Brandanschlag auf Flüchtlingsboot der Weltausstellung Reformation in Wittenberg

Politische Motive der Tat nicht ausgeschlossen

Bug des Flüchtlingsbootes auf der Weltausstellung Reformation 2017

Bug des Bootes al-bahja (Fröhlichkeit, Freude), das zur Weltausstellung Reformation 2017 auf dem Wittenberger Schwanenteich ausgestellt worden war.

Wittenberg (epd). In der Lutherstadt Wittenberg ist ein ausgestelltes Flüchtlingsboot nach Polizeiangaben Ziel eines Brandanschlags geworden. Unbekannte Täter hätten das Boot am frühen Morgen des 11. November angezündet, teilte die Polizei mit. Das Flüchtlingsboot sei vollständig zerstört worden. Der Wittenberger Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) verurteilte den Anschlag. Sollte es sich um eine politisch motivierte Tat handeln, wäre dies „ein Tiefpunkt für Wittenberg“.

Derzeit liefen die Ermittlungen in alle Richtungen, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Laut Polizei werden Zeugen für die Tat gesucht. Zur Höhe des Schadens wurden bislang keine Angaben gemacht.

244 Frauen, Männer und Kinder unversehrt von Libyen nach Sizilien gebracht

Das Flüchtlingsboot war im Rahmen der Weltausstellung zum Reformationsjubiläum 2017 in der Lutherstadt ausgestellt worden. Es hatte im Jahr 2013 insgesamt 244 Frauen, Männer und Kinder unversehrt von Libyen nach Sizilien gebracht.

Auf der Weltausstellung Reformation sollte mit dem Boot auf die Lage von Mittelmeerflüchtlingen aufmerksam gemacht werden. Zudem sollte eine Diskussion zum Umgang mit geflüchteten und asylsuchenden Menschen angeregt werden. Das 23 Tonnen schwere Boot trug den Namen al-bahja (Fröhlichkeit, Freude). Es hatte eine Länge von 15,70 Meter, war 4,70 Meter breit und mit aufgesetzter Kajüte ebenso hoch.

Ein „Tiefpunkt für Wittenberg“

In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Samstag sagte Oberbürgermeister Zugehör, das als „Denkmal der Menschlichkeit, Konsequenz und Rechtsstaatlichkeit“ bekannte Flüchtlingsboot habe an weiter ungelöste Fragestellungen erinnern sollen. „Eine Erinnerung, die auch nach der Weltausstellung Reformation nichts an seiner Bedeutung verloren hat“, betonte Zugehör.

Umso schwerer wiege die Tat einer möglichen Brandstiftung, erklärte der Politiker. Dass dieses Schiff in den Morgenstunden des 10. November, also keine 24 Stunden nach dem Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht passierte, schließe nicht aus, dass es sich um eine politisch motivierte Tat handeln könnte. Dies wäre ein „Tiefpunkt für Wittenberg“. Zugehör rief zudem die Nutzer sozialer Medien auf, ihre Worte zu bedenken. „Erst stirbt die Sprache, dann stirbt die Kultur“, zitierte Zugehör und mahnte, „die Stadt darf nicht gespalten werden“. Wie eine Stadtsprecherin dem epd sagte, wurde die Flüchtlingsthematik von den Einwohnern in Wittenberg zuletzt vor allem auf Facebook sehr kontrovers diskutiert.