Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist

Biopatente und Ernährungssicherung aus christlicher Perspektive. Eine Studie der Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung. EKD-Text 115, 2012

3. Regelung von Biopatenten

Leitgedanke: Inzwischen werden Patente auch auf Lebewesen und deren Bestandteile erteilt. Die Patenterteilung beschränkt sich nicht auf gentechnisch veränderte Organismen, sondern erstreckt sich auch auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere. Allerdings sind Pflanzensorten und Tierrassen von der Patentierung ausgeschlossen. Zahlreiche Regelwerke befassen sich mit Biopatenten. In Europa sind dies das Europäische Patentübereinkommen EPÜ, die Europäische Biopatentrichtlinie DIR 98/44 EG und in Deutschland das nationale Patentgesetz. Im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO wurden handelsbezogene Aspekte von Rechten an geistigem Eigentum (TRIPS) festgelegt. TRIPS räumt die Möglichkeit ein, anstelle von Biopatenten alternative Schutzrechte für Pflanzen, sog. sui generis Rechte, zu vergeben. Weitere internationale Abkommen und Konventionen können von Biopatenten berührt werden. Die Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) legt Regeln für den Zugang und den gerechten Vorteilsausgleich bei der Nutzung biologischer Ressourcen fest. Hier kann es zu Konflikten kommen, die durch das Nagoya-Protokoll nicht verhindert werden. Auch der Internationale Saatgutvertrag beschäftigt sich mit Biopatenten.

3.1 Ausweitung des Patentwesens auf die Biologie

Bis ca. 1980 galten Lebewesen im Wesentlichen nicht als patentierbar. Diese Auffassung wurde aber bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts durchbrochen, indem Patente auf Mikroorganismen erteilt wurden, die in der Industrie Anwendung fanden (Beispiel: Brot-, Bier-, Milchprodukteherstellung). Pflanzensorten waren in einigen Ländern ebenfalls zwischenzeitlich patentierbar und sind es in den USA seit 1930 [14]. In Europa kann für die Züchtung neuer Pflanzensorten hingegen im Prinzip kein Patent erteilt werden, hier greift vielmehr der Sortenschutz.

Im Jahr 1980 wurde in den USA weltweit erstmals ein Lebewesen direkter Gegenstand eines erteilten Patents. Es handelte sich um ein gentechnisch verändertes, Öl abbauendes Bakterium. Der US-Supreme Court urteilte in seiner Grundsatzentscheidung zum Fall Diamond vs. Chakrabarty [15], dass ein Lebewesen patentierbar sei, wenn es technisch gegenüber dem Naturzustand verändert wurde, in Massen hergestellt werden kann und in einem technischen Verfahren eingesetzt wird. Damit wurde gleichzeitig unterstellt, ein Bakterium sei toter Materie ähnlicher als einem Lebewesen. In der Begründung beruft sich der Richter auf die Position, dass nach dem US-Patentrecht "alles unter der Sonne patentfähig sei, was von Menschen gemacht worden ist" (anything under the sun that is made by man).

Mit der rasanten Entwicklung gentechnisch veränderter Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere weitete sich auch die Patentierbarkeit von Lebewesen rasch aus: Bereits 1988 wurde in den USA das Patent auf die "Harvard-Krebsmaus" erteilt, 1990 erhielt das Unternehmen Monsanto zwei US-Patente auf herbizidresistente Pflanzen, 2001 folgte ein US-Patent auf pluripotente embryonale Stammzellen von Primaten, das auch menschliche embryonale Stammzellen erfasste [16].

"Im deutschen Recht spielte bei der Diskussion, ob lebende Organismen patentfähig sind, der Begriff der Technik lange eine zentrale Rolle. […] Technik wurde als Gegensatz zu Landwirtschaft, Züchtung und Heilbehandlung gesehen, in denen deshalb keine Patente erteilt wurden." [17] Die Technizität als Kriterium wurde mit der Definition des Bundesgerichtshofs im Fall "Rote Taube" [18] im Jahr 1969 aufgegeben: "Technisch ist eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs." Damit löste sich die deutsche Rechtsprechung endgültig von dem bereits aufgeweichten Gegensatz zwischen "technisch" und "natürlich". Sie beschreibt Technizität letztlich als gewerblich anwendbar und wiederholbar, unabhängig davon, ob Lebewesen einbezogen sind oder nicht. Erfindungen sind somit patentierbar, wenn sie hinreichend beschreibbar, beherrschbar und wiederholbar sind. Patentfähig sind Produkte und Verfahren.

In Europa sind inzwischen Patente auf Lebewesen möglich und werden erteilt. Die Patenterteilung beschränkt sich nicht mehr nur auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO), sondern auch auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere. Bei Lebewesen bezieht sich der Patentschutz nicht nur auf das durch ein Produkt- oder Verfahrenspatent geschützte "Erzeugnis", sondern auch auf dessen Nachkommen, also auf jedes biologische Material, das durch generative oder vegetative Vermehrung gewonnen wird und mit den gleichen Eigenschaften ausgestattet ist. Dies gilt explizit auch für Verfahrenspatente. So heißt es im Deutschen Patentgesetz Artikel 9a (2):

"(2) Betrifft das Patent ein Verfahren, das es ermöglicht, biologisches Material zu gewinnen, das auf Grund einer Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, so erstrecken sich die Wirkungen von § 9 auf das mit diesem Verfahren unmittelbar gewonnene biologische Material und jedes andere mit denselben Eigenschaften ausgestattete biologische Material, das durch generative oder vegetative Vermehrung in gleicher oder abweichender Form aus dem unmittelbar gewonnenen Material gewonnen wird."

In Absatz 3 des gleichen Artikels heißt es ergänzend, dass ein Biopatent, dem eine Erfindung zugrunde liegt, die in einer genetischen Information besteht oder diese enthält, seine Schutzwirkungen auf jedes andere Material entfaltet, in das das patentgeschützte Erzeugnis Eingang findet und in dem die genetische Information enthalten ist und ihre Funktion erfüllt.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Schutzwirkungen von Biopatenten sich in mindestens einer Hinsicht von denjenigen "klassischer" Erfindungen unterscheiden: Die Anwendung der Erfindung bedarf der Mithilfe der belebten Natur. Und das Patentrecht wiederum unterstellt die für die Anwendung der Erfindung erforderlichen Leistungen der belebten Natur dem Schutzbereich des Patentes.

3.2 Das Europäische Patentübereinkommen

Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) begründet ein europäisches Verfahren zur Patentanmeldung über einen einzigen, zentralisierten Mechanismus für Anmelder aus den 38 Mitgliedsstaaten. Dem EPÜ gehören die Mitglieder der EU und weitere Staaten wie etwa Norwegen, die Türkei und die Schweiz an. Es regelt die Erteilung europäischer Patente durch die Europäische Patentorganisation (EPO), deren ausführendes Organ das Europäische Patentamt (EPA) mit Sitz in München ist. Finanziert wird das EPA nicht aus Steuergeldern, sondern aus den Gebühren, die jeder Antragsteller und Patentinhaber entrichten muss. So werden bei Anmeldung eines Patents verschiedene Gebühren fällig, weiterhin ist zur Aufrechterhaltung des Patentschutzes eine jährliche Gebühr zu zahlen. Das EPA hat somit ein institutionelles Interesse, möglichst viele Patentanträge zu bearbeiten und möglichst viele Patente zu erteilen.

Bemerkenswert ist auch, dass die Organe des EPA selbst über Einsprüche gegen EPA-Entscheidungen befinden. Eine Klage vor einem ordentlichen Gericht gegen ein vom EPA erteiltes Patent ist nicht vorgesehen. Dies bedeutet nicht, dass das EPA seine Entscheidungen nicht auch korrigiert, so beispielsweise im Falle des Neem-Patents [19] oder des Pelargonium-Patents [20]. Von einer unabhängigen Rechtsprechung oder Streitschlichtung kann jedoch keine Rede sein. Ebenso wenig unterliegt das EPA hinsichtlich seiner Praxis der Patenterteilung einer demokratischen Kontrolle durch die Parlamente.

Der Antragsteller kann entscheiden, in welchen Mitgliedsstaaten des EPÜ sein Patent gelten soll. Nach Prüfung des Antrags und Erteilung des Patents durch das EPA ist eine Validierung in den vom Antragsteller ausgewählten EPÜ-Mitgliedsstaaten erforderlich, das heißt, das Patent muss in jedem dieser Mitgliedsstaaten in dort gültigen Sprachen angemeldet werden. In aller Regel übernehmen die nationalen Patentämter die Entscheidungen des EPA, so dass die nationale Phase vereinfacht und beschleunigt wird. Mit dem Verfahren des EPÜ wird die Patenterteilung innerhalb des EPÜ-Gebietes erleichtert, da nicht mehrere intensive nationale Prüfverfahren durchgeführt werden müssen [21]. Damit geht das EPÜ in seiner qualitativen Wirkung deutlich über den internationalen Patentkooperationsvertrag (PCT) der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) hinaus. Der PCT, dem 144 Staaten (August 2011) angehören, ermöglicht ebenfalls eine länderübergreifende (Vor-)Anmeldung eines Patents, um die Anmeldung durch Dritte in diesen Ländern zu blockieren. Die seitens der WIPO durchgeführte Vorprüfung ersetzt jedoch nicht aufwändige nationale Prüfverfahren.

Das EPÜ regelt unter anderem die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit von Erfindungen. Dort heißt es:

Artikel 52 EPÜ: Patentierbare Erfindungen
  1. Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.

Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und Methoden etwa gelten laut Artikel 52 (2) nicht als Erfindungen. Für sie kann somit kein Patent erteilt werden. Aber auch nicht alle Erfindungen sind patentierbar. In Artikel 53 EPÜ sind als Ausnahmen von der Patentierbarkeit aufgeführt:

Artikel 53 EPÜ: Ausnahmen von der Patentierbarkeit

Europäische Patente werden nicht erteilt für:
  1. Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde; ein solcher Verstoß kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Verwertung in allen oder einigen Vertragsstaaten durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist;
  2. Pflanzensorten oder Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren. Dies gilt nicht für mikrobiologische Verfahren und die mithilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse.

3.3 Die Europäische Biopatentrichtlinie

Das EPÜ wurde von Kritikern – vor allem von Biotechnologie-Unternehmen – als zu unkonkret und praxisfern kritisiert. Nach Auffassung der EU-Kommission bedurfte es einer rechtlichen Klarstellung, einer europäischen Harmonisierung und Stärkung des Patentschutzes für biotechnologische Erfindungen. Ergebnis war die "Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (DIR 98/44/EG)", die sog. "Europäische Biopatentrichtlinie" vom 6. Juli 1998. Dort heißt es: "Ein wirksamer und harmonisierter Schutz in allen Mitgliedsstaaten ist wesentliche Voraussetzung dafür, dass Investitionen auf dem Gebiet der Biotechnologie fortgeführt und gefördert werden." Die Europäische Biopatentrichtlinie ist also im Wesentlichen ein Instrument zum Investitionsanreiz. Als EU-Richtlinie gilt diese nicht unmittelbar in den Mitgliedstaaten, sondern muss in nationales Recht umgesetzt werden. Der Geltungsbereich der Biopatentrichtlinie ist die Europäische Union. Allerdings hat das EPA in einer Ausführungsordnung (AOEPÜ) die Bestimmungen der Richtlinie als Entscheidungskriterien in das EPÜ übernommen.

Vorausgegangen war eine lange, kontroverse Debatte, die im Ergebnis letztlich zugunsten der Biotechnologie-Industrie und zum Nachteil der Argumente von Kirchen und Umweltorganisationen ausfiel. So entscheidet die Richtlinie den Streit um die Frage der Definition eines "im Wesentlichen biologischen Verfahrens" in Artikel 2, Absatz 2 folgendermaßen: "Ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren ist im Wesentlichen biologisch, wenn es vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion beruht."

Diese Definition stellt den Kernpunkt der Kontroverse um die Patentierung von Pflanzen und Tieren dar. Sie ermöglicht es, durch das Einfügen technischer Verfahrensschritte, die nicht als Kreuzung oder Selektion bezeichnet werden, ein Züchtungsverfahren in einen erfinderischen Akt umzudeuten. Damit wird auch in der klassischen Züchtung die Vergabe von Patenten ermöglicht.

Kasten 1: Patent auf Brokkoli

Durch das europäische Patent (EP 1069819), das von dem Unternehmen Monsanto genutzt wird, werden Brokkoli-Pflanzen geschützt, die eine höhere Konzentration an "gesundheitsfördernden" Inhaltsstoffen enthalten sollen.

Im Jahr 2002 gewährte das Europäische Patentamt der britischen Firma Plant Bioscience ein Patent auf ein Verfahren, um einen speziellen Bestandteil in Brassica-Sorten zu erhöhen. Dabei geht es um in der Natur vorkommende Sorten des Brokkoli, die einen bestimmten Inhaltsstoff in einer höheren Konzentration enthalten als andere Brokkoli-Sorten und die deshalb besonders vor Krebs schützen sollen. Das Patent beinhaltete sowohl die Züchtungsmethoden, als auch Brokkoli-Samen und essbare Brokkolipflanzen, die durch diese Züchtungsmethoden gewonnen wurden. Es handelte sich ausschließlich um konventionelles Saatgut und konventionelle Züchtungsmethoden.

Gegen das Patent legte der Schweizer Konzern Syngenta schon 2003 Einspruch ein. Die Begründung: Das Verfahren sei im Wesentlichen biologisch, das Patent entspreche daher nicht den Bestimmungen des Europäischen Patentübereinkommens. In einer ersten Entscheidung im Jahr 2010 urteilte die Große Beschwerdekammer des EPA, dass "im Wesentlichen biologische Verfahren, die sexuelle Kreuzungsschritte in Bezug auf das gesamte Genom beinhalten, sowie die darauf folgende Auswahl der daraus resultierenden Pflanzen durch die Züchter nach dem EPÜ nicht patentierbar sind. Auch die bloße Verwendung von technischen Verfahrensschritten zur Durchführung bzw. Unterstützung von Verfahren der sexuellen Kreuzung von Genomen von Pflanzen und der nachfolgenden Selektion der Pflanzen heben den Ausschluss von der Patentierbarkeit nicht auf."

Obwohl also die Ansprüche, die sich lediglich auf das Zuchtverfahren beziehen, zurückgewiesen wurden, besteht der Patentschutz auf den Brokkoli, also auf Samen, die Pflanze, genießbare Teile und ihre Vermarktung, weiter. Vertreter des Bundesministeriums für Justiz gehen allerdings davon aus, dass auch die Ansprüche auf die Pflanze selbst zurückgewiesen werden müssen. Eine entsprechende Brokkoli-Sorte wird seit Oktober 2011 zu deutlich erhöhten Preisen in Großbritannien unter dem Slogan "naturally better" von der Supermarktkette Marks and Spencer angeboten.

Quellen:

  1. Pressemitteilung des Europäischen Patentamtes: Keine europäischen Patente auf im Wesentlichen biologische Züchtungsverfahren, s. www.epo.org/news-issues/press/releases/archive/2010/20101209_de.html [10.6.2012].
  2. Vgl. No Patents on Seeds; http://www.alt.no-patents-on-seeds.org/index.php?option=com_content&task=view&id=20&Itemid=20 [10.6.2012].
  3. Dr. Stefan Walz (Bundesministerium der Justiz): Diskussionsbeitrag auf dem Symposium "Patentrecht in der Biomedizin", 10.-11.2.2012, Mainz.

Durch die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA im Falle des Brokkoli-Patents (vgl. Kasten 1) wird die Auslegung dieser Definition inzwischen dahingehend präzisiert, dass die Verwendung von technischen Verfahrensschritten bei Kreuzung und Selektion nichts daran ändern, dass das Verfahren "im Wesentlichen biologisch" ist. Es wäre daher wünschenswert, wenn der Wortlaut der Richtlinie entsprechend präzisiert würde.

Das erklärte Ziel der Richtlinie ist es, einen wirksamen und harmonisierten Patentschutz für biotechnologische Erfindungen zu ermöglichen. Zu diesem Zweck nimmt sie in Artikel 3 eine Interpretation des EPÜ vor, wonach Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt werden. In der Europäischen Biopatentrichtlinie heißt es dazu:

Artikel 3 DIR 98/44/EG

  1. Im Sinne dieser Richtlinie können Erfindungen, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind, auch dann patentiert werden, wenn sie ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt, bearbeitet oder verwendet wird, zum Gegenstand haben.
  2. Biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, kann auch dann Gegenstand einer Erfindung sein, wenn es in der Natur schon vorhanden war.

Damit sind im Grunde alle biologischen Erfindungen patentierbar, Biotechnologie wird damit patentrechtlich zu einem Gebiet der Technik. Jedoch gibt es auch Ausnahmen von der Patentierbarkeit:

Artikel 4 DIR 98/44/EG

  1. Nicht patentierbar sind
    1. Pflanzensorten und Tierrassen,
    2. im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren.

Allerdings schwächt Artikel 4 (2) die genannten Ausnahmen auch gleich wieder ab:

Artikel 4 DIR 98/44/EG

  1. rfindungen, deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, können patentiert werden, wenn die Ausführungen der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist.

Das Problem der im Patentsystem vorgeschriebenen Offenlegung der Beschreibung der Erfindung löst die Europäische Biopatentrichtlinie durch die Möglichkeit der Hinterlegung von Proben nach dem "Budapester Vertrag vom 28. April 1977 über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für Zwecke von Patentverfahren". Eigentlich hat die Offenlegung zum Ziel, die Erfindung der Fachwelt bekannt zu machen, damit sie – nach Lizenzerteilung – breit genutzt werden kann. Allerdings ist es bei biotechnischen – im Unterschied etwa zu mechanischen – Erfindungen nicht immer ohne weiteres möglich, einen Vorgang so zu beschreiben, dass ein Fachmann diese Erfindung danach ausführen kann. In solchen Fällen gilt als Ersatz die Hinterlegung einer Probe – was den Erfinder bzw. den Patentanmelder begünstigt, den Zugang Dritter zu der betreffenden Erfindung jedoch erschwert.

3.4 Das deutsche Patentgesetz

In Artikel 1 (1) der Europäischen Biopatentrichtlinie heißt es: "Die Mitgliedsstaaten […] passen ihr nationales Patentrecht erforderlichenfalls an, um den Bestimmungen dieser Richtlinie Rechnung zu tragen." Durch die Umsetzung der Europäischen Biopatentrichtlinie in das deutsche Recht enthält das deutsche Patentgesetz (PatG) entsprechende Formulierungen:

§ 1 PatG – Patentfähige Erfindung

  1. Patente werden für Erfindungen im Sinne von Absatz 1 auch dann erteilt, wenn sie ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder wenn sie ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt oder bearbeitet wird oder bei dem es verwendet wird, zum Gegenstand haben. Biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, kann auch dann Gegenstand einer Erfindung sein, wenn es in der Natur schon vorhanden war.

§ 2a PatG – Pflanzensorten und Tierrassen, mikrobiologische Verfahren

  1. Patente werden nicht erteilt für Pflanzensorten und Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren;
  2. Patente können erteilt werden für Erfindungen,
    1. deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist;
    2. die ein mikrobiologisches oder ein sonstiges technisches Verfahren oder ein durch ein solches Verfahren gewonnenes Erzeugnis zum Gegenstand haben, sofern es sich dabei nicht um eine Pflanzensorte oder Tierrasse handelt. § 1a Abs. 3 gilt entsprechend.
  3. Im Sinne dieses Gesetzes bedeuten:
    1. "biologisches Material" ein Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann;
    2. "mikrobiologisches Verfahren" ein Verfahren, bei dem mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in mikrobiologisches Material durchgeführt oder mikrobiologisches Material hervorgebracht wird;
    3. "im Wesentlichen biologisches Verfahren" ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren, das vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion beruht.

Das PatG enthält zusätzlich spezifische Regelungen für die Nutzung patentierter Erfindungen in der Landwirtschaft. Das Landwirteprivileg ist aus dem Sortenschutz bekannt und wird in Artikel 11 der Europäischen Biopatentrichtlinie bestätigt. Es besagt, dass ein Landwirt die Möglichkeit hat, von ihm durch Anbau erzeugtes Saatgut im eigenen Betrieb zu nutzen. Der Patentinhaber ist jedoch berechtigt, hierfür eine Gebühr zu erheben. Konflikte, die durch eine zufällige Verunreinigung des Saat- oder Ernteguts entstehen könnten, werden ausgeschlossen.

§ 9c PatG – Landwirteprivileg

  1. Wird pflanzliches Vermehrungsmaterial durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung durch einen Dritten an einen Landwirt zum Zweck des landwirtschaftlichen Anbaus in Verkehr gebracht, so darf dieser entgegen den §§ 9, 9a und 9b Satz 2 sein Erntegut für die generative oder vegetative Vermehrung durch ihn selbst im eigenen Betrieb verwenden. Für Bedingungen und Ausmaß dieser Befugnis gelten Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 in seiner jeweils geltenden Fassung sowie die auf dessen Grundlage erlassenen Durchführungsbestimmungen entsprechend. Soweit sich daraus Ansprüche des Patentinhabers ergeben, sind diese entsprechend den auf Grund Artikel 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 erlassenen Durchführungsbestimmungen geltend zu machen.
  2. Werden landwirtschaftliche Nutztiere oder tierisches Vermehrungsmaterial durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung durch einen Dritten an einen Landwirt in Verkehr gebracht, so darf der Landwirt die landwirtschaftlichen Nutztiere oder das tierische Vermehrungsmaterial entgegen den §§ 9, 9a und 9b Satz 2 zu landwirtschaftlichen Zwecken verwenden. Diese Befugnis erstreckt sich auch auf die Überlassung der landwirtschaftlichen Nutztiere oder anderen tierischen Vermehrungsmaterials zur Fortführung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit, jedoch nicht auf den Verkauf mit dem Ziel oder im Rahmen einer Vermehrung zu Erwerbszwecken.
  3. § 9a Abs. 1 bis 3 gilt nicht für biologisches Material, das im Bereich der Landwirtschaft zufällig oder technisch nicht vermeidbar gewonnen wurde. Daher kann ein Landwirt im Regelfall nicht in Anspruch genommen werden, wenn er nicht diesem Patentschutz unterliegendes Saat- oder Pflanzgut angebaut hat.

Das Züchterprivileg wird ebenfalls analog zum Sortenschutzrecht formuliert. Forschung und Weiterentwicklung ausgehend von patentierten Pflanzen sind zulässig. Es ist davon auszugehen, dass diese Bestimmung sinngemäß auch auf die Tierzucht angewendet werden kann:

§ 11 PatG – Beschränkung der Wirkung des Patents

Die Wirkung des Patents erstreckt sich nicht auf

  1. Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen;
  2. die Nutzung biologischen Materials zum Zweck der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzensorte.

Allerdings zeichnet sich ein signifikanter Unterschied zum Sortenschutz ab, denn der Patentinhaber wird nach mehrheitlicher Auffassung anders als beim Sortenschutz Gebühren für die Vermarktung einer neuen Sorte verlangen bzw. die Vermarktung gänzlich untersagen können.

3.5 Patentrecht als Teil des globalen Handelsregimes

Im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) wurde 1995 das "Abkommen über handelsbezogene Aspekte von Rechten an geistigem Eigentum" (Trade Related Intellectual Property Rights, TRIPS) geschlossen. Es ist für alle WTO-Mitglieder verbindlich, das heißt, mit der Mitgliedschaft in der WTO übernimmt ein Land automatisch die Verpflichtungen, die sich aus dem TRIPS-Abkommen ergeben.

Das TRIPS-Abkommen formuliert verbindliche Mindestanforderungen an den Schutz geistigen Eigentums in der nationalen Regulierung der WTO-Mitglieder. Dabei orientiert es sich im Wesentlichen am Patentrecht in den Industrieländern. So knüpft auch TRIPS die Voraussetzungen für ein Patent an Neuheit, erfinderische Tätigkeit und (gewerbliche) Nutzbarkeit. Im TRIPS-Abkommen verpflichten sich die WTO-Mitglieder dazu, Patentschutz für alle Gebiete der Technik bereitzustellen. Für Pflanzensorten führt es jedoch die Möglichkeit ein, alternative Konzepte zum Patentschutz einzuführen (sui generis).

Artikel 27 TRIPS

  1. Die Mitglieder können von der Patentierung auch ausschließen:
    1. Pflanzen und Tiere, mit Ausnahme von Mikroorganismen, und im Wesentlichen biologische Verfahren für die Züchtung von Pflanzen und Tieren mit Ausnahme von nicht-biologischen Verfahren. Die Mitglieder sehen jedoch den Schutz von Pflanzensorten entweder durch Patente oder durch ein wirksames System sui generis oder durch eine Kombination beider vor.

Was ein solches System sui generis, also ein System eigener Art, ist, legt das TRIPS-Abkommen ebenso wenig fest, wie es sich dazu äußert, was genau unter dem Zusatz "wirksam" zu verstehen ist. Nach allgemeiner Überzeugung stellt das "Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen" (Union internationale pour la protection des obtentions végétales, UPOV) eine Möglichkeit für ein wirksames System sui generis zum Schutz von Pflanzensorten dar.

Im Unterschied zum Patentrecht enthält UPOV andere Voraussetzungen für die Schutzgewährung. Um Sortenschutz zu erhalten, muss eine Pflanze nicht erfunden worden sein, es reicht, wenn sie – im Sinne des Sortenschutzrechtes – neu ist. So kann Sortenschutz auch für entdeckte Pflanzen erteilt werden.

Artikel 5 UPOV – Schutzvoraussetzungen

  1. [Zu erfüllende Kriterien] Das Züchterrecht wird erteilt, wenn die Sorte
    1. neu,
    2. unterscheidbar,
    3. homogen und
    4. beständig

    ist.

Seit dem Inkrafttreten 1961 wurden die Schutzrechte, die das Übereinkommen vorsieht, mehrfach erweitert, zuletzt 1991. In der Fassung von 1978 waren die Rechte des Züchters noch begrenzt, er konnte andere ausschließen von der Vermehrung des Saatguts für Marketing-Zwecke, von Verkauf und Marketing. Gegenüber der Fassung von 1978 bedeutet UPOV 1991 eine erhebliche Ausweitung der Verfügungsrechte des Züchters. Sie beziehen sich nun auf Produktion und Reproduktion, auf die Schaffung der Voraussetzungen zum Zwecke der Vermehrung, das Angebot zum Verkauf, den Verkauf und andere Marketing-Aktivitäten, Export und Import sowie Lagerhaltung für einen der genannten Zwecke.

Damit kommt UPOV 1991, zumindest aus der Sicht des Bauern, dem Patentrecht sehr nahe. Dies könnte der Grund sein, warum die Europäische Union in ihren bilateralen Freihandelsverträgen, sei es mit Indien, Kolumbien oder den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP-Staaten) festzuschreiben versucht, dass UPOV in seiner Fassung von 1991 als alleiniges System sui generis im Sinne von TRIPS Artikel 27.3(b) gilt. Hierdurch werden Entwicklungsländer dazu gedrängt, UPOV 1991 beizutreten und strengere Schutzrechte für Pflanzensorten einzuführen.

Allerdings spricht nichts dagegen, etwa UPOV in der Fassung von 1978 als Grundlage für ein System sui generis zu nehmen. Formal wendet die EU ein, dass es rechtlich nicht mehr möglich ist, UPOV 1978 beizutreten. Ein Staat könnte die Bestimmungen von UPOV 1978 in sein nationales Recht umsetzen, ohne einem internationalen Vertrag beizutreten. Die Forderung des TRIPS-Abkommens nach einem wirksamen System sui generis wären hierdurch erfüllt.

In der Debatte um die Europäische Biopatentrichtlinie spielte das Verhältnis von Biopatenten und den Bestimmungen der "Konvention über die biologische Vielfalt" (Convention on Biological Diversity, CBD), insbesondere mit Blick auf die Regeln zu Zugang und gerechtem Vorteilsausgleich, eine bedeutende Rolle. So wird in der Präambel festgestellt, dass die Mitglieder durch die Umsetzung der Europäischen Biopatentrichtlinie ihre Verpflichtungen aus der CBD erfüllen. In diesem Sinne führt Absatz 27 der Präambel aus: "Hat eine Erfindung biologisches Material pflanzlichen oder tierischen Ursprungs zum Gegenstand oder wird dabei derartiges Material verwendet, so sollte die Patentanmeldung gegebenenfalls Angaben zum geographischen Herkunftsort des Materials umfassen, falls dieser bekannt ist." Aber, so heißt es weiter: "Die Prüfung der Patente und die Gültigkeit der Rechte aufgrund der erteilten Patente bleiben hiervon unberührt."

Hierbei handelt es sich um die weniger ambitionierte und in die – rechtlich unverbindliche – Präambel verbannte Neuformulierung eines vom EU-Parlament in eine vorherige Fassung eingebrachten Paragraphen. Dieser lautete wie folgt: "Besteht der Gegenstand einer Erfindung aus biologischem Material pflanzlicher oder tierischer Herkunft oder verwendet er solches, wird ein Patent auf diese Erfindung nur dann erteilt, wenn die Patentschrift den geografischen Herkunftsort des Materials offenbart und der Patentmelder gegenüber der Patentbehörde den Nachweis führt, dass das Material in Übereinstimmung mit den am Herkunftsort geltenden gesetzlichen Zugangs- und Exportbestimmungen verwendet wurde."

Auf der einen Seite also könnte ein Patent nur erteilt werden, wenn das verwendete biologische Material nachweisbar korrekt erworben worden wäre. Dem gegenüber steht auf der anderen Seite ein freiwilliger Hinweis auf den Herkunftsort, wobei zumindest im Rahmen des Patentrechts Konsequenzen explizit ausgeschlossen bleiben.

Dieser Konflikt durchzog langjährige Verhandlungen, die schließlich im Oktober 2010 in das "Nagoya-Protokoll zum gerechten Vorteilsausgleich bei der Nutzung genetischer Ressourcen" mündeten. Obsiegt hat hier die Position der Industrie, wonach die Herkunft biologischen Materials zwar offen gelegt werden könnte, Zuwiderhandlungen jedoch nicht unmittelbar zu Sanktionen führen dürfen. Die in den Verhandlungen lange Zeit diskutierte Idee eines Zertifikats, mit Hilfe dessen der korrekte Zugang zu einer genetischen Ressource nachgewiesen werden könnte und das verpflichtende Voraussetzung für die Patenterteilung sei, konnte sich nur bedingt durchsetzen. Zwar sieht das Nagoya-Protokoll nun ein Zertifikat vor; dieses ist allerdings freiwillig und dient lediglich der Transparenz. Insbesondere die EU weigerte sich in den Verhandlungen, die Patentämter dazu zu verpflichten, das Vorhandensein eines solchen Zertifikats zu kontrollieren [22].

Vieles hängt nun von der nationalen Umsetzung ab. Denn das Nagoya-Protokoll hindert auch nicht daran, den Patentämtern eine solche Funktion verpflichtend aufzuerlegen.

3.7 Biopatente und der Internationale Saatgutvertrag

Die "Konvention über die biologische Vielfalt" stellt einen Rahmen für bilaterale Verhandlungen zwischen Bereitsteller und Nutzer dar. Die Idee ist, dass beide (oder auch mehrere) Parteien sich an einen Tisch setzen und über den Zugang zur genetischen Ressource bzw. des traditionellen Wissens verhandeln. Sind diese Verhandlungen erfolgreich, so steht an deren Ende eine vorherige informierte Zustimmung (prior informed consent), die auf einvernehmlich vereinbarten Nutzungsbedingungen und einer Vereinbarung zum gerechten Vorteilsausgleich (benefit sharing) aufbaut. Diese Grundidee ist für landwirtschaftliche Nutzpflanzen wenig geeignet. Um den Ertrag zu garantieren, ist permanente Züchtung und Weiterentwicklung erforderlich. Diese Aufgabe erfüllen sowohl staatliche und private Forschungseinrichtungen als auch, vor allem in Entwicklungsländern, die Bauern selbst. Im Falle von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen herrscht also eine erhebliche Unsicherheit über die Frage, wer der Bereitsteller einer genetischen Ressource ist. Gleichzeitig ist für die Welternährung von hoher Bedeutung, dass die Züchter ihrer Aufgabe nachkommen können , die Landwirtschaft ständig mit weiterentwickelten Sorten zu versorgen. Bilaterale Verhandlungsprozesse würden hier aus der Sicht von Entwicklungs- und Industrieländern wie Sand im Getriebe wirken.

Deshalb einigte man sich am 3. November 2001 in Rom auf ein Vertragswerk, das die Fragen von Zugang und gerechtem Vorteilsausgleich für pflanzengenetische Ressourcen regelt, die von hoher Bedeutung für Landwirtschaft und Ernährung sind.

Der "Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Landwirtschaft und Ernährung" (International Treaty on Plant Genetic Resources for Food and Agriculture, ITPGRFA) trat am 29. Juni 2004 in Kraft. Der Vertrag hat 127 Mitglieder [23].

Der ITPGRFA [24], oder wie er kürzer heißt: der "Internationale Saatgutvertrag", legt fest, dass der Zugang zu den für Ernährung und Landwirtschaft bedeutsamen pflanzengenetischen Ressourcen frei ist. Um welche Pflanzen es sich dabei handelt, regelt Anhang 1 des Vertrages, der eine Liste von 29 Futtermittel- und 35 Nahrungspflanzensorten enthält, die ca. 80% der Kalorienaufnahme der Weltbevölkerung abdecken [25]. Dazu gehören etwa Linse, Reis, Weizen, Sorghum, Kartoffel, Mais, Bohne, Erbse, Apfel, Banane und Erdbeere. Dies gilt allerdings nur, insoweit sie für Zwecke der Landwirtschaft und Ernährung genutzt werden. Würde man etwa Erdbeeren zur Herstellung von Medikamenten oder Kosmetika nutzen, so würde dies unter die Regeln der CBD bzw. künftig des Nagoya-Protokolls fallen. Hinzu kommt, dass die Mitglieder des Internationalen Saatgutvertrages die im Anhang genannten Pflanzensorten aktiv in das multilaterale System einbringen müssen, damit die Regeln des Vertrages zur Anwendung kommen können. Dies hat bislang jedoch kaum ein Vertragsstaat getan. Insofern ist die praktische Bedeutung des Vertrages begrenzt.

Da der Internationale Saatgutvertrag einen freien Zugang etabliert, macht ein bilateral angelegter Vorteilsausgleich, wie ihn die CBD vorsieht, wenig Sinn. Zugang und Vorteilsausgleich des Internationalen Saatgutvertrages sollen über einen multilateralen Mechanismus erfolgen, der Informationsaustausch, Technologietransfer, Kapazitätsaufbau und einen Fonds für den monetären Vorteilsausgleich vorsieht. Nutznießer sollen alle Bauern, besonders jedoch diejenigen in Entwicklungsländern sein, die pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft nachhaltig nutzen und erhalten.

Patente scheinen in diesem System des freien Zugangs und des multilateralen Vorteilsausgleichs keinen Platz zu haben. Dennoch sieht der Internationale Saatgutvertrag die Möglichkeit von Rechten an geistigem Eigentum vor. Er nimmt lediglich dahingehend eine Einschränkung vor, dass er Patente verbietet, die sich auf unveränderte Teile des Ausgangsmaterials erstrecken (z. B. Gensequenzen), die von einem Züchter über das multilaterale System erhalten wurden. Damit will man erreichen, dass die genetischen Ressourcen weiterhin frei zugänglich sind. Mit anderen Worten: Der Patentierung einer neuen Erdbeersorte steht nichts im Wege, die Patentansprüche (Claims) dürfen jedoch weder die dazu genutzte, bislang frei zugängliche Erdbeersorte noch deren Bestandteile umfassen. Ein wirksames Instrument, dieses zu kontrollieren, bietet der Saatgutvertrag jedoch nicht.

Der Schutz traditionellen Wissens und die Rechte der Bauern, ihr Saatgut zu tauschen und für die Wiederaussaat zu nutzen, werden vom Internationalen Saatgutvertrag anerkannt. Die Umsetzung und Verwirklichung dieser Rechte verweist er jedoch in die Verantwortung nationaler Gesetzgebung. Eine Umsetzungspflicht der Rechte der Bauern, die als Gegengewicht oder Korrektiv zu Rechten an geistigem Eigentum wirken könnte, besteht dadurch nicht.

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