EKD: Nicht um jeden Preis Patientenverfügungs-Gesetz beschließen

Berlin (epd). Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat davor gewarnt, im Bundestag um jeden Preis ein Gesetz zu Patientenverfügungen zu verabschieden. Wenn es nicht möglich sei, erforderliche Qualitätsstandards zu verankern, solle von einem Gesetz Abstand genommen werden, erklärte der Bevollmächtigte des Rates bei der Bundesregierung, Prälat Stephan Reimers, am Donnerstag in Berlin.

Von den drei vorliegenden fraktionsübergreifenden Anträgen zur Patientenverfügung entspreche der Gesetzentwurf der Gruppe um Wolfgang Bosbach (CDU) und René Röspel (SPD) am ehesten den Anliegen des Rates der EKD. Die beiden anderen Anträge hätten hingegen "problematische Folgen", wenn sie umgesetzt würden, sagte Reimers.

In den Anträgen der Gruppe um den SPD-Rechtspolitiker Joachim Stünker und der Gruppe um die Unionsabgeordneten Wolfgang Zöller (CSU) und Hans Georg Faust (CDU) soll die vorab abgegebene Erklärung eines Patienten zur medizinischen Behandlung unabhängig vom Krankheitsstadium für die Ärzte bindend sein. Faust/Zöller lassen dabei auch mündliche Erklärungen gelten. Die Stünker-Gruppe hat bislang die meisten Unterstützer im Bundestag.

Reimers bezeichnete die fehlende Reichweitenbeschränkung der Patientenverfügung in den beiden Entwürfen als "keinesfalls akzeptabel". Zudem werde ausgeblendet, dass jeder Mensch darauf angewiesen sei, dass andere Menschen sich seiner annähmen und die Patientenverfügung nicht einfach als das letzte Wort des Patienten genommen werde.

Nach Meinung der EKD muss Vertrauenspersonen, die vom Kranken als Bevollmächtigte eingesetzt wurden, höheres Gewicht beigemessen werden. Der Bosbach-Entwurf komme dieser Forderung am nächsten, sei aber noch nicht ausreichend, sagte Reimers. Insgesamt zeichne sich der Antrag der Bosbach-Gruppe aber dadurch aus, "dass er den schonenden Ausgleich zwischen Selbstbestimmung und Fürsorge in den Vordergrund stellt", führte Reimers aus. Die detaillierten Regelungen entsprächen der Komplexität und Tragweite der zu treffenden Entscheidungen.

Im Bosbach-Entwurf wird zwischen einer einfachen und einer qualifizierten Patientenverfügung unterschieden. Wird in einer einfachen Patientenverfügung die Abstellung lebenserhaltender Maßnahmen gefordert, so gilt dies nur dann für den Arzt als bindend, wenn die Krankheit einen unumkehrbar tödlichen Verlauf angenommen hat sowie bei schwerer Demenz oder einem langanhaltenden Wachkoma. Die Einschränkung wird bei einer qualifizierten Patientenverfügung nicht gemacht. Ihr muss jedoch eine Beratung durch einen Arzt vorausgegangen sein, die von einem Notar bestätigt wird. Zudem darf diese Verfügung nicht älter als fünf Jahre sein.

Die erste Beratung des Bosbach- und des Zöller/Faust-Entwurfs war ursprünglich für diesen Freitag im Bundestag vorgesehen. Sie wurde jedoch auf Ende Januar verschoben. Der Rechtsausschuss des Bundestag vereinbarte am Mittwoch für März nächsten Jahres eine Expertenanhörung. Über den Stünker-Entwurf wurde bereits im Parlament beraten. Die Verabschiedung eines Gesetzentwurfs ist für April geplant.

18. Dezember 2008

EKD-Pressemitteilung und Votum des Bevollmächtigten des Rates der EKD