Mehr als 3.500 Teilnehmer bei Kongress christlicher Führungskräfte

Düsseldorf (epd). Vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise beraten Führungskräfte aus Unternehmen und Kirchen auf einem Kongress in Düsseldorf über christliche Werte in der Wirtschaft. Zu dem dreitägigen Kongress christlicher Führungskräfte unter dem Titel "Mit Werten in Führung gehen" werden von Donnerstag bis Samstag mehr als 3.500 Teilnehmer und rund 250 Aussteller in der Düsseldorfer Messe erwartet. In Vorträgen, Seminaren und Diskussionen geht es vor allem um Fragen von Wirtschaft und Ethik.

Der überkonfessionelle Kongress findet seit 1999 alle zwei Jahre statt, er wird getragen von einer Allianz aus Unternehmerverbänden und kirchlichen Werken. Zur Eröffnung am Donnerstag wird der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) erwartet. Prominente kirchliche Redner sind der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, der westfälische Präses Alfred Buß, der Kölner Kardinal Joachim Meisner und der Münchner Erzbischof Reinhard Marx. Auch der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Otto Kentzler, der Bonner Verleger Norman Rentrop und Fernsehmoderator Peter Hahne, Mitlied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sprechen zu den Teilnehmern.

In rund 60 Seminaren geht es um Themen wie Wirtschaftsethik, christliche Führungsprinzipien und gesellschaftliche Verantwortung. Ein Vorkongress beschäftigt sich am Mittwoch mit Fragen der Persönlichkeitsentwicklung. Am Freitag stehen junge Führungskräfte im Mittelpunkt. Neun bekannte Persönlichkeiten referieren zu Themen der Globalisierung, darunter der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder.

24. Februar 2009

Kongress christlicher Führungskräfte


"Ein täglicher Eiertanz"

Christliche Führungskräfte zwischen Markt und Moral

Von Martin Meuthen

Düsseldorf/Bochum (epd). Positive Entwicklungen in der Wirtschaft sind vorerst Geschichte. In der aktuellen Krisenstimmung scheinen moralische Werte nicht mehr nur für Pädagogen und Sozialarbeiter wichtiger Lebensinhalt der Gesellschaft zu sein. Auch Wirtschaftsvertreter üben sich zunehmend im ethischen Spagat zwischen Rendite und Moral und denken über Instrumente für eine gerechtere Wirtschaftsordnung nach.

In diese Landschaft passt der sechste Kongress christlicher Führungskräfte, der am Donnerstag in Düsseldorf beginnt. Er steht unter der Überschrift "Mit Werten in Führung gehen". Vorträge und Seminare befassen sich mit Themen wie "Wirtschaften nach biblischen Grundlagen - Illusion oder Chance?" und "Zwischen ethischen Maßstäben und den Erfordernissen des Marktes".

Für Menschen, die auf dem freien Markt ein Unternehmen betreiben, sei das Bekenntnis zu christlichen Werten "eine hoch akzeptable Entscheidung", findet Wolfgang Maaser, der an der Evangelischen Fachhochschule Bochum "Management in sozialen und diakonischen Organisationen" lehrt. "Die Frage ist dabei eben nur, wie sie das tun." Das bloße Bekenntnis zu moralischen Werten und ihre Anwendung reiche nicht, meint der Ethik-Professor. Christliche Unternehmer müssten ein Werteverständnis entwickeln, "das auch der Einsicht in die Doppeldeutigkeit der Moral Rechnung trägt und diese kritisch hinterfragt".

Das Thema Werte hat nach Maasers Einschätzung Konjunktur, weil es in einem Klima gesellschaftlicher Verunsicherung Vertrauen erzeuge. "Die Wertefrage ist deswegen so attraktiv, weil sie sich in diesen Zeiten zu einem Standortvorteil für ein Unternehmen auswirkt", sagt Maaser. Die meisten Unternehmen bezögen diese Frage jedoch lediglich auf die eigene Unternehmenskultur und Betriebsatmosphäre. "Viel wichtiger ist aber, dass die Unternehmer ihre Mitarbeiter als Menschen ganzheitlich wahrnehmen, also auch in ihrer gesamten Einbettung und ihren Bedürfnissen nach sozialer Sicherheit außerhalb des Unternehmens."

Nach den Worten von Michael Buestrich, Leiter des Bochumer Studiengangs, steht werteorientiertes Handeln, das sich an ethisch-moralischen Maßstäben orientiert, meist im Konflikt zu marktwirtschaftlichem Erfolg. "Im Wesentlichen geht es noch immer darum, wie man das Geschäft organisiert und die Einrichtung leitet, damit am Ende eine schwarze Null herauskommt", sagt der Professor für Ökonomie und Sozialmanagement. Auch christliche Führungskräfte handelten innerhalb der Gesetze des Marktes und hätten "kein Abo" auf Werte. "Die gibt es genauso in der Privatwirtschaft, dort heißt das nur CSR - Corporate Social Responsibility."

Christliche Führungskräfte fühlen sich nach Buestrichs Beobachtung wegen ihres christlichen Leitbildes häufig in einer moralisch besseren Position. "Ich finde immer wieder die Diskrepanz erstaunlich zwischen dem, was vorne herausgehangen wird, und dem, was letztendlich davon im Tagesgeschäft übrig bleibt", sagt der Wissenschaftler. Den Unterschied zu nicht-christlichen Unternehmern sehe er vor allem in der ideologischen Ausrichtung, nicht aber auf der Ebene des Tagesgeschäfts.

Gerade kirchlich oder weltanschaulich ausgerichtete soziale Einrichtungen litten unter dem Widerspruch zwischen ihren eigenen Werten, nach denen der Mensch im Mittelpunkt stehe, und der Notwendigkeit, wirtschaftlich effizient zu handeln. "Das ist ein täglicher Eiertanz", sagt Buestrich. "Will man helfen, oder will man Geld verdienen? Oder will man beides ein bisschen, ohne dass es zu Lasten des Anderen geht?"

24. Februar 2009


Präses Schneider: "Menschen müssen wichtiger sein als Kapital"

Düsseldorf (epd). Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, hat dazu aufgerufen, auch in der Wirtschaft die Menschen über das Kapital zu stellen. "Gewinn um jeden Preis kann es für Christenmenschen nicht geben", sagte der 61-jährige Theologe dem epd in Düsseldorf, wo am Donnerstag ein dreitägiger "Kongress christlicher Führungskräfte" beginnt. Schneider repräsentiert die zweitgrößte evangelische Landeskirche in Deutschland mit fast drei Millionen Christen.

Gewinnstreben müsse menschen- und umweltverträglich sein. "Denn zum Bebauen und Bewahren hat uns Gott seine Schöpfung anvertraut, nicht zum Ausbeuten und Zerstören." Die Lebensinteressen von Menschen müssten den Interessen "einer Sache, insbesondere des 'toten Kapitals', vorgeordnet werden".

Christen seien zwar nicht unbedingt bessere Unternehmer, sagte der leitende Theologe. Christen seien nicht automatisch ideenreicher, kreativer oder fleißiger als Atheisten oder Menschen anderen Glaubens. "Eines aber müssen sie aufgrund ihres Glaubens auf jeden Fall sein: leidenschaftliche Anwälte für Gottes Schöpfung und seine Geschöpfe."

Für ökonomischen Erfolg heiße dies, dass er verbunden sein müsse mit "lebensdienlichen Zielen" für die Nächsten. "Daraus ergibt sich, dass wirtschaftlicher Wettbewerb nicht zum 'Kalten Krieg' degenerieren darf", sagte Schneider, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört.

"Das knallharte Verfolgen der eigenen Interessen oder die rücksichtslose Durchsetzung eigener Ziele passen zum Handeln auf der Grundlage christlicher Werte nicht." Christliche Führungskräfte dürften sich außerdem nicht "ins Private flüchten", sondern müssten sich für verantwortliche Wege aus der Krise stark machen.

24. Februar 2009