IOC wegen chinesischer Medienzensur weiter in der Kritik

FDP-Politiker Otto: Bundesregierung muss Position beziehen

Frankfurt a.M. (epd). Wenige Tage vor Beginn der Olympischen Spiele in China reißt die Kritik am Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und der chinesischen Regierung nicht ab. Die Direktorin des Deutschland-Büros von Human Rights Watch, Marianne Heuwagen, warf dem IOC am Montag vor, sich zum "Komplizen des chinesischen Regimes" gemacht zu haben. Der SPD-Politiker Freimut Duve forderte einen Boykott der Eröffnungsfeier der Spiele. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen rief zu Demonstrationen vor chinesischen Botschaften auf. IOC-Vizepräsident Thomas Bach wehrte sich in einem Interview mit dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe) gegen Vorwürfe.

Das IOC und allen voran Präsident Jacques Rogge hätten "sich zum Komplizen des chinesischen Regimes gemacht, indem sie Bedingungen wissentlich oder stillschweigend geduldet haben, die den Idealen der Olympischen Spiele nicht entsprechen", sagte Heuwagen der "Frankfurter Rundschau" (Montagsausgabe). Es sei ein Unding, dass das IOC offensichtlich etwas anderes vereinbart habe, als er öffentlich bekanntgemacht habe. Am Wochenende hatte IOC-Präsident Rogge erklärt, dass es bei den Olympischen Spielen keinen uneingeschränkten Internetzugang für Journalisten geben werde. Er sprach nur von einem "größtmöglichen Zugang".

"Reporter ohne Grenzen" teilte mit, zeitgleich zur Eröffnungszeremonie der Spiele am Freitag solle vor den chinesischen Vertretungen in Berlin, Brüssel, London, Madrid, Montreal, Paris, Rom, Stockholm und Washington protestiert werden. Damit werde auf das von China gebrochene Versprechen, mehr Presse- und Meinungsfreiheit zuzulassen, aufmerksam gemacht. Die Organisation forderte die Freilassung der rund 80 inhaftierten Journalisten und Indernetdissidenten.

Der ehemalige Medienbeauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der SPD-Politiker Duve, sagte der Onlinezeitung sueddeutsche.de, statt des Spitzenpersonals sollten nur "drittrangige Vertreter" zu den Olympischen Spielen reisen. Diejenigen, die dennoch nach China führen, sollten sich kritisch äußern und nicht an der Eröffnungsfeier teilnehmen, forderte Duve.

Der FDP-Politiker Hans-Joachim Otto, Vorsitzender des Ausschusses für Medien und Kultur im Bundestag, forderte im Hörfunksender SWR2, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) solle nicht wie geplant nach Peking reisen. Er dürfe nicht so tun, als ob es keinen Bruch der chinesischen Zusagen gebe.

Thomas Bach nannte die Frage des freien Internetzugangs im "Handelsblatt" eine "große Herausforderung" für das IOC. IOC-Präsident Rogge habe deutlich gesagt, dass es keinen Handel mit den Chinesen in der Frage des Internetzugangs gegeben habe. "Das glaube ich ihm", sagte der deutsche Sportfunktionär. Ungeachtet weiter bestehender Sperrungen einzelner Internetseiten nannte Bach die Verhandlungen des IOC mit den chinesischen Behörden erfolgreich.

EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) verlangte im Deutschlandfunk volle Informationsfreiheit auch für chinesische Journalisten. Er sei sehr glücklich über die Reaktion der internationalen Medien auf die chinesische Zensur, sagte er. Die Medienfreiheit sei der erste Sieger der bevorstehenden Spiele.

Pöttering forderte, deutsche Sportler sollten angesichts der Zustände in Tibet "nicht wegsehen". Der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), Michael Vesper, sagte dazu der ARD, zum Recht auf Meinungsfreiheit gehöre auch das Recht, seine Meinung nicht zu sagen.

04. August 2008

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