Käßmann: Kirche muss Familie stärken

Saarbrücken (epd). Die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann hat eine stärkere Unterstützung für Familien gefordert. Auch viele Familien mit alleinerziehenden Elternteilen oder sogenannte Patchworkfamilien, würden darum ringen, Familie zu sein, sagte die Theologin am Sonntag im Saarländischen Rundfunk (SR). "Da sehe ich die Kirche in der Pflicht, diese Familien zu stärken", erklärte Käßmann, die Mutter von vier Töchtern ist. Entscheidend sei, Familien dazu ermutigten, Familie zu sein. Das sei auch Thema der derzeit umstrittenen Orientierungshilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

In dem EKD-Papier gehe es darum, das zu stärken, was an einer gelingenden Ehe gut sei: Verlässlichkeit, Verantwortung, Vertrauen, Treue, sagte Käßmann weiter. Das sollte eigentlich auch in allen anderen Partnerschaften gelebt werden, wie Patchworkfamilien oder homosexuellen Partnerschaften. "Was wir heute brauchen, ist doch gerade Mut, Familie zu sein", sagte die Theologin. In der Orientierungshilfe fordert die EKD, alle Formen von Familie zu unterstützen. Konservative Protestanten und Katholiken kritisierten das Papier, weil es in ihren Augen die Ehe zwischen Mann und Frau entwertet.

Käßmann mahnte außerdem, den Schutz des Sonntags nicht aus wirtschaftlichen Interessen aufzugeben. Das dritte Gebot, den Feiertag zu heiligen, sei ein Gebot, einmal Stopp zu sagen, dass ein Tag in der Woche anders sei als andere Tage. "Eine Gesellschaft erliegt irgendwann einem kollektiven Burn-out, wenn sie solche Pausen nicht mehr aushält", sagte Käßmann, die im Auftrag der EKD als Botschafterin für das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 wirbt. "Ich frage mich, was die Menschen antreibt, dass sie ausgerechnet auch am Sonntag shoppen gehen müssen."

Die Theologin ermutigte auch dazu, sich als einzelner Mensch für eine bessere Welt einzusetzen. Verbraucher könnten zum Beispiel durch ihren täglichen Einkauf wichtige Zeichen setzen. So liege es in der Hand der Verbraucher, den günstigen Kaffee für 3,99 Euro aus dem Supermarktregal zu nehmen oder ein Pfund Kaffee aus fairem Handel und ökologischen Anbau, das dann 5,99 Euro koste. "Wir sehen gerade in der Kaffeebranche, dass sich tatsächlich durch das Einkaufsverhalten etwas verändert hat", erklärte die frühere EKD-Ratsvorsitzende. Auch wer kein Geld habe, könne sich fragen, wie man die alleinerziehende Mutter im Haus entlasten könne.

Kirche darf nach Überzeugung von Käßmann nicht bei gesellschaftlichen Problemen schweigen. "Ich verstehe unsere Religion so, dass das, was öffentlich passiert, die Auseinandersetzung um Gerechtigkeit, Frieden, Schöpfung, Lebenssinn, Sterben, Geborenwerden und Familien, unseren Glauben betrifft", sagte Käßmann. Deshalb sei es richtig, wenn sich Kirchenvertreter dazu äußerten. Einige Menschen meinten, Kirchenleute sollten gefälligst über den Glauben reden und nicht über gesellschaftliche Fragen, weil sie davon nichts verstünden, kritisierte sie.

05. August 2013