Grusswort von Katrin Hatzinger zum Gesprächsabend mit Prof. Dr. Zick

Zwischen Abschottung und Willkommen: Empirische Einblicke in die Meinungs- und Gemütslage in Deutschland und Europa

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste,

ich darf Sie auch im Namen des Katholischen Büros in Berlin ganz herzlich zu unserer gemeinsamen Veranstaltung zum Thema „Zwischen Abschottung und Willkommenskultur: Empirische Einblicke in die Meinungs- und Gemütslage in Deutschland und Europa“ willkommen heißen. An dieser Stelle gilt ein besonderer Dank meiner Kollegin Frau Dr. Schneider für die Vorbereitung des Abends.

Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, mit dem Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung einen renommierten Vertreter meiner ehemaligen Universität, der Universität Bielefeld, nach Brüssel einzuladen. Ein herzliches Willkommen Ihnen, lieber Prof. Zick!

Das Thema des heutigen Abends ist von andauernder Relevanz. In der gesamten EU sind rechtspopulistische und nationalistische Parteien auf dem Vormarsch, nicht nur in Mittel- und Osteuropa, sondern zuletzt auch in Österreich oder bei den Parlamentswahlen in Italien, wo die rechtsextreme Lega und die populistische 5-Sterne-Bewegung die neue italienische Regierung stellen werden. Wie in den Parteien zeigen sich auch in den europäischen Gesellschaften wachsende Demokratieskepsis und Spaltungstendenzen. In seiner Rede vor dem Europäischen Parlament warnte der französische Staatspräsident Marcon im April vor dem Aufstieg der illiberalen Demokratien in Europa. Gegenüber einer "autoritären Grundeinstellung " sei die Antwort "nicht die autoritäre Demokratie, sondern die Autorität durch Demokratie", so Macron.

Auch in Deutschland ist mit der Alternative für Deutschland als stärkster Oppositionspartei ein neuer Ton in den Bundestag eingezogen, der die Volksparteien in der politischen Auseinandersetzung immer stärker herausfordert. Polarisierung, gezielte Provokationen und Grenzüberschreitungen sind an der Tagesordnung.

Der Umgang mit Populismus und gesellschaftlichen Spannungen war eines der zentralen Themen, vor deren Hintergrund die EKD unter der Überschrift: „Konsens und Konflikt: Politik braucht Auseinandersetzung“ im vergangenen Sommer ein Impulspapier zu den aktuellen Herausforderungen der Demokratie in Deutschland vorgelegt hat.

In dem Text wird Streit als Mittel der demokratischen Auseinandersetzung gewürdigt. Demokratie baue auf der Vorstellung auf, dass aus unterschiedlichen Überzeugungen heraus politische Entscheidungen gefällt werden, die gesellschaftlich übergreifend anerkannt werden, heißt es. Deutschland habe sich von einer Konsensdemokratie zu einer pluralen, individuelleren aber auch fragmentierteren Gesellschaft entwickelt, in der es Mentalitäten und Strukturen bedürfe, um diese Konflikte aushalten zu können.

Dabei unterstreicht das Papier, wie wichtig es sei, demokratiefeindliche Mentalitäten von demokratieförderlichen Einbringungen zu unterscheiden, die der sachlichen Auseinandersetzung bedürften.

Aus evangelischer Sicht ist die Grenze der Diskussionsfähigkeit allerdings dann erreicht, wenn es um die Grundfesten des demokratischen Miteinanders geht. „Mit denen, die die demokratische Kultur im Kern angreifen, ist nicht zu reden, ihnen ist entgegenzutreten“, so beschreibt der Berliner Landesbischof Markus Dröge die Abgrenzung der evangelischen Kirche gegenüber demokratie- und menschenfeindlichen Positionen.

Sie haben immer wieder unterstrichen, lieber Prof. Zick, dass Demokratie kein Selbstläufer ist. Hier sehen sich auch die Kirchen in der Pflicht. „Die politische Verantwortung ist im Sinne Luthers 'Beruf' aller Bürger in der Demokratie,“ heißt es in der Demokratiedenkschrift der EKD aus dem Jahr 1985. Nicht zuletzt mit ihrem Engagement in der Allianz für Weltoffenheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat wollen die Kirchen gemeinsam mit Akteuren der Zivilgesellschaft Zusammenhalt stärken und Spaltung entgegenwirken.

Ihre Erkenntnisse über Wahrnehmungen und Meinungen in der Bevölkerung sind sehr aufschlussreich, wenn es darum geht, sich ein Bild davon zu machen, wie groß der Nährboden für rechtpopulistische und fremdenfeindliche Strömungen in Deutschland und Europa tatsächlich ist. Aber sie helfen auch dabei, Antworten auf die Frage zu finden, was die Gesellschaften zusammenhält und was sie gegen Radikalisierung in jeglicher Form schützt. Wir sind daher sehr gespannt auf die Ein- und Ausblicke der empirischen Sozialforschung.

Ich wünsche uns allen einen anregenden Abend und gebe das Wort weiter an Prälat Dutzmann, der Ihnen unseren Gast noch ein wenig näher vorstellen wird.