Annette Kurschus: Versöhnung braucht Gesten

Präses Annette Kuschus (Archivbild)
Präses Annette Kuschus (Archivbild)

Berlin/Bielefeld (epd). Für eine Versöhnung zwischen Völkern sind Gesten nach den Worten der westfälischen Präses Annette Kurschus von großer Bedeutung. „Oft sind stumme Gesten tatsächlich das einzige, was bleibt und hilft, wenn so viel Unsägliches geschehen ist“, sagte die leitende Geistliche der Evangelischen Kirche von Westfalen auf dem Kirchentag in Berlin. Das zeige sich etwa an der Aussöhnung Deutschlands mit Polen und Frankreich nach jahrhundertelangen Streit- und Schuldgeschichten.

Kurschus verwies auf den Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) 1970 am Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos, mit dem er um Vergebung für die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg bat. Auch das minutenlange Händehalten von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Frankreichs Staatspräsident François Mitterand 1984 auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Verdun sei eine solche Geste, sagte die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Wenn die Worte fehlen

Ausgerechnet für das Wichtigste und Richtigste, das zu sagen wäre, fehlten nicht selten die Worte, sagte Kurschus in einer Dialog-Bibelarbeit mit Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck über die im Alten Testament geschilderte Versöhnung zwischen den Brüdern Jakob und Esau (Genesis 33,1-17). Gerade die Fragen von Schuld und Vergebung seien oft buchstäblich unsagbar schwer: „Wie gut, wenn es dann Gesten gibt, die keine Worte haben und keine Erklärung brauchen.“

Overbeck betonte, Versöhnung brauche Einsicht in die Verfehlung und die Bereitschaft zur Veränderung. Bei jeder Versöhnung sei zudem Gott am Werk: „Wo Reifung geschieht und Vergebungsbereitschaft wächst, da handelt erfahrbar Gott, der die Versöhnung will und verwirklicht.“