Berlin, Digital Roundtable zum Thema „Alles im grünen Bereich? Ökologisch nachhaltige Mediennutzung“ und WebFish Preisverleihung

EKD-Ratsmitglied Landesbischof a. D. Dr. Johannes Friedrich

- ES GILT DAS GESPROCHENE WORT -

Ich freue mich, dass wir heute bei der Webfish-Preisverleihung bei Ihnen zu Gast sein können.

Wir verleihen nicht nur einen Online-Preis, sondern diskutieren auch miteinander. Digitale Chancen - das ist nicht nur der Name der Stiftung - sondern ist auch eine Zielbeschreibung, die ich gerne teile. Wer auf dem Weg ist, braucht auch Partner, die auch auf dem Wege sind. Die EPlus-Gruppe hat den UDL Round Table initiiert, um einen Ideenaustausch auf Augenhöhe zu realisieren, wie die digitale Welt sich entwickelt. Daher freue ich mich sehr über Ihre Einladung.

Die Entwicklungen im Internet werden einerseits durch technische Innovation getrieben, aber nicht alles, was technisch möglich ist, dient auch den Menschen und der Gesellschaft. Auch in diesem Bereich brauchen wir Werte.

In den 80er Jahren begann in unseren Kirchen ein "Konziliarer Prozess". Unter diesem Namen begann ein gemeinsamer Lernweg der christlichen Kirchen zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Bewahrung der Schöpfung - Umweltschutz - ist kein Randthema heute mehr, sondern essenziell für unsere Gesellschaft - wie es die eingeleitete Energiewende zeigt. Die Nutzung der Atomenergie ist unverantwortlich, wir müssen unseren Energieverbrauch durch nachhaltige Energien - wie Windkraft, Wasserkraft und Sonnenenergie - decken, um verantwortlich mit unserer Schöpfung umzugehen und diese auch für zukünftige Generationen zu bewahren.

Es war ein Lernprozess - auch bei uns in der Kirche - bis uns das Wort "Nachhaltigkeit" leicht über die Lippen geht. Was wir im Bereich Umweltschutz gelernt haben - und auch in unsere Gesellschaft hineingetragen haben - , gilt auch für andere Bereiche.

Es gilt für die Wirtschaft. Wir wollen kein Wachstum um jeden Preis, sondern einen verantwortlichen Umgang mit Menschen und den Ressourcen der Natur in einer globalisierten Welt. Anfang dieses Monats veranstalteten evangelische Werke und Einrichtungen gemeinsam mit DGB und Naturschutzbund einen Transformationskongress hier in Berlin. Die Expertinnen und Experten stimmten dain überein: Um eine lebenswerte Zukunft in sozialer, ökologischer oder ökonomischer Hinsicht zu sichern, brauchen wir nicht einzelne "Reformen", wie wir sie in den vergangen Jahren erlebt haben, sondern wir benötigen eine Gesamtstrategie auch für unser Wirtschaftssystem. Dies bedeutet - so ein kirchlicher Experte -

  • die konsequente Aufwertung der Rolle des Staates durch die Stärkung der Demokratie,
  • die Umstellung der Ökonomie in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit,
  • die Schaffung umfassend inklusiver, nachhaltiger und demokratischer Arbeitswelten, um Teilhabe aller zu verwirklichen.

Demokratie - Ökonomie - Ökologie: dies waren die Diskussionsthemen auf dem Transformationskongress.

Persönlich bin ich allerdings überzeugt, dass wir bei diesen Diskussionen auch die Medien stärker in den Mittelpunkt stellen müssen. Die Globalisierung unserer Welt ist durch die Medien getragen. Vernetzung von Menschen und auch von Wirtschaftsunternehmen ist ohne das Internet nicht denkbar. Daher kann die Diskussionsveranstaltung heute auch einen guten Beitrag leisten, dies ins Bewusstsein zu rücken.

Ich finde es daher sehr spannend, hier die Erfahrungen aus dem konziliaren Prozess auf das Internet zu übertragen. Wir haben gelernt, wie wichtig Nachhaltigkeit für die Bewahrung der Schöpfung ist. Was heißt Nachhaltigkeit aber für Internetnutzung? Als Kirche stehen wir für Werte - aber diese Werte müssen im Leben des Einzelnen und der Gesellschaft zum Tragen kommen. Dafür muss man sie ausbuchstabieren und für die jeweiligen Lebensbereiche übersetzen. Wir wissen nun, was Nachhaltigkeit in Bezug auf den Umgang mit der Schöpfung bedeutet: Wind-, Wasser-, und Sonnen-Energie statt Atomkraft. Was heißt aber Nachhaltigkeit für die Internetnutzung? Für mich geht es hier nicht nur um Technik, sondern auch um Mediennutzung. Wie sieht nachhaltige Mediennutzung aus? Was bedeutet dies für soziale Netze? Wie müssen sie angelegt sein, um der Nachhaltigkeit in unserem Sinne zu dienen, anstatt Daten der User abzugreifen und kurzfristig einen Profit zu machen? Was heißt dies für Facebook?

Wir alle haben zum Einstieg in die Online-Diskussion konkrete Fragen bekommen - die konkreten Antworten weiß ich nicht - da sind Sie die Experten und Expertinnen.

Was ich aber gerne in diese Diskussion hier einbringen möchte, ist meine Erfahrung und Überzeugung - und die meiner Kirche -, dass wir unverfügbare Werte haben, die die Grundlage unserer Gesellschaft sind. Diese brauchen wir auch für das Internet. Wie wir diese Werte auch in diesem Bereich zur Geltung bringen, möchte ich gerne mit Ihnen diskutieren.

Preisverleihung Webfish 2012

Bereits zum 16. Mal vergeben wir den von der EKD und dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik gestifteten Webfish, den Preis für die besten christlichen Internetseiten. Die Urteilfindung der Jury wurde durch ein Online-Voting ergänzt, an dem über 5000 Online-User teilnahmen. Ein Dank auch an dieser Stelle an das Eplus- Basecamp, dass wir den Webfish im Rahmen des UDL Round Table vergeben dürfen.

Der mit 500 Euro dotierte bronzene WebFish wird dieses Jahr geteilt und an zwei Webprojekte vergeben.

Die vom Erzbistum Hamburg verantworteten, aber ökumenisch ausgerichteten Internet-Seiten "www.luebeckermaertyrer.de" erzählen mit ausführlichen Zeugnissen in mehreren Sprachen die Geschichte der drei katholischen Priester und eines evangelischen Pfarrers. Die Online-Präsenz berichtet von deren Martyrium in der NS-Zeit, der Seligsprechung und ihrer Bedeutung für die Gegenwart, dabei erschließt sie zeitgenössische Quellen für Interessierte heute.

Aus Württemberg stammt das ebenfalls mit dem Webfish in Bronze ausgezeichnete Projekt Lieder vom Glauben. Die Lieder des Kirchenjahres werden als Musikvideos mit Liedtext und weiterführender Information online zur Verfügung gestellt. Die von mehreren Ensembles eingespielten Kirchenlieder lassen sich so für Interessierte multimedial erschließen. Zur Verfügung gestellte Skripte ermöglichen es außerdem Gemeinden, die Württemberger Musikvideos auf ihren eigenen Internetseiten auszugeben.

"Die Nachfolger", eine Internetseite des Prediger- und Studienseminar der Nordelbischen Kirche erhält den mit 1.000 Euro dotierten silbernen Webfish. Mit diesem Angebot informiert die zukünftige Nordkirche Schülerinnen und Schüler über den Beruf von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Religionslehrerinnen und -lehrer. Neben der Bildsprache überzeugte die Jury die Idee, Information über Personen zu vermitteln, denn Studierende erzählen hier persönlich von ihrer Motivation zum Theologiestudium.

Beim Gewinner des mit 1.500 Euro dotierten goldenen WebFish überzeugte die Jury das Konzept des Berufsfindungsportals, das vorbildlich auf die Zielgruppe junger Erwachsener in der Berufsfindungsphase eingeht. Neben frischem Design zeichnet auch Service das Angebot aus, beispielsweise kann man mit einem Online-Berufsfindungstest herausfinden, welche sozialen Berufe für einen in Frage kommen. Vorbildlich ist die Integration von Web 2.0 Elementen in die Internetseite, die zusätzlich eigene Präsenzen auf Facebook, Twitter, YouTube unterhält. Ein Blog, in dem Auszubildende und Freiwillige selbst zu Wort kommen, ergänzt das Online-Angebot vorbildlich.

Das Internet ist ein schnelles Medium, das von Innovation lebt. Daher freuen wir uns, dass die Evangelischen Kreditgenossenschaft Kassel dieses Jahr wieder einen WebFish-Innovationpreis gestiftet hat. Diesen vergab die Jury an die Internetarbeit der badischen Landeskirche für das "Twittagsgebet". Die Projektverantwortlichen selbst bezeichnen das auf 140 Zeichen beschränkte Gebet als Nachtisch für die Seele. Auch wenn dieses Online-Gebet keine Internetseite im eigentlichen Sinne ist, so würdigt die Jury die innovative Nutzung des Kurznachrichtendienstes Twitter. Über "twitter.com/twittagsgebet" erhalten Interessierte täglich zur Mittagszeit online einen geistlichen Impuls.