend zu einem kollektiven und globalen Unterfangen. Die Verbindung zum globalen Handelsrecht habe eine territoriale Erweiterung zur Folge gehabt.

2.3 Bestandteile eines Patents

Patentschriften sind international einheitlich aufgebaut. Die Titelseite enthält wichtige Daten (Nummer des Patents, Anmelde-, Offenlegungs-, Erteilungsdatum), den Anmelder und Erfinder, den Titel des Patents sowie eine zusammenfassende Darstellung des Inhalts (Abstract).

Die Beschreibung des Patents ist der technische Teil der Patentschrift. Hier wird der Gegenstand der Erfindung, die Einordnung in das technische Sachgebiet, der Stand der Technik und ähnliches ausgeführt.

Die Patentansprüche (Claims) stellen den juristischen Teil der Patentschrift dar. Hier werden die zu schützenden Gegenstände beschrieben. Die Sprache ist meist sehr allgemein gehalten, um einen möglichst umfassenden Schutz zu erzielen. Meist erfolgt eine Aufteilung in Haupt-, Neben- und Unteransprüche, die sich aufeinander beziehen.

2.4 Patente auf Produkte und Verfahren

Grundsätzlich ist zwischen Produktpatenten und Verfahrenspatenten zu unterscheiden. Bei einem Produktpatent, so regelt es etwa das Deutsche Patentgesetz in Artikel 8, besteht die zu schützende Erfindung in einem bestimmten Erzeugnis, beispielsweise einer Maschine oder einem Gebrauchsgegenstand. Der Inhaber eines Produktpatentes kann anderen verbieten, dieses Produkt zu kommerziellen Zwecken herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und zu gebrauchen bzw. es zu den genannten Zwecken zu importieren oder zu besitzen.

Im Falle eines Verfahrenspatents besteht die zu schützende Erfindung in einem bestimmten Verfahren. Weder darf dieses Verfahren von einem Dritten ohne Zustimmung des Patentinhabers kommerziell angewendet werden, noch dürfen die unmittelbar daraus entstehenden Produkte angeboten, in Verkehr gebracht und gewerblich gebraucht werden. Gleichfalls ist es untersagt, sie ohne Lizenz zu einem der genannten Zwecke einzuführen oder zu besitzen. Das deutsche Patentgesetz differenziert zwischen einem Herstellungs- und einem Arbeitsverfahren. Das Patent auf ein Herstellungsverfahren schützt die Art und Weise der Herstellung, also z. B. die Ausgangsstoffe und deren Bearbeitung im Verlauf des Verfahrens sowie die hergestellten Produkte (sog. Product-by-Process-Patent). Das Patent auf ein Arbeitsverfahren ist wesentlich enger gefasst: Es schützt lediglich die Durchführung des Verfahrens selbst.

Während also ein Produktpatent ein bestimmtes Erzeugnis unabhängig von seiner Herstellungsweise schützt, erstreckt sich ein Verfahrenspatent auf die Herstellungsweise und die unmittelbar aus dieser Herstellungsweise hervorgehenden Produkte. Nimmt man ein Bügeleisen als Beispiel, so schützt ein Produktpatent ein Bügeleisen mit bestimmten Eigenschaften, etwa einer spezifischen Platte, die Hemden besonders glatt werden lässt. Mit einem Verfahrenspatent könnte die Herstellungsweise dieses Bügeleisens geschützt werden, wodurch auch alle mit diesem Herstellungsverfahren produzierten Bügeleisen unter den Patentschutz fielen. Alle anderen Bügel eisen jedoch, die die gleiche Platte mit den gleichen Eigenschaften aufwiesen, jedoch auf andere Art und Weise hergestellt würden, wären durch das Verfahrenspatent nicht geschützt. Ein Arbeitsverfahren würde lediglich die Herstellungsweise des Bügeleisens schützen, nicht jedoch das so entstandene Bügeleisen.

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