Nationaler Ethikrat will sich Zukunftsthemen zuwenden

Berlin (epd). Der Nationale Ethikrat will sich in den kommenden Monaten verstärkt Zukunftsthemen zuwenden. Neben den aktuellen Fragen der Lebenswissenschaften gebe es Themen, "die erst am Firmament hochkommen", sagte die neue Vorsitzende Kristiane Weber-Hassemer in einem epd-Interview in Berlin. Der Ethikrat kam am Donnerstag zu einer geschlossenen Sitzung zusammen, um über eine Stellungnahme zu Gesundheitsinformationen im Arbeitsverhältnis zu beraten.

Die Naturwissenschaftler im Ethikrat sollten künftig stärker über neue Entwicklungen in ihren Forschungsgebieten informieren, so die 66-jährige Juristin. Dabei strebe sie auch eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit an. "Wir wollen keine geheimen Diskurse betreiben und anschließend mit fertigen Konzepten kommen", sagte Weber-Hassemer.

Es sei eine Binsenwahrheit, dass es eine immer größere Lücke zwischen einer kleinen Gruppe von Forschenden und einer großen Gruppe der Gesellschaft gebe. Der Gesellschaft sei häufig noch gar nicht klar, welche Probleme auf sie zukämen, sagte die Vorsitzende.

Weber-Hassemer drückte ihre Hoffnung aus, dass der von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingerichtete Ethikrat auch im Falle eines Regierungswechsels bestehen bleibe. "Es gibt für mich keinen Anlass, uns aufzulösen", sagte sie. Der Ethikrat sei unabhängig und auf Dauer eingerichtet. In allen europäischen Ländern gebe es vergleichbare Gremien. Sie hoffe, dass in diesem Punkt keine Parteipolitik betrieben werde.

Forderungen der Bundesregierung nach einer Lockerung des Stammzellgesetzes schloss sich Weber-Hassemer nicht an. Sie könne sich aber gut vorstellen, dass man in ein bis zwei Jahren erneut darüber diskutieren müsse. Neue wissenschaftliche Entwicklungen könnten ethische Bedenken gegen die Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen relativieren. Der Ethikrat werde dann eventuell erneut eine Stellungnahme dazu abgeben. "Aber im Moment ist die Zeit dafür nicht reif", so Weber-Hassemer.

28. Juli 2005