Diakoniepräsident fordert mehr Engagement für die Pflege

Ulrich Lilie schlägt eine Reform der Pflegefinanzierung vor und kritisiert das Sofortprogramm des Gesundheitsministers

Pflegerin und Patientin im Pflegeheim 'Haus Saalburg' in Frankfurt

Berlin (epd). Diakonie-Präsident Ulrich Lilie erwartet von der Bundesregierung deutlich mehr Engagement für die Pflege. Lilie sagte dem Evangelischen Pressedienst, es gebe viele Beispiele dafür „wie verrückt das System ist“. Die Ausgaben, die auf Pflegebedürftige zukämen, die einen stationären Pflegeplatz brauchen, lägen in der Spitze inzwischen bei 2.400 Euro im Monat, im Durchschnitt bei 1.800 Euro monatlich. „Es ist ein echtes Risiko, pflegebedürftig zu sein“, sagte Lilie, „und wir nennen das Sozialversicherung. Das ist ein Fake!“

Tatsächlich müsse bei jedem dritten Heimbewohner der Staat mit Sozialhilfe einspringen. Der Diakonie-Chef forderte die Politik auf, die Finanzierung der Pflege grundlegend zu überdenken: „Wir müssen über Geld reden – aber wir müssen auch über die Verteilung reden“, sagte er.

Lilie schlug ein Mischmodell aus Steuerfinanzierung, Pflegeleistungen und Mitteln der Krankenversicherung vor, um zu „einer vernünftigen Absicherung bei Pflegebedürftigkeit zu kommen“. Er erwarte von der Politik Antworten auf die Frage, „wie wir die Pflegeversicherung so weiterentwickeln, dass sie nicht eine Versicherung mit unkalkulierbaren Risiken für die zu Pflegenden und ihre Angehörigen wird“.

Sofortprogramm überzeugt nicht

Es gebe im Bereich der Pflege zu viele Dinge, die einfach hingenommen würden, kritisierte Lilie. Er nannte den Personalmangel, die teils „unsäglichen Arbeitsbedingungen“ ausländischer Pflegekräfte, die in Privathaushalten arbeiten sowie den „ruinösen Wettbewerb“ unter den Pflegeanbietern.

Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigte Sofortprogramm für mehr Pflegekräfte überzeugt den Diakonie-Präsidenten nicht. Lilie sagte, es sei vielmehr „eine Fortsetzung der Flickschusterei und politisch unseriös“. Das Programm sieht für jedes Pflegeheim in Deutschland eine halbe bis zwei Stellen vor. Vor dem Hintergrund der großen Probleme in der Pflege seien 13.000 zusätzliche Stellen „für alle, die wissen, um was es geht, wirklich eine kleine Münze“, sagte Lilie.

Die Bundesregierung müsse daran gemessen werden, was sich am Ende der Legislaturperiode für die Pflege verändert habe. Wenn sich ein reiches Land wie Deutschland den humanen Umgang mit Pflegebedürftigkeit und Hochaltrigkeit nicht etwas kosten lasse, dann würden irgendwann „immer mehr Menschen sagen: So möchte ich nicht alt werden“, sagte Lilie: „Meine Befürchtung ist, dass wir dann die Debatte um den assistierten Suizid wieder zurückbekommen werden.“