Dankesrede anlässlich der Verleihung der Ehrenbürgerwürde von Palermo

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, am 4. Oktober 2019 im Rathaus der Stadt Palermo

Ich bin voller Dankbarkeit für den warmen Empfang hier in Palermo und für die wundervolle Gastfreundschaft, die mir bereits zuteilgeworden ist.

Palermo ist eine wunderbare Stadt. Eine Stadt mit einer reichen Geschichte. Eine Stadt der Interkulturalität. Und eine Stadt der menschlichen Solidarität.

Mein erster Besuch hier fand Ende Juni statt. Ich hatte die Besatzung der Seawatch 3 besucht, um meine Unterstützung für ihre Bemühungen zu zeigen, das Leben von Flüchtlingen im Mittelmeer zu retten. Es ist eine Freude und Ehre für mich, einige Mitglieder der Besatzung hier bei dieser Feierstunde heute zu sehen. Gemeinsam mit dem Bürgermeister dieser Stadt habe ich den „Palermo-Appell“ veröffentlicht, um zu einem europäischen Einsatz zur Rettung von Menschen im Mittelmeer und zur Unterstützung der zivilen Rettungsmissionen heute aufzurufen.

Heute erneuern wir diesen Appell. Der Grund ist einfach:
Not hat keine Nationalität 
Leid hat keine Nationalität
Verzweiflung hat keine Nationalität.

Und auch die Antwort darauf hat keine Nationalität:
Glaube hat keine Nationalität 
Hoffnung hat keine Nationalität 
und Liebe hat keine Nationalität.
 
Darum stehe ich hier als deutscher Bischof, der stolz ist, jetzt ein Palermitaner zu sein. Ich nehme diese Auszeichnung stellvertrend für so viele Menschen in Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen entgegen, die für Flüchtlinge einstehen und sie in so vielfältiger Weise begleiten. Wer immer Menschen in Not beisteht – sei es durch die Integration von Flüchtlingen, sei es durch Rettung von Menschen aus dem Meer oder die Unterstützung von Entwicklungsprojekten oder Hilfe in Katastrophenfällen – leistet einen unschätzbaren Beitrag zu einer Welt,  in der eines Tages jeder Mensch in Würde leben kann.
 
Ich danke Italien und dem italienischen Volk für all die menschliche Geschwisterlichkeit, die Sie erwiesen haben – oft politischen Kräften entgegen, die versucht haben, Menschen gegen Menschen zu stellen, Italiener gegen Deutsche, Europäer gegen Afrikaner, Hellhäutige gegen Dunkelhäutige .

Ich danke den Bürgern von Palermo und ihrem Bürgermeister Leoluca Orlando für den Erweis, dass Politik mit menschlichem Antlitz  möglich ist. Dass eine Stadt mit Offenheit und Solidarität ein besserer Ort für alle ist – für die, die seit langem hier zu Hause sind, und für die, die hier gerade erst heimisch werden. Für den Erweis, dass Liebe, Freude und so viele andere Segnungen, die wir empfangen, mehr werden, wenn man sie teilt.
Ich bin stolz, heute sagen zu können, dass ich jetzt ein Palermitaner bin. Schon gleich bei meinem ersten Besuch haben Sie mein Herz erobert – mit Ihrer Gastfreundschaft, mit Ihrer Großzügigkeit und mit Ihrer Lebensfreude.

Ich freue mich in Zukunft auf manche Tage, an denen ich italienischen Espresso, das unwiderstehliche  gelato italiano, den wundervollen vino siciliano und vor allem die fröhliche Gesellschaft der Palermitaner genießen kann.

Ich danke Gott für die überreichen Segnungen, die er auf mich ausgießt. Ich danke der Stadt Palermo und ihren Bewohnern für die Auszeichnung dieser Ehrenbürgerwürde. 

Danke, meine Mitpalermitaner!