„Das Internet ist gar nicht so anonym“

Wie die Berliner Kulturkirche Nikodemus den Kontakt zu den Menschen aufrechterhält

Kirche hat in Zeiten von Corona einen Quantensprung gemacht. Ein gutes Beispiel ist die Kulturkirche Nikodemus in Berlin-Neukölln mit ihren vielen digitalen Angeboten. Pfarrerin Martina Weber staunt vor allem über die vielen Rückmeldungen.

Aufnahme Digitaler Gottesdienst in der Kulturkirche Nikodemus

Pfarrerin Martina Weber bei der Aufnahme eines digitalen Weihnachtsgottesdienstes 2020.

Berlin. Als sie ihre Kirche im Frühjahr wegen Corona schließen musste, war ihr klar, dass sie etwas unternehmen musste, um weiter im Viertel präsent zu sein. „Wir hatten schon vor Corona einen Gottesdienststream geplant, als Projekt“, erzählt die Berliner Pfarrerin Martina Weber. Damit war schon ein Anknüpfungspunkt gegeben zum Projektbeginn der digitalen Gottesdienste.

Mittlerweile hat die Gemeinde im Berliner Stadtteil Neukölln nicht nur Gottesdienste aufgenommen und auf die Homepage der Gemeinde gestellt, einen YouTube-Kanal eröffnet, ist auf Facebook, Instagram und Google business präsent, sondern bietet auf der eigenen Homepage und auf Instagram gleich drei Adventskalender an, darunter einer mit sehr persönlichen Weihnachtsgeschichten. „Das soll den Menschen ein Stück Nähe zu anderen aus der Gemeinde und zu ihrer Kirche schenken“, sagt Weber. Unterstützt wird die Pfarrerin, die sich ihr technisches Wissen Stück für Stück selbst erarbeitet, von ihrer Frau Melanie Weber, Kantor Volker Jaekel und vielen Ehrenamtlichen.

„Wenn man sich einmal mit der neuen Technik beschäftigt, dann möchte man immer besser werden“, sagt Weber. Losgelegt hat die Pfarrerin, die erst seit knapp fünf Jahren in der Gemeinde tätig ist, mit einem Handy und einem Tablet. Von Anfang an schneidet die 44-Jährige ihre Gottesdienste selbst, bevor sie ins Internet gehen. Sechs bis acht Stunden brauche sie dafür, erzählt sie. Ihr technisches Vorbild seien die großen Fernsehgottesdienste. „Davon sind wir aber noch weit entfernt.“ Rund 100 Haushalte erreiche die Gemeinde mit ihren Produktionen.

Pfarrerin Weber staunt immer wieder über die vielen Rückmeldungen nach den Gottesdiensten. „Eine ältere Dame schrieb mir, dass sie zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten einen Oster-Gottesdienst zusammen mit ihrem Freund und ihren drei Kindern, die auf verschiedenen Kontinenten leben, angeschaut habe.“ Eine andere habe geschrieben, dass sie es genieße, für den Gottesdienst nicht mehr raus zu müssen. „Die digitale Welt ist gar nicht so anonym“, stellt Weber fest. Doch auch im realen Leben versuche sie, durch Telefonate, Videotelefonie und auf Spaziergängen Kontakt zu den Menschen zu halten.

Der multikulturelle und multireligiöse Stadtteil Neukölln ist für die Kirche eine interessante Herausforderung. Neben Angeboten für die Kerngemeinde versucht Nikodemus vor allem über das Label „Kulturkirche“ Kontakt zu den Kiez-Bewohnern zu bekommen. „Wir unterscheiden uns allerdings von anderen Kulturkirchen“, sagt Weber. „Hier werden die Ausstellungen und hochwertigen Konzerte aus der Gemeinde und von den Mitarbeitenden organisiert, um das Gemeindeleben zu gestalten, niedrigschwelliger und ganzheitlicher zu machen. Hier hat der Künstler von nebenan genauso eine Chance wie Künstlerinnen aus aller Welt“, betont Weber. Dass dabei Menschen anderer Religionen in die Kirche kommen, sei in Nikodemus „normal“.  So entstünden viele Gespräche, gebe es viele Kontaktflächen.

Für Weber gehören beide Welten, die digitale und die reale, eng zusammen. „Sie ergänzen einander“, sagt Weber. Zu Weihnachten und zum neuen Jahr gebe es daher verschiedene digitale Gottesdienstangebote. Vor Ort habe man sich allerdings wegen der Pandemie schweren Herzens für ein stark eingeschränktes Angebot entscheiden müssen. Vor der Kirchentür könnten ein Liederheft, eine Hausliturgie, ein Weihnachtsmann und ein Teelicht abgeholt werden. „Und für die, die Weihnachten mit jemand sprechen möchten, gibt es ein Angebot per Telefon.“

Von Sven Kriszio

Screenshot Kullturkirche Nicodemus Berlin

Kulturkirche Nikodemus Berlin

Weitere Informationen über die Arbeit und die Angebote der Kulturkirche Nikodemus finden Sie auf der Homepage der Gemeinde.