Kanzlerin besucht evangelisches St. Johannisstift

Angela Merkel macht sich in der diakonischen Einrichtung in Paderborn ein Bild von der Situation in der Pflege

Pflegerin und Patientin im Pflegeheim 'Haus Saalburg' in Frankfurt

Paderborn/Berlin (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Pflegeberuf gewürdigt. Sie besuchte das Evangelische Altenheim St. Johannisstift in Paderborn, um sich ein persönliches Bild von der Arbeitssituation in der Pflege machen. Die CDU-Chefin war der Einladung des Paderborner Altenpflegers Ferdi Cebi gefolgt. Merkel traf zunächst Senioren in ihren Wohnbereichen und nahm anschließend an einer Kaffeetafel mit den Bewohnern teil. Danach stand ein Gespräch mit dem Pflegepersonal auf dem Besuchsprogramm. Cebi hatte vor dem Besuch von Merkel Verbesserungen für den Pflegeberuf gefordert. Damit mehr Pflegestellen besetzt werden können, müsse der Beruf attraktiver gemacht werden, sagte Cebi im Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). Nötig seien eine flächendeckende Bezahlung nach Tarif und mehr Erholungszeit für die Beschäftigten.

Merkel erklärte, Pflegekräfte dürften nicht überfordert werden. Verbesserungen bei der Ausbildung und Bezahlung seien auch Ziel der „Konzertierten Aktion Pflege“ von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). „Wir müssen versuchen, das nicht ganz einfache System zu ordnen und die Vielfalt zu einer Einheit zu machen.“ Bundesweit solle ein vergleichbares Niveau von Ausbildung und Bezahlung erreicht werden, sagte die CDU-Chefin. Für die Pflege sei nicht nur der Fachminister verantwortlich, sie sei Aufgabe der gesamten Regierung.

„Die positiven Seiten gehen unter“

Der 36-jährige Pfleger Cebi erklärte, es habe sich zwar schon manches im Pflegebereich getan, es müsse jedoch noch mehr passieren. Nötig seien flächendeckende Tarifverträge und eine Fünf-Tage-Woche in allen Pflegeinrichtungen, sage Cebi, der ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck „Ich bin ein Pfleger mit Herz“ trug. Pflegekräfte sollten nicht mehr als zwölf Stunden am Tag arbeiten. Zudem bräuchten sie mehr Freizeit und Erholungszeit.

Cebi mahnte zugleich, dass nicht nur das Negative in der Pflege gezeigt werden dürfe. „Die positiven Seiten gehen ein bisschen unter, und das finde ich schade“, sagt der Altenpfleger im Radiointerview. Der Beruf habe viel mehr schöne als negative Seiten. „Wir sind auch Köche, Hausmeister, Ratgeber und Seelsorger.“

„Gute Pflege kostet Geld“

Der Vorstandssprecher des St. Johannesstifts, Martin Wolf, betonte, dass Pflege ein anspruchsvoller Beruf sei, der auch gut bezahlt werden müsse. Wolf kritisierte, dass zwar allerorts gute Pflege gefordert werde, die Pflegeversicherung dann aber Einrichtungen wie dem St. Johannesstift vorhielten, dass sie teurer als andere Einrichtungen seien. Der kirchlich-diakonische Tarifvertrag stehe an der Spitze aller deutschen Tarifverträge. „Gute Pflege kostet Geld“, unterstrich Wolf.

Der Altenpfleger Cebi hatte Merkel im vergangenen September in der ZDF-Wahlsendung „Klartext, Frau Merkel“ nach Paderborn eingeladen. Die Bundeskanzlerin hatte daraufhin versprochen, sich vor Ort zu informieren. Cebi, der das Thema Pflege auch in seinem Online-Blog und in seiner Rap-Musik behandelt, hatte in der Sendung mit Merkel kritisiert, dass immer mehr am Personal gespart werde und ein Altenheimplatz für viele Senioren nahezu unbezahlbar sei.

Das St. Johannisstift wurde 1862 vom Paderborner Kirchenkreis als „Armen- und Versorgungsanstalt“ gegründet, um hilfsbedürftige evangelische Gemeindemitglieder in der Paderborner Diaspora zu unterstützen. Heute gehören zu der Stiftung vier Geschäftsbereiche: das evangelische Krankenhaus St. Johannesstift sowie Alten-, Kinder- und Jugendhilfe. Die Zahl der Mitarbeitenden beläuft sich den Angaben nach auf rund 1.500.