Das freundliche Gesicht des Kirchentags

Tausende Helfer packen beim evangelischen Glaubensfest mit an

Ehrenamtliche Helfer beim sogenannten 'Anhockern' für den Kirchentag: Tausende Papphocker müssen gefaltet werden

Und das ist erst der Anfang: Ehrenamtliche Helfer beim sogenannten „Anhockern“ für den Kirchentag in Dortmund. Ehe der erste Gast anreist, müssen Tausende Papphocker gefaltet werden. Ohne die 4.000 ehrenamtlichen Helfer würde der ganze Kirchentag nicht funktionieren. 

Dortmund (epd). Wenn Cord Bollenbach von der Ostsee-Insel Usedom zum Kirchentag fährt, liegt immer eine weite Anfahrt vor ihm. Die lange Reise unternimmt der Gemeindepädagoge stets mit einer Gruppe überwiegend junger Leute, um ehrenamtlich beim Kirchentag mit anzupacken. Alle zwei Jahre machen sich bis zu 5.000 Ehrenamtliche aus ganz Deutschland auf den Weg in die jeweils gastgebende Stadt des Deutschen Evangelischen Kirchentages. In diesem Jahr geht es nach Dortmund, wo der Kirchentag vom 19. bis 23. Juni stattfindet.

Die Helfer übernehmen Einlasskontrollen und bewachen Bühnen, halten Fluchtwege frei oder verteilen Kirchentagsschals. Sie unterstützen Bands oder Politiker hinter der Bühne, stellen Wassergläser für Podiumsteilnehmer hin oder richten die Messehallen zwischen den Veranstaltungen wieder her. Bis zu acht Stunden am Tag arbeiten sie ehrenamtlich, schlafen in Gemeinschaftsunterkünften und nutzen Dusch- und Toilettencontainer. Viele von ihnen müssten eigentlich zur Schule, Universität oder Arbeit, bitten aber um Freistellung oder nehmen sich Urlaub.

Till Strang wird häufig gefragt, warum nicht bezahlte Dienstleister diese vielen Aufgaben übernehmen. Der 31-Jährige organisiert die Helferdienste. Er kümmert sich etwa darum, dass die Ehrenamtlichen sinnvoll und möglichst am gewünschten Platz eingesetzt werden. „Kirchentag ist gelebte Begegnung“, sagt Strang, der selbst viele Jahre beim Kirchentag freiwillig mit angepackt hat. „Das freundliche, nette Gesicht des Kirchentags lebt von Helferinnen und Helfern.“ Das seien häufig Pfadfinder, Gruppen der evangelischen Jugend oder Schulklassen.

„Wir finden für jeden eine Aufgabe“

In diesem Jahr haben sich rund 4.000 Helfer im Alter von 16 bis 84 Jahren angemeldet, rund jeder zehnte kommt aus dem Raum Dortmund. Die am weitesten gereisten Freiwilligen kommen aus dem US-Bundesstaat Kansas, in Deutschland ist die Strecke vom Bodensee am weitesten. „Wir finden für jeden eine Aufgabe, die zu erfüllen ist“, sagt Strang. „Wir haben auch viele Wiederholungstäter dabei.“ Von deren Erfahrung profitierten dann die neuen Gesichter.

Zu den Wiederholungstätern gehört Cord Bollenbach. Seit mehr als zehn Jahren packt er beim Kirchentag mit an. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt der 47-Jährige und schwärmt vom Miteinander beim Kirchentag und unter den Helfern. Begleitet wird Bollenbach diesmal von 27 Jugendlichen und Erwachsenen im Alter von 16 bis 47 Jahren aus seiner evangelischen Kirchengemeinde Krummin-Karlshagen-Zinnowitz, die bei ihm eine Ausbildung zum Gruppenleiter machen.

Gerade für die jungen Leute sei der Kirchentag eine besondere Erfahrung, christliche Gemeinschaft zu erleben, erzählt der Gemeindepädagoge. Als Christen seien sie in Mecklenburg-Vorpommern in der Minderheit. Ein tolles Erlebnis sei für die Jugendlichen auch die Erfahrung, gebraucht zu werden.

„Wenn der Kirchentag in unsere Stadt kommt, will ich etwas tun“

Neben ihren Diensten können sie Kirchentags-Veranstaltungen besuchen und blicken dabei auch immer wieder hinter die Kulissen. Als Helfer gehören sie dazu und bekommen teils engen Kontakt zu politischer, kirchlicher oder kultureller Prominenz. Eine Jugendliche habe sich bei einem Kirchentag ihren Traum erfüllt, die frühere A-Cappella-Band „Wise Guys“ zu betreuen, berichtet Bollenbach. Attraktiv ist für junge Leute auch, dass sie als Helfer nur die Anfahrt bezahlen müssen: Während des Kirchentags sind sie mit Unterkunft, Essen und Nahverkehrsticket versorgt.

Aus Dortmund haben sich viele Menschen mit ihren Freunden als Helfer angemeldet, die bislang nicht viel mit Kirche zu tun hatten. „Sie sagen uns: Wenn der Kirchentag in unsere Stadt kommt, will ich etwas tun“, sagt Strang. Ihre Ortskenntnisse sind hilfreich für Infostände oder die Fahrbereitschaft.

Jana Hofmann (epd)