„Brot für die Welt“ will Einbußen bei Spenden im Advent verhindern

Die Präsidentin von „Brot für die Welt“, Cornelia Füllkrug-Weitzel, ruft dazu auf, in der Corona-Krise die Ärmsten nicht aus dem Blick zu verlieren.

Cornelia Füllkrug-Weitzel

Die Präsidentin von „Brot für die Welt“, Cornelia Füllkrug-Weitzel.

Berlin (epd). Die Präsidentin von „Brot für die Welt“, Cornelia Füllkrug-Weitzel, ruft dazu auf, in der Corona-Krise die Ärmsten nicht aus dem Blick zu verlieren. Vor der Adventssammlung der evangelischen Hilfsorganisation appelliert sie, gerade in diesem Jahr über eine größere Spende nachzudenken. „Vielleicht von jenem Geld, das wegen ausgefallener Restaurantbesuche und Urlaube in diesem Jahr nicht ausgegeben wurde“, regte sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) an.

Frau Füllkrug-Weitzel, die Corona-Pandemie hat in vielen Ländern vor allem im Süden der Welt die Armut verschärft. Welche Folgen hat Corona für die Arbeit von „Brot für die Welt“?

Füllkrug-Weitzel: Zum einen waren viele unserer Partner vor Ort zunächst von Einschränkungen betroffen und konnten die laufenden Projekte nicht wie ursprünglich mit uns geplant fortführen. Zum anderen ging es darum, akut zu helfen, um die sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen von Covid-19 zu lindern.

Was stand da im Mittelpunkt?

Füllkrug-Weitzel: Oft ging und geht es um Aufklärung über Übertragungswege, die Verteilung von Masken, Nahrungsmittelhilfe für Haushalte unter Lockdown und einfachste Hygienestandards. Die sind gerade in Armenvierteln der Millionenstädte im globalen Süden keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Wenn sich in einem Slum 300 Familien eine Wasserstelle teilen, lässt sich auf die Schnelle keine zuverlässige und hygienisch einwandfreie Wasserversorgung aus dem Boden stampfen.

Im vergangenen Jahr hat „Brot für die Welt“ 64 Millionen Euro Spenden und Kollekten eingenommen. Das war das drittbeste Ergebnis seit der Gründung 1959. Wie entwickeln sich bislang die Spenden im Corona-Jahr 2020?

Füllkrug-Weitzel: Bei den Kollekten zur Passionszeit, zu Konfirmationen und Erntedank hatten wir wegen der Einschränkungen bei Gottesdiensten in Deutschland dramatische Einbußen. Die Spendenbereitschaft insgesamt war zu Beginn der Pandemie aber sehr hoch. Wie sich das auf längere Sicht entwickelt, lässt sich schwer sagen. Denn wie bei jeder längeren humanitären Krise merken wir auch während der Pandemie, dass die Spenden allmählich sinken. Je mehr Menschen auch in Deutschland Existenzängste haben, desto höher ist die Gefahr, dass die Not der Menschen andernorts in der Welt aus dem Blick gerät.

epd: Ist das nicht verständlich?

Füllkrug-Weitzel: Einerseits ja. Andererseits müssen wir sehen, dass wir in Deutschland geradezu auf einer Insel der Glückseligen leben, durch soziale Absicherungen und viele Soforthilfen, die der Staat leisten kann. Ich hoffe sehr, dass Menschen, die selber keine so großen ökonomischen Verluste erleiden, gerade in diesem Jahr über eine größere Spende nachdenken - vielleicht von jenem Geld, das wegen ausgefallener Restaurantbesuche und Urlaube in diesem Jahr nicht ausgegeben wurde.

Für „Brot für die Welt“ hat die Kollektensammlung zu Advent und Weihnachten eine besondere Bedeutung. Sind Sie besorgt, wenn weiterhin Gottesdienste nur sehr eingeschränkt stattfinden können?

Füllkrug-Weitzel: Durchaus. Wenn wir im Dezember bei den Kollekten Einbußen haben, dann landen wir schnell bei einem Minus im zweistelligen Millionenbereich. 

Was planen Sie? Gibt es Alternativen zur Spendentüte im Gottesdienst?

Füllkrug-Weitzel: Natürlich gibt es die. Und auch wenn die Spendentüte nicht im Gottesdienst ausgelegt wird, kann sie sehr wohl dem Gemeindebrief beigelegt werden. Momentan gehen wir davon aus, dass viele Gottesdienste ins Freie verlegt werden. Wir haben den Gemeinden entsprechende Anregungen gegeben, wie man auch dort unter Wahrung der Corona-Regeln Spenden sammeln kann. Außerdem haben wir die digitalen Spenden-Möglichkeiten vereinfacht und ausgebaut. Ein wichtiges Instrument dafür ist der QR-Code, den wir in vielen Materialien angeben und der den direkten Weg zur Online-Spende weist.

Planen Sie auch etwas in ökumenischer Zusammenarbeit?

Füllkrug-Weitzel: Zusammen mit Adveniat, dem Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche, das auch an Weihnachten sammelt, haben wir die Webseite „www.weihnachtskollekten.de“ freigeschaltet, wo wir erstmals gemeinsam zur Online-Kollekte aufrufen. Bei der Vielzahl geplanter ökumenischer Gottesdienste in diesem Jahr und parallel zu Fernsehgottesdiensten schafft auch das eine gute Möglichkeit zur Online-Spende.

Das Motto der diesjährigen Spendenaktion von „Bot für die Welt“ heißt „Kindern Zukunft schenken“. Sie stellen dabei die Kinderarbeit weltweit in den Mittelpunkt. Warum genau dieses Thema?

Füllkrug-Weitzel: Wenn Corona mehr Familien in Armut treibt, nimmt Kinderarbeit zu. Mädchen und Jungen müssen dann zum Haushaltseinkommen beitragen. Aber auch unabhängig von Corona wollen wir politisch deutlich machen: Es muss Schluss sein mit der Doppelmoral, dass Kinderarbeit in Deutschland strikt verboten ist, man aber auf der anderen Seite nichts dagegen unternimmt, dass Produkte eingeführt werden, die nachweislich mit ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt wurden.

Was fordern Sie?

Füllkrug-Weitzel: Neben einem starken Lieferkettengesetz ist es an der Zeit zu prüfen, ob gesetzlich geregelt wird, dass der Zoll solche Waren beschlagnahmt und den Handel damit unterbindet. Eine entsprechende Aufforderung des Bundestags an die Bundesregierung gibt es seit November 2019. Passiert ist bislang leider nichts.

(epd Elvira Treffinger und Karsten Frerichs)


Den Eröffnungsgottesdienst zur 62. Spendenaktion von „Brot für die Welt“ überträgt die ARD am 29. November ab 10 Uhr aus Speyer.

www.weihnachtskollekten.de

www.brot-fuer-die-welt.de