Militärbischof: Gesellschaft muss traumatisierten Soldaten helfen

Berlin (epd). Der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann hat einen offensiveren Umgang mit kriegstraumatisierten Bundeswehr-Soldaten in der Gesellschaft angemahnt. "Diese Frage müsste in der Öffentlichkeit noch sehr viel intensiver diskutiert werden", sagte Dutzmann dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am Sonntag" (Ausgabe vom 8. April)

 "Wir haben wieder Kriegsversehrte. Wir haben körperlich und psychisch traumatisierte Menschen", betonte der Theologe mit Blick auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr-Soldaten. Diese kämen zurück und müssten sich sagen lassen: "'Selber schuld! Warum bist du da hingegangen?'"

Dies sei "nicht hinnehmbar und für die Betroffenen bitter." Schließlich seien sie mit einem Mandat des Deutschen Bundestags in den Einsatz geschickt worden, sagte Dutzmann, der auch der auch leitender Geistlicher (Landessuperintendent) der lippischen Landeskirche ist. Zudem wüssten viele Pfarrer in den Heimatgemeinden nicht, "welche ihrer Gemeindeglieder Soldaten sind oder Angehörige, wer im Einsatz ist und wer verletzt wurde".

Zugleich warf der EKD-Militärbischof der Politik vor, es nach dem Ende des Kalten Krieges versäumt zu haben, ein außen- und sicherheitspolitisches Gesamtkonzept zu entwickeln. Die Rolle der Bundeswehr sei "gesellschaftlich nicht hinreichend geklärt", so Dutzmann. "Wenn aber in der Bevölkerung keine Übereinstimmung darüber besteht, wofür wir genau unsere Streitkräfte einsetzen wollen und wofür auf keinen Fall", dann sei das ein Problem für diejenigen, die erwägen, Soldaten zu werden.

Zugleich sprach sich Dutzmann gegen einen "Tag der Veteranen" aus, wie ihn Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) vorgeschlagen hat. Er bezweifle, "dass es einen eigenen Gedenktag braucht". Die Bundeswehr folge dem Leitbild des Soldaten als Staatsbürger in Uniform. "Ich möchte keine Sonderkultur für Soldaten." Das Gedenken müsse "eingebettet sein in tradierte, zivile Formen", betonte der Theologe. "Wir haben den Volkstrauertag, an dem der Opfer von Krieg und Gewalt gedacht wird." Dabei müsse klar werden, "dass es nicht nur in der Vergangenheit Opfer von Krieg und Gewalt gab". "Es gibt sie auch heute: Zu ihnen gehören die gefallenen wie die verwundeten Soldaten genauso wie die zivilen Opfer", sagte der EKD-Militärbischof der Zeitung.

10. April 2012