Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen

Ein gemeinsames Wort zum Jahr 2017, GT 24, Hg. DBK und EKD, September 2016

Vorwort

Zum Geleit

Am 31. Oktober 2017 jährt sich zum 500. Mal der Tag, der als Beginn der Reformation gilt. Die damaligen Ereignisse lösten eine Wirkungsgeschichte aus, die nicht nur die evangelische wie die katholische Kirche bis heute prägt, sondern auch die ganze Gesellschaft verändert hat. Gemeinsam wollen wir den 500. Jahrestag der Reformation zum Anlass nehmen, uns auf die Anliegen der Reformatoren zu besinnen und ihren Ruf zu Umkehr und geistlicher Erneuerung neu zu hören.

Der Blick in die Geschichte legt offen, was Christen einander an Leid und Verletzungen angetan haben. Das erschüttert und beschämt uns. Der Blick zurück kann aber auch heilsam sein, wenn wir ihn in Dankbarkeit für die heute gewonnene Verbundenheit und in der Perspektive von Versöhnung wagen. Ein erster Meilenstein auf diesem Weg ist das Gemeinsame Wort „Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen“, das die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland vorlegen. Darin geben sie Rechenschaft von dem, was Christen einander angetan haben, um es im Licht ihrer ökumenischen Verbundenheit zu betrachten. Und es wird der Dank für die Gaben, die wir aneinander haben, zum Ausdruck gebracht. Zu unserem Versöhnungsprozess gehört, dass wir die weiterhin offenen Fragen ehrlich benennen und auf deren weitere Klärung drängen. Es ist in unseren Augen ein herausragender Moment unserer Gemeinschaft, nach Jahrhunderten gegenseitiger Abgrenzung ein Reformationsjubiläum in dieser Bereitschaft zu Vergebung und Aufbruch zu begehen.

Auf der Grundlage und in Fortführung des hier vorgelegten Gemeinsamen Wortes zum Jahr 2017 werden die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland am 11. März 2017 zu einem zentralen Buß- und  Versöhnungsgottesdienst in die Michaeliskirche in Hildesheim einladen. Darin werden wir für unsere Kirchen unsere Schuld vor Gott aussprechen, ihn und einander um Vergebung bitten und uns im Angesicht Gottes auf die weitere Vertiefung unseres Miteinanders verpflichten.

Der Gottesdienst in Hildesheim ist ein weiterer Meilenstein im Prozess der Heilung der Erinnerungen. Wir möchten dazu anregen, dass entsprechende Gottesdienste auch auf regionaler Ebene gefeiert werden, damit der Versöhnungsprozess auch dort fruchtbar wird.

Wir sind dankbar, dass die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland aus Anlass von 500 Jahren Reformation den Prozess der Heilung der Erinnerungen angestoßen haben und in entscheidenden Schritten vollziehen. Wir sind überzeugt: Die Heilung der Erinnerungen macht uns frei, noch intensiver und noch glaubwürdiger gemeinsame Boten des Evangeliums zu sein. Sie stärkt uns, 2017 gemeinsam als Christusfest zu begehen; sie ist zugleich sein geistliches Fundament und seine innerste Antriebskraft. Möge die Erfahrung von Heilung und Versöhnung uns durch das Reformationsjahr 2017 begleiten und uns motivieren, auf dem Weg zur vollen Einheit der Kirche entschieden weiterzugehen.
 

Hannover/Bonn 16. September 2016

Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm
Vorsitzender des Rates
der Evangelischen Kirche in Deutschland

Reinhard Kardinal Marx
Vorsitzender der
Deutschen Bischofskonferenz

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